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Gericht Kein Geld vom Jobcenter

Mit einer Unterschrift 2000 Euro vom Jobcenter zu kassieren, das wäre ein Geschäft. Der Versuch endete vor Gericht.

Von Cornelius Bischoff 04.05.2020, 14:16

Salzwedel l Es war offenbar ein Missverständnis, das der Direktor des Amtsgerichtes Salzwedel, Klaus Hüttermann, am Dienstag, 28. April, im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft beilegen konnte. Im Raum stand der Verdacht, dass eine private Arbeitsvermittlerin und die Mitarbeiterin einer Zeitarbeitsfirma aus dem Altmarkkreis versucht hatten, die Zahlungen aus einem Vermittlungsgutschein der Arbeitsagentur zu kassieren, ohne einen Finger für ihren Mandanten gerührt zu haben.

Schon im März 2017 hatte eine Arbeitsvermittlerin des Jobcenters Altmarkkreis Salzwedel versucht, einen arbeitslosen Mann aus dem Kreisgebiet an eine Zeitarbeitsfirma aus der Region zu vermitteln. Auf Nachfrage des Richters bestätigte die Mitarbeiterin dieses Unternehmens, dass sich der Mann um eine Anstellung im Nordwesten des Altmarkkreises beworben hatte.

Der Bewerber sei damals abgelehnt worden, da er keine Möglichkeit gehabt habe, diesen Arbeitsplatz zu erreichen. Nach der Ablehnung des Bewerbers seien die grundlegenden Daten zur Person des Mannes in den Computern des Unternehmens verblieben. „So können wir sehen, ob sich Anrufer schon einmal bei unserem Unternehmen gemeldet haben“, sagte die Frau auf der Anklagebank. Es gebe zwar keine umfassenden Informationen, aber die Daten reichen, um einen Anrufer als ehemaligen Bewerber zu identifizieren.

Rund ein Jahr nach dieser ersten Anfrage hatte sich der Mann erneut bei dem Unternehmen vorgestellt. Diesmal mit Unterstützung einer privaten Arbeitsvermittlerin. Und er hatte einen Job bekommen. „Das ist seltsam“, bemerkte die Mitarbeiterin des Jobcenters, die vor dem Amtsgericht als Zeugin geladen war: In dem Fall, dass die Zeitarbeitsfirma einen passenden Arbeitsplatz für den Mann gefunden hätte, würde es genügt haben, zum Telefon zu greifen und dem Arbeitssuchenden die gute Nachricht zu überbringen. Warum dieser Schritt erst nach der Aussicht auf 1000 Euro vom Jobcenter und dem Einschalten der privaten Arbeitsvermittlerin erfolgt sei, hatte sich wohl auch die Staatsanwaltschaft gefragt. Letztere hatte beide Frauen wegen des Verdachts auf Betrug angeklagt.

Nach Auskunft einer Sprecherin des Jobcenters Altmarkkreis Salzwedel sei der Vermittlungsgutschein eine „Ermessensleistung“ die dazu beitragen solle, die Chancen auf Eingliederung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung „deutlich zu verbessern.“ Eine Voraussetzung für die Zahlung sei, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich durch die Tätigkeit eines privaten Arbeitsvermittlers zustande kommt. Anders gesagt: Wenn es einem privaten Arbeitsvermittler gelingt, ein Arbeitsverhältnis für Menschen zu erwirken, bei deren Vermittlung sich das Jobcenter lange erfolglos um eine Anstellung bemüht hat, kassieren die privaten Dienstleister den Vermittlungsgutschein als Prämie. Im konkreten Fall hätte die Vermittlung des arbeitssuchenden Mannes 2000 Euro in die Kasse der privaten Vermittlerin gespült. Zu den Voraussetzungen für eine Zahlung gehören aber - neben der aktiven Vermittlung des neuen Arbeitsplatzes - auch ein unterschriebener Arbeitsvertrag und die Vorlage eines unterzeichneten Vertrags zwischen dem Arbeitsvermittler und dem arbeitsuchenden Menschen. Letzterer hatte bei der Prüfung, ob die formalen Voraussetzungen für die Zahlung des ersten Teils der Prämie erfüllt sind, gefehlt. Gegenüber der zuständigen Sachbearbeiterin des Jobcenters habe der Mann zudem erklärt, dass er in keinem persönlichen Kontakt zu der Arbeitsvermittlerin gestanden habe.

„Das ist ein Lüge“, behauptete die Frau und präsentiert dem Gericht die Liste eines „Gespräches“, das sie über den Kurznachrichtendienst Whatsapp mit dem Mann geführt haben will. Aus dem Protokoll sei zu erkennen, dass sie dem Arbeitssuchenden alle nötigen Papiere zugesandt hatte. Dieser aber habe auf die Schreiben der Vermittlerin nicht reagiert. Ihr Angebot, ihm eine Zweitschrift zukommen zu lassen, hatte der Mann, nach Rücksprache mit der Vermittlerin des Jobcenters abgelehnt. Es gebe Vorgaben und Fristen, wann wir den Vermittlungsgutschein auszahlen, sagte die Mitarbeiterin des Jobcenters: „Wenn wir Zweifel haben, wird der Vorfall gemeldet.“ So war der Stein ins Rollen gekommen, der für die beiden Angeklagten schließlich mit einer Einstellung des Verfahrens „wegen geringer Schuld“, ohne die Auflage einer Geldstrafe, zu den Akten gelegt wurde. Zuvor hatte die Arbeitsvermittlerin auf die Auszahlung der ersten 1000 Euro aus dem Vermittlungsgutschein verzichtet, so dass kein finanzieller Schaden entstanden sei.