Fricopan Fünf Stunden ohne Ergebnis
In Immekath haben die Verhandlungen zwischen der Unternehmensleitung und dem Betriebsrat der Fricopan GmbH begonnen.
Immekath/Magdeburg (ue/dpa) l Auf den ersten Blick scheint alles wie immer zu sein. Ein Lkw nach dem anderen passiert die schmale Zufahrtstraße. Mitarbeiter fahren auf den Parkplatz oder verlassen diesen wieder. Auch auf dem Platz vor dem Fabrikverkauf herrscht ein kontinuierliches Kommen und Gehen. In „Clausis Grill und Brutzelbude“ kümmert sich Mitarbeiterin Heike Lüdecke-Karnath um die Gäste, schenkt Kaffee ein, brät Schnitzel und Currywürste.
Erst beim genaueren Hinsehen fällt das Transparent am ersten der vier metallenen Türme auf. „20 Jahre gute Arbeit - und nun???“ ist darauf zu lesen. Seit Dienstag geht es um die Antwort auf die Frage „Und Nun?“
Betriebsrat und Geschäftsführung des Unternehmens trafen sich am Dienstag auf dem Werksgelände in Immekath zu Gesprächen. Marc Saam und Andreas Willner nahmen neben weiteren Vertretern seitens der Unternehmensleitung daran teil. Der Betriebsrat war mit seiner Vorsitzenden Gerda Hentschel sowie Ulf Garz, Olaf Grabsch, Eckard Wille, Daniela Reinecke und Julia Dörwald vertreten. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende Andreas Höppner war nicht in Immekath dabei. Die Fricopan-Konzernmutter Aryzta ließ vorab über ihren Anwalt mitteilen, dass sie den jetzigen Landtagsabgeordneten nicht am Verhandlungstisch akzeptiert.
Als Sondierungsgespräche mit dem Austausch von Positionen beschreibt Fricopan-Sprecher Günter Lindinger gegenüber der Volksstimme die gestrige fünfstündige Zusammenkunft. „Ein reines Informationsgespräch“, hieß es im Anschluss auch vom Betriebsrat. Dessen Mitglieder hatten im Vorfeld des Gespräches einen etwa 20 Fragen umfassenden Katalog erarbeitet. „Wir wollten vor allem eine Antwort darauf, wie es zu dieser Situation kommen konnte“, berichtet Gerda Hentschel. Doch die Fragen seien nicht umfassend beantwortet worden, die angekündigte Schließung mit Kundenwünschen begründet worden, die auf einer Produktion in Eisleben bestehen würden.
Fricopan stellt im Werk Immekath in der Gemeinde Klötze seit 1996 Tiefkühl-Backwaren her. Seit 2013 gehört dem Aryzta-Konzern auch ein Backwaren-Werk in Eisleben mit 1800 Beschäftigten, das nach Angaben des Unternehmens von der Schließung in Klötze nicht betroffen ist.
Die Atmosphäre während des Gespräches schätzt Gerda Hentschel als „auf beiden Seiten sehr angespannt ein“. „Man hofft immer, dass man aus einem bösen Traum erwacht und dass es vielleicht für einen Teil der Belegschaft eine Zukunft gibt. Doch das Ergebnis, die Schließung, steht fest“, so ihr enttäuschtes Fazit. Themen wie Abfindungen für die Mitarbeiter oder deren Wechsel in eine Transfergesellschaft seien gestern noch nicht erörtert worden.
An ein Wunder glaubt auch in „Clausis Grill und Brutzelbude“ niemand mehr. Die Imbissbetreiber haben ebenfalls die Kündigung zum 31. August erhalten.
Wirtschaftminister Jörg Felgner (SPD) sagte vor Journalisten in Magdeburg: „Es gibt relativ viele Interessensbekundungen an diesen qualifizierten Kolleginnen und Kollegen.“ Er werde sich demnächst mit der Unternehmensleitung treffen und bei einem separaten Termin in einer großen Runde mit Unternehmensleitung, Beschäftigtenvertretung, Landrat und Jobcenter die Lage beraten. „Mir ist wichtig, dass es diesen engen Dialog auch direkt gibt“, sagte Felgner. Bislang habe er nur telefonischen Kontakte gehabt.
Zudem bekräftigte er: „Mir geht es aber auch darum, dem Standort eine Perspektive zu bieten. Ich möchte verhindern, dass eine Industriebrache an der Stelle entsteht.“
„Ziel ist es natürlich, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten“, sagte Andreas Höppner (Linke), der den Betriebsrat berät. Zudem forderte er neben einem Sozialplan und einem Interessensausgleich eine Transfer-Gesellschaft. Ein großer Teil der Mitarbeiter sei über 50 Jahre alt und habe es schwer auf dem Arbeitsmarkt.
Der Landtag wird sich an diesem Freitag mit dem Thema Fricopan auf Antrag der Linksfraktion beschäftigen. Dann soll es unter anderem um die Fördermittelvergaben an Fricopan und das ebenfalls zum Aryzta-Konzern gehörende Klemme-Backwerk in Eisleben gehen sowie um die damit verbundenen Bindungsfristen.
Für die Fricopan-Mitarbeiter in Immekath werden Betriebsrat und Firmenleitung am Mittwoch, 8. Juni, weiterverhandeln.