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Heimaträtsel Bockwurst mit weißem Brot und Senf, bitte!

Zur achten Folge des Volksstimme-Heimaträtsels erreichten die Redaktion zahlreiche Zusendungen.

Von Annemarie Fehse 16.07.2016, 01:01

Salzwedel l „Ach, was haben wir dort getanzt und gefeiert“, sagt Antje Roehl aus Salzwedel beim Anblick des Bildes vom alten Schützengildehaus, später Stadthalle. „Kulturzentrum Salzwedels“ nennt Paul Thurm aus Duisburg es. Zu recht, wie Iris Fischer berichtet: „An jedem Wochenende waren wir zum Tanzen dort. Um die besten Plätze zu ergattern, stellte sich jemand aus unserem Freundeskreis bereits nachmittags an.“

Denn nicht nur Disko, sondern auch auch die Puhdys spielten in dem Gebäude im Sommer 1970 zum ersten Mal, weiß Bernd Gerber aus Brietz noch. Daneben auch andere Bands wie die Kellergeister, die Klosterbrüder aus Magdeburg, der Männerchor „Harmonie“ oder das Konzertorchester.

„Es gab einen großen und einen kleinen Saal“, berichtet Inge Stenzel aus Salzwedel, Bodo Habermann aus Salzwedel fügt hinzu: „Es gab auch einen Orchestergraben, der infolge eines Jungenstreichs aber unter Wasser gesetzt wurde und unbrauchbar war.“ Ingeborg Hoffmann aus Salzwedel erinnert sich, dass es sogar einen Mann gegeben habe, der für die Kinder das Mikrofon einrichtete. „Wir nannten ihn spaßeshalber ‚Pionier vom Dienst‘“, schreibt sie.

Gabriele Schröder aus Salzwedel weiß noch, dass dort oft Pionier- und FDJ-Veranstaltungen stattfanden. Und nicht nur das. Etliche Ausstellungen wie eine Handwerkermesse, auf der der neue Wartburg 311 vorgestellt wurde, hat zum Beispiel Eberhard Schulz aus Salzwedel erlebt, oder eine Landwirtschaftsausstellung.

Bodo Habermann berichtet sogar, dass das Radio DDR dort die Rundfunkveranstaltung „Rendezvous der Jugend“ abhielt oder die 14. Folge von „Alte Liebe rostet nicht“. „Das Gebäude war, ganz modern, mit Elektro-Nachtspeicheröfen ausgestattet. Dafür gab es ein eigenes Trafo-Häuschen, das noch heute dort steht“, sagt Habermann.

Ansonsten ist vom alten Schützengildehaus, später Stadthalle, heute nichts mehr zu sehen, nur noch zu ahnen. Auf dem schwarz-weiß Bild deutlich erkennbar: ein kleiner Anbau links. „Das war eine Gaststätte und sie wurde von Frau Buchheister und Frau Heidmann bewirtschaftet“, sagt Inge Kulla aus Salzwedel.

Eine andere Aussage kommt von Eva-Maria Jasarevic aus Salzwedel: „Auf dem Balkon stehen zwei Personen, das könnten die Großeltern meiner damaligen Nachbarin, Karin Bieber, sein, die die Kneiper der angrenzenden Gaststätte waren.“ Bodo Habermann vermutet, dass das Ehepaar auf dem Bild das Hausmeisterpaar sein könnte, denn über den Sälen habe es noch Wohnraum gegeben.

Eva-Maria Jasarevic jedenfalls schwärmt: „Als Kinder kamen wir dort immer hinten durch die Küche hinein und haben Bockwurst mit weißem Brot und Senf gegessen oder gebackenes Brot mit Zucker.“ An der Gaststätte, die übrigens „Stadt Salzwedel“ hieß, wie Christa Radke aus Salzwedel weiß, habe man kostenlos telefonieren können, erzähl Siegwart Andree aus Salzwedel.

Etliche Jugendweihen wurden in der Stadthalle gefeiert, sowie die „Stunde der Musik“, Theatervorstellungen mit Pittiplatsch, Schnatterinchen und Meister Nadelöhr. Solche Veranstaltungen kennt Jeannette Scheuner aus Groß Gerstedt noch. Sie habe mit einer Volkstanzgruppe einige Auftritte und Wettbewerbe dort erlebt.

Vielen Lesern war der Anblick des Hauses nicht unbekannt. Fast jedes Wochenende habe man dort als Jugendlicher gefeiert. Paul Thurm sagt: „Die Fenster rechts und links neben dem Haupteingang, dahinter waren die Toiletten.“ Ingeborg Hoffmann erzählt davon, wie sie im Vorraum der Stadthalle auf dem dort stehenden Klavier gespielt hat.

Elfriede Reichelt aus Salzwedel berichtet: „Das Schützengildehaus wurde 1921 bis 1922 erbaut, im Juni 1922 eingeweiht. Das ist aus dem Salzwedeler Wochenblatt von 1932 zu entnehmen.“ Wolfgang Dahse erzählt, dass die Jägerkompanie der Schützengilde dort ihr 125. Jubiläum gefeiert habe.

Rings um das Gebäude befand sich der Schützenplatz, auf dem jahrelang der Rummel, der Nysmarkt und manchmal auch Weihnachtsmarkt stattfand. Als das Gebäude am 30. September 1972 wegen Baufälligkeit gesperrt wurde, wie Wolfgang Dahse berichtet, war die Empörung groß. Bis heute verstehen viele Bürger nicht, warum die Stadthalle dem „Grauen Wilhelm“, dem Kulturhaus, weichen musste, das sogar weniger Menschen fasst.

Zum Abriss fällt Paul Thurm eine witzige Geschichte ein: „Mein Kumpel war dabei und hat sich am Bein verletzt. Lange habe ich ihn damit aufgezogen, wenn ich sagte, ihm sei der Schornstein der Stadthalle auf den Fuß gefallen.“

Außer den genannten haben noch folgende Leser die Antwort gewusst: Angelika Koller, Andreas Klar, Dieter Vollmer, Barbara Boos aus Ilmenau, Wiegmut Israel aus Lüchow, Inge Schernikau aus Klein Gartz, Doris Kopp aus Böddenstedt, Gottfried Przybylski, Eva-Maria Jasarevic, U. Schmidt und Marlies Bluhm (alle aus Salzwedel). Gewonnen hat Wolfgang Dahse.