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Feuchtwald Lebensräume in Gefahr

Wie geht es weiter mit den ökologisch wertvollen Feuchtwäldern am Grünen Band bei Salzwedel?

Von Antje Mewes 12.08.2019, 12:01

Salzwedel l Seit der Stadtforst privatisiert ist, hat sich einiges geändert. Am sichtbarsten sind die Schranken vor den Wegen, die auch ein Durchkommen mit dem Rad schwierig machen. Ihren Ärger darüber drücken auch die Leser der Volksstimme aus. Und nicht nur das. Der Bohlensteg im Bürgerholz sei an einer Stelle zerstört worden, berichtete Klaus Dieter Schulz aus Salzwedel. Zudem sorgen sich viele Leute um den Zustand des Waldes, nachdem deutlich geworden ist, dass die Stauanlagen manipuliert wurden und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte.

Fest steht, dass die Staue dort überhaupt nicht bedient werden dürfen. Sie stehen unter Bestandsschutz, weil niemand die Staurechte beantragt hat. Deshalb sind sie in dem Zustand zu belassen, wie sie zum Schutz des Feuchtwaldes gesetzt worden sind, sagt Joachim Funke, Sachgebietsleiter für Naturschutz im Umweltamt des Altmarkkreises.

Nachdem bereits 2018 Wehre geöffnet wurden, damit das Wasser abfließt und sogar fest eingebaute Anlagen zum Regulieren des Wasserstandes, so genannte Sohlgleiten, entfernt worden waren, hatte das Umweltamt veranlasst, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Seitdem sei dort viel häufiger kontrolliert worden, ob alle naturschutzrechtlichen Belange in dem Natura-2000-Gebiet eingehalten werden, erklärt Funke. „Der Stadtforst ist inzwischen unsere Hauptbaustelle“, sagt er. Denn er sei sehr wertvoll und einer der größten zusammenhängenden Feuchtwälder Deutschlands.

Nach dem niederschlagsreichen Jahr 2017 sei der Start ins Jahr 2018 noch recht gut gewesen. Doch mit dem Öffnen der Staue und der langen Trockenheit sei der Wasserstand extrem gesunken. Diese Situation habe sich in diesem Jahr fortgesetzt, weil es ebenfalls zu wenig Niederschlag gegeben hat. Für wassergebundene Arten eine gefährliche Entwicklung.

Einige Mitglieder des FDP-Kreisverbandes ließen sich kürzlich von Dieter Leupold, BUND-Projektleiter am Grünen Band, über die Lage in den Wäldern informieren. Als erstes monierten sie die Schranken. Der Wald habe jedem frei zugänglich zu sein, er dürfe lediglich nicht mit Fahrzeugen befahren werden. Reiten und Radfahren sei erlaubt, wusste Holk Siedersleben, der an dem Treffen teilnahm. Dieter Leupold selbst ist betroffen. Der BUND hat Flächen in der Gegend, die er nun nicht mehr auf direktem Weg erreichen kann.

Auch die Mitarbeiter des Umweltamtes sind dadurch ausgebremst. Karl Mente, der die Flächen für den Eigentümer, die Wegener Stahlservice KG aus Ahaus, betreut, verteidigte die Maßnahmen damit, dass Müll im Wald verkippt worden sei. Außerdem seien einige Bäume, besonders Eschen abgestorben, herabfallendes Totholz könne zur Gefahr für Waldbesucher werden. „Der Kurpark in Kalbe wurde ja deshalb auch gesperrt“, sagte er.

Während des Rundgangs verdeutlichte Leupold die Schäden, die aufgrund der Trockenheit eingetreten sind. So habe beispielsweise die äußerst seltene Wasserfeder in diesem Jahr nicht geblüht. Auch Tiere wie Kraniche seien betroffen, weil die Brutinseln trocken gefallen sind und keinen Schutz mehr vor Räubern bieten. Zudem sei zu befürchten, dass der Moorkörper zusammensackt. Ein erstes Indiz dafür sei, dass sich der wilde Hopfen vermehrt habe. Es komme unter Sauerstoffeinfluss zu einer Mineralisation des Torfs mit erhöhter Freisetzung von Nährstoffen. Gleichzeitig entweicht im Moor gespeichertes Kohlendioxid in die Atmosphäre, erläuterte er den Ernst.

Wer sich an den Stauanlagen zu schaffen macht und den Wasserstand im Wald verändert, konnte an dem Nachmittag nicht geklärt werden. Karl Mente wies im Namen des Eigentümers von sich, Interesse daran zu haben.

Joachim Funke hat inzwischen Kontakt mit dem Umweltministerium des Landes und dem Bundesamt für Naturschutz aufgenommen. Ziel ist, ein ökologisches Großprojekt ähnlich wie im Drömling zu entwickeln, um die Lebensräume zu erhalten. Dazu würde auch Management der Stauanlagen gehören und damit des Wasserhaushaltes im Feuchtwald. Der Eigentümer könnte zudem zur Kompensation von Nutzungsausfällen Entschädigungszahlungen erhalten. Momentan werden erste Projektschritte dazu erarbeitet und Antragsverfahren vorbereitet.