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Corona-Pause Clubszene in der Warteschleife

Private Feiern wieder erlaubt, vor Eisdielen tummeln sich die Altmärker - doch in den Diskotheken ist es weiter unangenehm still.

13.06.2020, 23:01

Altmark l „Die Durststrecke ist noch lang“, schrieb Hans-Bernd Pikkemaat, Präsident des Bundesverbandes deutscher Discotheken und Tanzbetriebe (BDT), Ende Mai in einer Pressemitteilung. Und genau durch diese Durststrecke gehen derzeit die Betreiber diverser Tanztempel in der Altmark. „Clubs und Discotheken waren nicht nur die ersten, die schließen mussten, sondern werden auch die letzten sein, die wieder an den Markt gehen“, betonte Pikkemaat.

In der Altmark betrifft das unter anderem den Hangar-Club in Salzwedel, den Flash-Club in Osterburg, den Joker in Stendal und die Alte Feuerwache in Gardelegen. Langsam legt sich dort der Staub auf die Tanzflächen. Die Betreiber gehen einer ungewissen Zukunft entgegen. Alle Hoffnungen richten sich auf den 1. September, denn ein Tag zuvor könnte das Verbot von Großveranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie aufgehoben werden. Könnte!

„Unsere Kernkompetenz ist der Tanz“, betont Jörn Harms, Clubmanager des Hangar in Salzwedel. Dort gibt es die Idee, im Außenbereich der Diskothek die sogenannte Summerlounge etwas früher zu starten. Dazu habe es auch schon Gespräche mit der Stadt gegeben, ein Konzept werde erarbeitet. Doch das kann das Grundproblem kaum lösen: Den Clubs fehlen die Einnahmen, denn schon drei Monate lang gab es nicht eine Veranstaltung.

Für Jörn Harms ist klar: Wenn es nicht bald wieder losgeht, „dann trennt sich zum Jahresende die Spreu vom Weizen“. Dabei blickt er auf die gesamte Branche. Der BDT befürchtet sogar noch in den Sommermonaten eine „Insolvenzwelle“. In der Altmark ist es soweit noch nicht. Alle Club-Betreiber mit denen die Volksstimme sprechen konnte, wollen spätestens im Herbst wieder durchstarten.

„Wir haben ja auch eine soziale Funktion“, sagt Harms mit voller Überzeugung. Und berichtet von Stammgästen, die schnell wieder die Tanzfläche stürmen wollen. In der Zwischenzeit ruft sich der Club mit Livestreams von DJ-Auftritten im Internet ins Gedächtnis. So ist der Club mit einem eigenen Kanal auf der Internetplattform Twitch vertreten.

Hart getroffen hat es bei allen Diskotheken in der Altmark die Mitarbeiter. Vielfach Minijobber, denen jetzt der Zuverdienst fehlt. Die Betreiber betonen aber, dass sie mit ihren Angestellten in Kontakt bleiben. „Wir lassen sie nicht im Regen stehen“, meint Matthias Günther vom „Joker“ in Stendal, und berichtet, dass es schon gemeinsame Grillabende gab. „Besonders in unserer Branche muss man auf sein Team zählen können“, betont der Clubmanager. Überhaupt fühlt Günther die Branche ungerecht behandelt. „Bei anderen Veranstaltungen dürfen sich doch schon wieder bis zu 250 Personen treffen“, sagt er. Es werde mit zweierlei Maß gemessen.

Daneben berichten die Chefs der Altmärker Clubszene von der besonders heiklen Situation der DJs. „Da geht es um die Existenz“, stellt Matthias Günther fest. Jörn Harms weiß von einigen Künstlern, denen nur noch „der Gang zum Amt“ blieb. Andere hätten sich kurzfristig nach anderen Jobs umsehen müssen, weil auch private Feiern und Feste unter freiem Himmel abgesagt worden seien. Alle blicken nun hoffnungsvoll auf den September. Doch dann müssten auch die Clubfans wieder zurückkehren, „sonst wird es ein Sterben auf raten“, meint Jörn Harms.

Daniel Lange, Inhaber des Flash Clubs in Osterburg, hat mehrere Standbeine, die ihm zurzeit die wirtschaftliche Existenz sichern. Darunter unter anderem der Kiosk im Waldbad Seehausen. Dennoch muss auch er große Verluste beklagen.

Schließlich ist er noch als Zeltwirt gefragt. Auch das Geschäft ist weggebrochen. „Gerade haben wir das Waldfest in Tangeln abgesagt“, nennt er ein Beispiel für viele Open-Air-Events, die diesen Sommer nicht stattfinden. Für ihn ist eine Wiedereröffnung im September noch „Kaffeesatzlesen“.

Wenn es denn wieder losgehen sollte, werden sich alle Betreiber mit der Umsetzung von Hygienekonzepten beschäftigen. Der Hangar-Club in Salzwedel will Mehrwegbecher nur noch einfach nutzen. Daniel Lange aus Osterburg setzt auf Flaschenverkauf. Ob die Jugend auch mit Maske in die Diskotheken kommt, darauf kann keiner der Angesprochenen derzeit eine Antwort geben. Sie wissen es nicht.

„Wie will man denn die Abstandsregeln gewährleisten?“, fragt sich Andy Jahn, Betreiber der Alten Feuerwache in Gardelegen. „Man steigt nicht mehr durch“, sagt er mit Blick auf Verordnungen und Regelungen. Er hat Soforthilfen des Landes bekommen. „Doch die ist auch schon aufgebraucht“, sagt Jahn. Zahlreiche Nebenkosten laufen weiter. Immerhin habe er einen verständigen Vermieter, berichtet der Gardelegener.

„Die Leute wollen einfach mal wieder rausgehen“, weiß er. Weil der Partycommunity „die Decke auf den Kopf fällt“. So war er an der ersten Autodisco in Gardelegen beteiligt. Doch dort sei die Resonanz nicht allzu groß gewesen. „Wer will schon drei Stunden im Auto sitzen“, meint Jahn.

Den kommunalen Politikern machen die Disko-Betreiber aus der Altmark eher weniger Vorwürfe. „Sie kann auch nichts machen“, bezieht sich Andy Jahn auf die Gardelegener Bürgermeisterin Mandy Schumacher. Von ganz oben fehle die Aussage, wann und wie es weitergehen könne. „Deshalb planen wir derzeit ins Ungewisse.“