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Local Heroes hat Geburtstag: Wie aus einer Idee ein Netzwerk für junge Musiker wurde 20 Jahre und längst noch nicht erwachsen

Von Peter Hintze 08.11.2011, 04:27

61 Lenze hat er bereits auf dem Buckel - Dieter Herker. Zum 20. Geburtstag von Local Heroes erinnert sich der Mann hinter Deutschlands größtem nicht-kommerziellen Nachwuchsbandwettbewerb an die Anfänge und lenkt seinen Blick auf die Zukunft.

Salzwedel l "Dieter, dein Frühstück." Wenige Stunden vor dem Local-Heroes-Bundesfinale schiebt ein junger Mann einem Herren mit grauer Schiebermütze im Kulturhaus-Foyer eine Tüte über den Tisch. Die Döner-Lieferung mittags um halb Eins plus Limonade und Zigaretten ist für Dieter Herker, den Mann hinter Deutschlands größtem unkommerziellen Wettbewerb für Nachwuchsbands, bestimmt. Zwei Jahrzehnte gibt es diesen nun schon. "Local Heroes" hat sich dank modernster Kommunikationsmöglichkeiten zu einem ein Netzwerk, einer Plattform für junge Musiker, entwickelt - und das über die Grenzen Deutschlands hinaus in Österreich, Ungarn, Rumänien und möglicherweise bald auch schon in der Schweiz.

Dass es so kommen würde, hätte er sich nie träumen lassen, gesteht der Wendländer, dessen Wurzeln im Osten Deutschlands, in Zeitz, liegen. Herker ist Jahrgang 1950, seine Eltern hatten eine Bäckerei. Als der Betrieb verstaatlicht werden sollte, floh die Familie in den Westen. Erst nach Westberlin, dann ins Ruhrgebiet. Im Salzwedeler Nachbarkreis Lüchow-Dannenberg hat der Szenekenner eine Bleibe und Gleichgesinnte gefunden, dort das soziokulturelle Zentrum Café Grenzbereiche in Platenlaase aufgebaut. Mit Kollegen fuhr er zu DDR-Zeiten in den Osten. Um Kultur zu erleben. Möglich machte das der kleine Grenzverkehr. Im "Grauen Wilhelm" hörte Dieter Herker nicht nur Silly mit ihrer einmaligen Sängerin Tamara Danz, sondern freundete sich auch dem damaligen Kulturhausangestellten Joachim Mikolajczyk, heute Chef des Eigenbetriebs KulTour, sowie den Machern des Hanseats an. "Abends musste ich immer wieder nach Hause", erinnert sich der 61-Jährige. Das änderte sich mit der Grenzöffnung. Mikolajczyk und Herker suchten nach Möglichkeiten, Leute, die sich um Kultur kümmern, zusammenzubringen, Bühnennachwuchs zu fördern, Auftrittsmöglichkeiten zu organisieren. Die Geburtsstunde einer Initiative. "Local Heroes" brachte Jugendliche aus Ost und West über die Musik zusammen. Ein Engagement, das 2003 mit dem deutschen Einheitspreis gewürdigt wurde. Nur ein Beispiel: die Band Hoerstuatz. Über das Netzwerk konnte Michael "Elvis" Schulze beim Projekt der Madsen-Brüder einsteigen. "Als es ihm zu poppig wurde, ist er wieder ausgestiegen. Heute ist er Tontechniker", erzählt Dieter Herker. "So haben sich viele Freundschaften ergeben. "Musik ist ein schönes Medium, um sich auszudrücken, ohne viel Worte zu machen." Und: Es ist international.

18 Bands haben 1991 beim ersten Finale, damals noch im Park des Friedens, mitgewirkt. "Damals war alles viel improvisierter", erinnert sich der Wendländer, während das Handy klingelt. Die Videokassette von damals hat der 61-Jährige erst kürzlich wieder in den Händen gehabt. "Zu Anfang war es ehrenamtliche Tätigkeit, jetzt ist es ein Fulltimejob geworden", sagt er schmunzelnd. Weil alle Bundesländer dabei sind, ist das Medieninteressse groß.

Am System hat sich nichts geändert. Ein regionaler Veranstalter spielt unter Nachwuchsbands einen Sieger aus. Der Beste qualifiziert sich weiter - wie am Sonnabend zum Bundesfinale. "Dass das Ganze auf so einen Erfolg stoßen würde, damit war nicht zu rechnen", gesteht Dieter Herker. Die Veranstalter hätten erkannt, dass man mit unbekannten Größen einen Laden füllen und Geld verdienen kann. Local Heroes ist mittlerweile eine riesige Fördereinrichtung. Und mehr noch: Die Entwicklung geht weiter. Das Netzwerk hat gerade erst sehr erfolgreich eine Musik- und Medienmesse veranstaltet. Wiederholung geplant. Nicht etwa allein zu Instrumenten und Zubehör, sondern zu Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten in der Branche.

Ans Aufhören denkt der 61-Jährige noch nicht: "Musiker sterben auf der Bühne -oder dahinter. Mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten, hält einen jung." Außerdem gibt es Pläne. Local Heroes will, nach einem Rechtsstreit mit einem Radiosender als eingetragene Marke, die Schweiz erobern. Und 2013 mit dem Europafinale in Magdeburg eine Visitenkarte für die Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt abgeben.