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Luteolin ist für Gelbton verantwortlich Der Wau - eine Färbepflanze

Von Günter Brennenstuhl 29.07.2011, 04:29

Bio ist "in" und wird in vielerlei Hinsicht propagiert. Selbst die natürlichen Farbstoffe, die einst unsere Vorfahren zum Färben von Wolle, Textilien und Lebensmitteln benutzten, sind wieder interessant geworden. Eine mögliche Färbepflanze ist der Wau.

Salzwedel. Über die Demonstration alter und inzwischen oft vergessener Färbemöglichkeiten mit Pflanzenteilen ist schon mehrmals berichtet worden. In den Aufzählungen der zur Verfügung stehenden Färbepflanzen - von der Zwiebelschale über die Brennnessel bis zur Krappwurzel - fehlt aber meistens der Wau (Reseda luteola), der auch als Färbewau, Färber-Resede, Gilb- oder Streichkraut bezeichnet wird.

Aufwändig in der Verarbeitung

Das mag zwei Gründe haben. Zu einem ist das Kraut, obwohl es mitunter vor der Haustür wächst, weniger bekannt und zum anderen ist das Färben wesentlich aufwändiger.

Der Wau ist nahe mit der wegen ihres Duftes als Zierpflanze gezogene Garten-Resede (R. odorata) verwandt. Auch darf sie nicht mit der oft gemeinsam auftretenden, aber kleineren Gelben Resede (R. lutea) verwechselt werden. Der Färbewau kann bis über einen Meter hoch werden und hat einen steifen aufrechten, meist verzweigten Stängel mit ungeteilten Blättern und gelben, in langen Trauben angeordneten Blüten. Die Pflanze wächst an trockenen und sonnigen, durch die menschliche Tätigkeit gestörten Plätze (Ruderalstellen). So ist sie an Wegrändern und Bahndämmen, auf Industrie-brache und Baugelände zu finden. Im Kreisgebiet war sie vor einigen Jahrzehnten noch recht selten. Besonders zahlreich kam sie zum Beispiel nach der Fertigstellung der Umgehungsstraßen am nördlichen Stadtrand von Salzwedel und auf Erdaufschüttungen im Gewerbegebiet West vor. Sie tritt ein- oder zweijährig auf und verschwindet auch genau so schnell, besonders wenn ihr Standort vergrast, wie sie gekommen ist. Da die Samen langlebig sind, ist sie besonders nach Erdbewegungen häufig zu sehen. Denn sie benötigt zur Keimung Licht und zur Entfaltung ihrer Blattrosetten offene Stellen.

Der Wau hat seine Heimat im Mittelmeergebiet. Die Verwendung als Arznei- und Färbepflanze war schon den alten Römern geläufig. Mit ihnen gelangte die Pflanze wahrscheinlich schon im 10. Jahrhundert zu uns und wurde zur Kulturpflanze.

Ihre größte Bedeutung erlangte sie im Hochmittelalter, wurde in Deutschland aber noch bis 1927 in Thüringen, Sachsen und weiteren wärmebegünstigten Regionen angebaut. Gegenüber der Ware aus Frankreich oder Italien war das heimische Erzeugnis aber von geringerer Qualität. Die bei uns auftretenden Wildpflanzen unterscheiden sich durch ihre Größe und die geringere Gelbfärbung des Stängels von der Kulturform.

Das färbende Prinzip des Gilbkrauts ist ein gelber Farbstoff, das Luteolin, das in den oberirdischen Pflanzenteilen vorkommt. Es ist ein Derivat des im Pflanzenbereich weit verbreiteten Flavons (in gelben Blüten und Früchten).

Nun besitzen die gebräuchlichen Fasern (Seide, Wolle, Pflanzenfasern) aber eine unterschiedliche Affinität zum Luteolin.

Heimat im Mittelmeergebiet

So kann Seide direkt und haltbar gefärbt werden, während bei Wolle und Baumwolle weder lichtechte noch walkechte Färbungen entstehen. Um diese Fasern ebenfalls dauerhaft färben zu können, muss vorher ein chemischer Prozess ablaufen - sie müssen mit Metallverbindungen gebeizt werden. Die dabei in und auf der Faser entstehenden basischen Produkte bilden dann mit dem sauren Luteolin einen beständigen Farblack.

Zum Beizen kommt meistens Alaun, der eine Gelbfärbung bewirkt, zum Einsatz. Durch andere Beizen erhält man abweichende Farbtöne. So ergeben Eisensalze braunolive und Chromverbindungen olivgelbe Farblacke.

Aber spätestens hier ist der Begriff "Bio" nicht mehr haltbar. Denn wegen der hohen Allergiegefahr durch Chromverbindungen sollte besser ein synthetischer, chromfreier Farbstoff verwendet werden.