Drechslermeister Eine Holz-Leidenschaft

Das Drechseln ist sein Leben: Vor 60 Jahren hat Hans-Joachim Schulz aus Diesdorf seine Meisterprüfung abgelegt.

Von Anke Pelczarski 23.12.2018, 15:00

Diesdorf l „Hier in dem Haus bin ich geboren“, erzählt Hans-Joachim Schulz. Sein Vater Willi sei schon Drechsler gewesen und habe seine Gesellenprüfung in Wittingen abgelegt. Später sei er zur Post gegangen, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Der Vater habe ihm das Interesse am Holz quasi in die Wiege gelegt, resümiert der Diesdorfer rückblickend.

Drei Jahre habe er die Grundlagen für das Handwerk in Abbendorf von der Pike auf gelernt, erinnert sich der heute 82-Jährige. Danach ging er auf Wanderschaft, um mehr über das Drechseln zu erfahren und die eigenen Fertigkeiten zu vervollkommnen. Der Weg führte ihn nach Harzgerode und nach Bützow in Mecklenburg-Vorpommern. Am 24. Juli 1958 hat Hans-Joachim Schulz in Schwerin die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt. Er habe sich dieser Herausforderung gern gestellt, zumal es Voraussetzung gewesen sei, um einen eigenen Betrieb führen zu können.

„Und im November 1958 habe ich hier in Diesdorf die Drechslerei eröffnet“, erzählt der Senior. Holz sei ein prima Werkstoff, mit dem es sich gut arbeiten lasse. Es habe ihm immer viel Spaß gemacht, damit zu arbeiten und sich auszuprobieren.

„Früher haben wir viel mit der Hand gemacht. Dann nahmen uns Maschinen doch die eine oder andere Arbeit ab“, beschreibt der 82-Jährige, der von seiner Frau Sigrid Schulz im Büro und auch in der Werkstatt unterstützt wurde. Zu den Glanzzeiten habe die Drechslerei bis zu neun Mitarbeiter gehabt.

Eine besondere Herausforderung sei es beispielsweise, die Walze für die Baumkuchen-Produktion herzustellen. „Das lange Holz zu drehen ist nicht mal das Problem. Schwieriger ist es schon, das Loch hineinzubohren, durch das die Metallhalterung geschoben wird, die dann am Ofen aufliegt“, beschreibt Hans-Joachim Schulz. Diese Zulieferung habe es schon zu DDR-Zeiten gegeben, erinnert sich der Senior. Auch heute würden die Walzen für die süße Spezialität aus Diesdorf kommen, zumal es in Salzwedel keine Drechsler mehr gebe, sagt er stolz.

Neun Lehrlinge habe er während seines Berufslebens ausgebildet. Drei von ihnen, darunter seine Söhne Hans-Jürgen und Heino, habe er bis zur Meisterprüfung begleitet. Dem Jüngeren von ihnen, Heino Schulz, übergab er 1999 den Betrieb in Diesdorf, der nun in zweiter Generation weiterlebt. „Ich bin froh, dass der Drechslerbetrieb fortgeführt wird“, sagt Hans-Joachim Schulz. Schließlich sei der Beruf älter als das Christentum, merkt er an. Denn die Existenz einer Ziehbank sei schon vor mehr als 2018 Jahren überliefert.

Die Übergabe der diamantenen Meisterbriefe bei der Handwerkskammer Magdeburg sei eine feierliche Veranstaltung gewesen, lobt der Diesdorfer. „Auch wenn ich keinen kannte, weil ich ja meinen Meister in Schwerin abgelegt habe“, fügt er hinzu. Für diese Veranstaltung müsse man sich übrigens selbst anmelden.

„Jetzt sind auch die Meister eingeladen, die nicht selbstständig waren, sich aber ums Handwerk verdient gemacht haben“, schildert Heino Schulz. Denn zu DDR-Zeiten hätten viele Kollegen, die die Meisterprüfung abgelegt hatten, in Produktionsgenossenschaften des Handwerks oder in Volkseigenen Betrieben gearbeitet.