Premiere Bank kauft Acker

Es ist eine Premiere: Die Genossenschaftsbank VR Plus Altmark-Wendland hat die Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn gekauft.

Von Gesine Biermann 17.02.2020, 03:00

Lüchow/Sanne-Kerkuhn l Landtechnik, Futtermittel, Agrarservice und dazu die passenden Konten und Kredite: Als Genossenschaftsbank hat sich die VR Plus Altmark-Wendland komplett auf ihre Kunden im landwirtschaftlichen Bereich eingestellt. Seit dem 27. Januar geht das Kreditinstitut nun aber noch einen ungewöhnlichen Schritt weiter. Denn jetzt gehört der Bank mit der einstigen Agrargenossenschaft Sanne-Kerkuhn auch ein landwirtschaftliches Unternehmen. In der vergangenen Woche stellte der Vorstand das Projekt vor, das „Mut zu Neuem und Verantwortung für die Zukunft“ beweise, wie es in der schriftlichen Stellungnahme hieß.

Im Pressegespräch erläuterte die Vorstandsvorsitzende Grit Worsch schließlich die Hintergründe für den Kauf. Es gehe nämlich mitnichten um eine Konkurrenz für die Landwirte der Region, sondern eher um die Sicherung von Flächen, betonte sie. Das Unternehmen sei langjähriger Kreditkunde der Bank gewesen. Als die Mitglieder ihre Anteile zum Verkauf anboten, habe die VR Plus Altmark-Wendland ebenfalls ein Angebot abgegeben und letztendlich den Zuschlag erhalten. Die Bank sei somit Anteilseigner und damit schließlich Eigentümer der Agrargenossenschaft geworden, erläuterte Vorstand Berthold Hilmer auf Nachfrage. Die einstige Genossenschaft wurde in eine GmbH umgewandelt mit der VR Plus als alleiniger Gesellschafterin. Neuer Name: Agrar GmbH Sanne-Kerkuhn.

„Ansonsten bleibt alles beim Alten“, versicherte Hilmer. „Auch der Geschäftsführer bleibt.“ Der Betrieb der Biogasanlage und die Pflanzenproduktion, also der ganz normale Geschäftsbetrieb, würden zunächst unverändert fortgeführt. Auch alle Angestellten bleiben in Lohn und Brot.

Doch warum kauft eine Bank einen Agrarbetrieb? Zunächst einmal habe man den langjährigen Kreditkunden nicht verlieren wollen, erläuterte die Vorstandschefin. Genau das sei aber die Gefahr: „Wenn große Lose auf den Markt kommen“ – und mit rund 1000 Hektar Ackerfläche ist das Unternehmen schon eine respektable Größe – „sehen wir oft, dass dann auch die Finanzierung bei uns abgelöst wird.“

Aber auch ein anderer Aspekt habe bei der Entscheidung eine Rolle gespielt. „Wir müssen Mechanismen entwickeln, dass wir die Bestimmtheit über den Boden nicht verlieren, sonst werden wir bald nur noch Erfüllungsgehilfen sein“, drückte sich Worsch vorsichtig aus. Es sei schon vorgekommen, dass Acker nur als Fläche für die Düngemittelausbringung gekauft würde. „Sagen wir es deutlich, für Gülle“, schob Vorstand Berthold Hilmer nach.

Bedingt durch eine hohe Viehdichte suchten zum Beispiel Betriebe im Emsland oft Ausgleichsflächen, weil diese oft nicht mehr wüssten, wohin mit der Gülle, erläuterte Hilmer im Nachgang auf Volksstimme-Nachfrage. „Und wir wollten das Feld auch keinem industriellen Investor überlassen. Wenn die Flächen erstmal weg sind, sind sie weg.“

Schließlich hätten letztendlich auch die Verkäufer selbst über den Zuschlag entschieden, erinnerte Worsch. „Und wir waren ganz sicherlich nicht diejenigen, die am meisten geboten haben.“

Denn zusätzlich zum Verkaufsangebot – über dessen Höhe Stillschweigen herrscht – hatte das Kreditunternehmen auch ein Entwicklungskonzept für den Agrarbetrieb erstellt, „das offenbar überzeugt hat“, so Worsch.

Geplant ist der Aufbau einer Forschungseinrichtung und einer Versuchsanstalt in Sanne-Kerkuhn. Es gehe darum, mit anderen zusammen Antworten auf die Fragen nach notwendigen Veränderungen zu finden. „Zum Beispiel: Wie kriegen wir junge Agraringenieure in die Region“, erläuterte die Vorstandschefin. Durch die Zusammenarbeit mit einer Hochschule – Stichwort SmartFarming – erhöhe sich einfach die Wahrscheinlichkeit, dass junge Leute Gefallen daran finden würden, hier zu arbeiten.

Wichtig ist dem Vorstand aber vor allem eine Botschaft an die Landwirte der Region: „Wir wollten nicht nur den Boden.“ Die Bank werde nie als Käufer auftreten, wenn sie damit für Landwirte der Region zur Konkurrenz werde. Einschränkung: „Wenn sie für sich selbst bieten.“ Zuweilen sei es ja schon vorgekommen, dass Landwirte beim Kauf von Flächen nur als Strohmänner auftraten und im Hintergrund ganz andere agierten.

Es sei beim Kauf des Unternehmens vor allem darum gegangen, Verantwortung für die Region zu übernehmen, so Worsch, oder wie Vorstandskollege Hilmer betonte: „Unser Interesse ist die Fortführung. Die sollen weiter wirtschaften können.“