Ausschuss Viel Lärm um nichts

Im Bau- und Verkehrsausschuss fand sich die Lärmaktionsplanung auf der Tagesordnung. Davon wussten aber nur die Wenigsten.

Von Alexander Rekow 28.11.2018, 14:16

Salzwedel l „Ich habe gar nicht mitbekommen, dass es so etwas gibt“, sagt Holger Lahne (SPD/Für Salzwedel), Vorsitzender des Bauausschusses, am Montagabend. Gemeint ist die Lärmaktionsplanung der Hansestadt Salzwedel im Rahmen der nunmehr 3. Stufe der EU-Lärmkartierung. Mit seiner Unwissenheit war er nicht allein.

Besagte Kartierung umfasst die Hauptverkehrsstraßen mit mehr als drei Millionen Kraftfahrzeugen im Jahr. Straßen mit weniger Aufkommen werden nicht berücksichtigt. 2017 erfolgte eine Aktualisierung der Kartierung für betroffene Städte und Gemeinden mit Einwohnern, die nachts einen höheren Umgebungslärm als 55 Dezibel(A) ausgesetzt sind. Da das menschliche Gehör die Töne in unterschiedlichen Frequenzen als verschieden laut empfindet, werden die Schallsignale im Schalldruck-Messgerät so gefiltert, dass die Eigenschaften des Gehörs nachgeahmt werden. In diesem Fall spricht man von einer sogenannten A-Bewertung des Schallpegels, kurz dB(A). In Salzwedel betrifft das die Anwohner der Bundesstraße 71 – allesamt an der Magdeburger Straße.

Die Kommunen, deren Einwohner nachts einem höheren Wert als 55 dB(A) ausgesetzt sind wie die an der Magdeburger Straße, haben die Möglichkeit, durch eine Lärmaktionsplanung zu prüfen, ob sie gegebenenfalls bei Lärmminderungsmaßnahmen gefördert werden könnten. Die Stadt schätzt aber ein, dass Lärmschutzmaßnahmen in dem Abschnitt der Magdeburger Straße „bereits durchgeführt wurden und die Aufstellung eines Lärmaktionsplans nicht sinnvoll ist“. Besagte Maßnahmen waren die Sanierung des Bereichs mit einem lärmmindernden Asphalt.

Übrigens: Die ersten zwei Stufen, 2007 und 2012, wurden noch von der Stadt über ein Akustikbüro kartiert. Dabei stellte sich heraus, so Annerose Lahmann vom Bauamt, dass nur ein Bürger betroffen war. Wegen eines Einwohners wollte man 2007 aber keinen Lärmaktionsplan erstellen. Das sollte sich auch 2012 nicht ändern. Demnach seien keine Beschwerden über Straßenlärm bei der Stadt in den vergangenen Jahren eingegangen.

Nun geht es um die eingangs erwähnte 3. Stufe, bei der nun das Land federführend ist. Über ein Formular im Internet konnten sich Bürger beteiligen, erklärte Annerose Lahmann den Ausschussmitgliedern. „Wer guckt denn danach im Internet?“, wollte Holger Lahne wissen. Andere Ausschussmitglieder gaben zu bedenken, dass manche Salzwedeler kein Internet haben und Stadtmitarbeiter die Information auch im Schaukasten hätten aushängen können. Schließlich sei wegen zweier Gullydeckel Alarm gemacht worden – und jetzt gebe es für die Bürger keine ausreichende Information. „Das fällt nicht in den Lärmschutzplan“, kontert Annerose Lahmann.

Auf die Frage, ob die Bürger nochmal auf die mögliche Förderung angesprochen wurden, kam ein promptes Nein. „Wir sind nicht die Förderbehörde“, sagte Annerose Lahmann. Trotzdem, und da waren sich die Mitglieder einig: Die Menschen haben das überhaupt nicht mitbekommen. Das monierte auch der Verkehrsausschuss. Norbert Hundt (SPD/Für Salzwedel) zeigte sich ebenfalls überrascht. „Wie soll das der Bürger mitbekommen, wenn nicht mal wir das wissen?“ Er will das Thema in der Fraktion noch einmal besprechen.

Schließlich stimmte der Bauausschuss dem Lärmaktionsplan zu. Das tat der Verkehrsausschuss nach ähnlicher Debatte übrigens auch. Letztendlich muss noch der Stadtrat beschließen.

Für die Anwohner an der Magdeburger Straße, die sich um eine Förderung hätten bemühen können, steht auf der Seite des Landes: „Im Rahmen der Lärmaktionsplanung endete damit die erste Phase der Öffentlichkeitsbeteiligung. Bis zum 30. November 2017 hatten Sie die Gelegenheit, sich an der Lärmaktionsplanung an Hauptverkehrsstraßen in Sachsen-Anhalt zu beteiligen.“