Geburtstag Bäder für die Insel

Seit 25 Jahren produziert Deba in Salzwedel Fertigbäder. Eine Geschichte mit Erfolgen, Krisen und Herausforderungen für die Zukunft.

Von Uta Elste 15.09.2017, 12:50

Salzwedel l Da ist Dietrich von Gruben und Henrik Dinesen glatt ein Jahrestag entgangen. Jürgen Kampe arbeitete am 1. September genau 40 Jahre an der Gardelegener Straße, wie der Fertigungsleiter in der Deba Badsysteme GmbH eher so nebenbei erzählt, bevor ihm die beiden Geschäftführer ihre Glückwünsche aussprechen. Jürgen Kampe ist einer von 20 Mitarbeitern, die seit 25 Jahren und länger bei Deba arbeiten.

Im September 1977 hieß der Arbeitgeber von Jürgen Kampe jedoch noch nicht Deba, sondern Altmärkischer Maschinenbau (AMB), ein Zulieferer des Schwermaschinenkombinats Ernst Thälmann in Magdeburg (SKET). In Salzwedel wurden damals unter anderem Einhausungen für Verseilmaschinen produziert.

1992 brachten Reinhard Dehncke und Reimer Bartels von ihrer vorherigen Firma in Schleswig-Holstein das Konzept des Fertigbades nach Salzwedel: ein komplett nach Kundenwünschen fertig eingerichteter Raum in einer Leichtmetallhülle. Dieser musste nach dem Einbau nur noch an die Versorgungsleitungen angeschlossen werden und schon konnten die Bewohner baden, duschen oder sich die Haare fönen. „Anfangs konnte ich mir das nicht so richtig vorstellen“, gesteht Jürgen Kampe.

Statt der Erfahrungen von Drehern, Schlossern oder Schweißern waren jetzt die Fertigkeiten von Feinblechmechanikern, Silikonierern, Fliesenlegern und Verfugern gefragt. „Wir schulten um, die Arbeit wurde insgesamt filigraner und wir hatten eine ganz andere Kundschaft.“ Anstelle von Abnehmern aus der Schwerindustrie sahen sich jetzt Architekten oder auch Ärzte die Musterbäder an.

Wo heute die Bäderausstellung untergebracht ist, befand sich vor der Wende die AMB-Dreherei. „Die alten Maschinen wurden entfernt, verschrottet oder eingelagert. Auch die Glasscheiben wurden entfernt, dann alles abgekärchert und ein neuer Fußboden eingebaut“, erzählt Jürgen Kampe. Nach und nach wurden neue Maschinen installiert, etwa für Dünnblechbearbeitung.

„Als wir in den ersten Bädern die Wände abgeklebt haben, ging das noch ziemlich einfach zu“, beschreibt Kampe. Anfangs produzierten die Mitarbeiter der Deba Systemtechnik GmbH Bäder für Senioren- und Pflegeheime. 1994 begann die Produktion von Bädern für Schiffe verschiedener Reedereien.

Ab 1997/1998 bestellte die auf Kreuzfahrtschiffe spezialisierte Meyer-Werft aus Papenburg in Salzwedel die edlen Bäder für ihre Ozean-Riesen. Auch Luxus-Hotels wie das Radisson Blue in Berlin oder das Hilton in Frankfurt/Main gehörten zu den Kunden des altmärkischen Unternehmens. Der Umsatz wuchs auf mehr als 30 Millionen Euro.

Im September 2010 dann der Schock: Deba Systemtechnik muss Insolvenz anmelden. „Das war eine ungewisse Zeit und für viele Kollegen auch sehr bedrückend“, blickt Jürgen Kampe zurück. Für Hoffnung habe jedoch die Lohnfortzahlung gesorgt, und auch die Tatsache, dass kein Auftraggeber absprang.

28 der damals 250 Mitarbeiter wechselten in eine Transfergesellschaft, einige kündigten. Insolvenzverwalter Mark Zeuner kontaktierte zahlreiche Investoren. Kurz vor Weihnachten 2010 erhielt dann ein Gesellschafterkreis den Zuschlag, dem auch der heutige geschäftsführende Gesellschafter Dietrich von Gruben angehörte.

„Ein produzierendes Unternehmen ist immer wertvoll, zumal in dieser Region und noch dazu mit einem Produkt, das in den Markt passt“, erläutert von Gruben die Beweggründe für sein Engagement.

Der Neustart als Deba Badsysteme GmbH gelang. Die Geschäftführer Dietrich von Gruben und Henrik Dinesen stellen zufrieden fest, dass der Ruf des Unternehmens durch die Insolvenz nicht gelitten hat.

Im Gegenteil. Für die Berliner Charité wurden in Salzwedel ebenso Bäder geordert wie für den Ausbau der Battersea Power-Station, ein ehemaliges Kraftwerk in London.

Immer wieder eine Herausforderung ist jedoch der Transport der fertigen Bäder innerhalb der Altmark. „Die Industriegebiete in Salzwedel sehen immer noch aus wie vor 30 Jahren. Schade, dass man da nichts macht“, kritisiert Dietrich von Gruben. Dass Brome mit dem Lkw noch immer nicht passierbar ist, sei auch nicht zu verstehen. Eine Autobahn sei gut für die Altmark, auch wenn die Deba-Bäder eher in Richtung Westen als zur Ostsee transportiert werden müssen. „Eine ausgebaute B 71 wäre schon ein Fortschritt“, wünscht sich von Gruben.

Neben der Infrastruktur aus Asphalt ist die für die Datenübertragung ein weiterer Punkt. Als Industrieunternehmen sei die Deba schon ein reizvoller Kunde, der auch von einem privaten Anbieter einen Glasfaseranschluss erhalten würde, so Georg von Gruben, Assistent der Geschäftsführung.

Doch mit den bestehenden Internet-Verbindungen sei es schwierig, den Mitarbeitern die Möglichkeit des Home-Office, der Arbeit von zu Hause aus, anzubieten.

Der Fachkräftemangel sei für die Deba bislang kein Problem. „Wir haben relativ viele junge Leute eingestellt, und jetzt erstmals auch ausgebildet“, sagt Dietrich von Gruben. 170 Mitarbeiter sind derzeit am Standort Salzwedel tätig.

Deba Badtechnik profitiere mit seiner effizienten Fertigung vom Trend zum Leben in Großstädten, wo viele Bäder für Mehrfamilienhäuser benötigt werden. Gefragt seien derzeit Lösungen jenseits des üblichen Standards, etwa Nischen und eingebaute Schränke. „Architekten wollen eigene Akzente setzen“, stellt Henrik Dinesen lächelnd fest. Inzwischen werde auch darauf geachtet, dass sich die Fertigbäder eines Tages mit möglichst wenig Aufwand seniorengerecht umbauen lassen.

Die Auftraggeber kommen aus dem europäischen Ausland, auch aus Großbritannien. Den Brexit-Verlauf betrachtet man an der Gardelegener Straße daher besonders aufmerksam.

„Das ist natürlich nicht so schön“, kommentiert Dietrich von Gruben die Entscheidung auf der britischen Insel, die EU zu verlassen. Die Nachfrage habe jedoch nicht nachgelassen, ergänzt Henrik Dinesen. Zudem habe Deba derzeit in Großbritannien keinen Wettbewerber. „Unsere Projekte sind langfristig“, fügt Dietrich von Gruben hinzu. Zudem bestehe auch die Option, vor Ort in England eine Fertigung zu etablieren.