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Buchbinderei Für den Traumjob auf die Alb

Die Arbeit als Buchbinderin hat die Salzwedelerin Jana Kahrens auf der Schwäbischen Alb verschlagen.

Von Oliver Becker 06.04.2016, 13:00

Salzwedel/Römerstein l Handwerk hat goldenen Boden, lautet ein Sprichwort. Doch vor dem Erfolg hat der liebe Gott zunächst den Fleiß gestellt. Und dass sich die Eigenschaften Fleiß, Beharrlichkeit, Ehrgeiz und Akkuratesse letztlich auszahlen, das wurde Jana Kahrens nach Abschluss ihrer Ausbildung als Buchbinderin mit zwei Auszeichnungen bestätigt. Im Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks wurde sie 2. Bundessiegerin und im Bundeswettbewerb „Die Gute Form im Handwerk“ erzielte sie sogar den 1. Platz. Es führen viele Wege nach Rom, dem Mittelpunkt der Welt, heißt es. Auch für Jana Kahrens waren es mehrere Wege, in ihrem Fall zwei, die zu dem Mittelpunkt ihres beruflichen Wirkens führen sollten.

Nach dem Abitur studierte sie an der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus Kultur und Technik. Ihre Bachelor-Arbeit widmete sie dem Salzwedeler Kunsthaus, das zu dieser Zeit noch im Entstehen war. Diese Arbeit wurde mit der Traumnote 1,0 von der Universität in Cottbus bewertet. Beste Voraussetzungen, um diesen Weg weiter zu gehen. Doch sie entschied sich, einen neuen zu beschreiten.

Etwas erschaffen, das man in den Händen halten kann. Die junge Frau hatte schon immer sehr gern gebastelt und der Umgang mit den verschiedensten Materialien hatte ihr stets sehr viel Freude bereitet. Was lag darum näher, als sich noch einmal umzuorientieren und an der Gabelung ihres beruflichen Lebensweges, den einzuschlagen, der sie zum Handwerk führen würde.

Doch zunächst stellte sich für die Salzwedelerin die Frage, welche Art des Handwerks ihren Interessen und Begabungen am nächsten kommen würde. Die Salzwedeler Buchbinderin Silvia Juhl gab ihr die Möglichkeit, in ihr Handwerk hineinzuschnuppern. Sofort sprang der Funke über und Jana Kahrens wusste, das ist es. Leider war es nicht möglich, in Salzwedel eine Ausbildung aufzunehmen. Bundesweite Anfragen nach einer Ausbildung in diesem Handwerk wurden negativ beschieden. Entweder waren die Ausbildungsplätze gerade besetzt oder man wollte sich mit einer Ausbildung nicht die eigene Konkurrenz heranziehen.

Erst eine Bewerbung bei der Buchbinderei Matthias Raum im rund 650 Kilometer entfernten Römerstein in Baden-Württemberg war von Erfolg gekrönt. Für Jana Kahrens war die Zusage auf ihre Bewerbung auf der Schwäbischen Alb sozusagen ein Doppelerfolg. Sie war zum einen ihrem Traumberuf ein Stückchen nähergekommen und hatte zum anderen mit dem Ausbildungsbetrieb ein Handwerksunternehmen gefunden, das sich auf die Restaurierung spezialisiert hat.

Dabei beschränkt sich dieses nicht nur auf Bücher, sondern das Leistungsangebot des schwäbischen Handwerksbetriebes umfasst auch die Restaurierung von Papieren und Grafiken. Somit ein weites Feld, das nicht nur hohes handwerkliches Können abverlangt. Denn bei den überantworteten, zumeist alten Schriften, Büchern und Grafiken, steht oft nicht der materielle Wert im Vordergrund, der sich in Euro oder Dollar berechnen lässt.

Es ist der ideelle Wert, den die bedruckten oder bemalten Papiere für den jeweiligen Besitzer darstellen und der ist meistens unersetzbar. Es ist eine Verantwortung, die sich Jana Kahrens, als sie den dafür erforderlichen Ausbildungsstand erreicht hatte, gern stellte. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.

Im ersten Lehrjahr war die Salzwedelerin überwiegend damit beschäftigt, in einem Nassverfahren Risse in Blättern zu schließen. In den nachfolgenden Ausbildungsstufen erlernte sie den Umgang mit den verschiedenen Werkzeugen, Maschinen und Materialien. Der Beruf sei so vielseitig und bereite ihr sehr viel Freude, erzählte sie. Sie sehe in dem Beruf ihre Passion, fügte sie hinzu. Und Freude an der Arbeit ist der Weg zum Erfolg, heißt es. So war es auch bei ihr. Sie gab 120 Prozent, um ihr Wissen zu erweitern und ihre Fertigkeiten herauszubilden und zu festigen. Mit ihrem Gesellenstück beendete sie ihre dreijährige Ausbildung und dieses sollte diese auch krönen.

Die Vorgabe war es, innerhalb von sieben Stunden ein Prüfungsstück anzufertigen. Die Aufgabe bestand darin, für einen Buchblock einen Halbpergamentband mit geprägtem Titelschild anzufertigen. Das heißt, der Buchrücken und die Buchecken der Buchdecke wurden aus Pergament (geschabte Tierhaut) angefertigt und der übrige Teil mit selbst gefertigtem Buntpapier versehen.

Seit 1951 wird der Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks und seit 1988 zusätzlich der Gestaltungswettbewerb „Die Gute Form im Handwerk – Handwerker gestalten“ ausgetragen. Aus den rund 150 Handwerksberufen dürfen jeweils diejenigen, die ihre Gesellenprüfung als Klassenbeste abgeschlossen haben teilnehmen. Die Bewertungen werden durch die einzelnen Berufskammern durchgeführt. Auf Länderebene werden diese Sieger noch einmal bewertet und im Bundeswettbewerb prüft und bewertet eine unabhängige Jury nochmals die Gesellenstücke.

Im Bundeswettbewerb belegte Jana Kahrens den zweiten Platz. Im Designwettbewerb „Die Gute Form“ erzielte sie mit ihrem Gesellenstück sogar den ersten Platz.