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Geschichte DDR: Planwirtschaft trifft Wünsche

Die Volksstimme blickte in ihrem Archiv ins Jahr 1967 und wollte wissen, was die Salzwedeler und Staatsorgane damals im Rückblick bewegte.

Von Alexander Rekow 31.12.2017, 04:00

Salzwedel l 1967: Das Kernkraftwerk Gundremmingen geht im April in Bayern als erstes Großkernkraftwerk in den kommerziellen Betrieb. Im Juli herrschen in der US-Stadt Detroit Rassenunruhen. Der kubanische Revolutionär Che Guevara wird im Oktober von einem Feldwebel der bolivianischen Armee ohne Gerichtsverhandlung erschossen. Dies sind nur einige weltpolitische Ereignisse, welche die Menschen vor 50 Jahren erschreckten, erfreuten oder Wut auslösten. Doch was bewegte die Salzwedeler zu DDR-Zeiten auf lokaler Ebene? Die Volksstimme, seinerzeit noch Organ der Bezirksleitung Magdeburg der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), hatte damals wie heute zum Jahresende Sonderseiten gedruckt.

„Es war ein gutes, erfolgreiches Jahr“, titelt die Volksstimme in ihrer Salzwedeler Kreisausgabe vom Freitag, 29. Dezember 1967. Doch es ist kein Redakteur, der sich mit den Worten an die Salzwedler „Genossen“ richtet. Es ist der „1. Sekretär der Kreisleitung Salzwedel der SED“, Otto Hilbrecht: „Das ereignisreiche und für unsere sozialistische Entwicklung erfolgreiche Jahr 1967 geht zu Ende. Die Werkstätten unseres Kreises aus der Industrie und Landwirtschaft, aus dem Handel und dem Handwerk, der medizinischen und pädagogischen Intelligenz sowie alle anderen Werktätigen, insbesondere die Jugendlichen und Frauen, haben durch ihre Arbeit mitgeholfen, daß der Kreis Salzwedel mit dazu beigetragen hat, unsere sozialistische DDR weiter zu stärken und zu festigen.“ Und so wird Otto Hilbrecht nicht müde, das Proletariat mit Dank und Anerkennung zu überhäufen. Aber auch mit dem Wunsch, „daß durch unsere gemeinsame sozialistische Arbeit die Ergebnisse im Jahr 1968 noch schöner und größer sein mögen“.

Um exemplarisch auf große Erfolge der Salzwedeler Arbeiter in den diversen Berufsfeldern zu verweisen, druckte die Voksstimme einige Fotos ab. So wandelt unter anderem der Volkskammerabgeordnete Siegfried Mohr durch das Chemiewerk-Areal und ließ sich von Werktätigen die Erfolge erläutern. Auf einem weiteren Foto blickt ein Mann durch seine große Brille auf eine Ausgabe der Volksstimme. Dazu heißt es: „Nur für Werterhaltungsarbeiten – vorwiegend an Wohngebäuden – setzt Herr Otto Musmann, Maurermeister in Diesdorf, die gesamte Kapazität des Betriebes ein.“ Weiterhin wird die Belegschaft des Kaufhauses des Friedens für ihre Arbeit sowie die Einsatzbereitschaft der Ärzte und Krankenschwestern des Kreiskrankenhauses gesondert hervorgehoben. Weiter ging es mit Fotos der ehemaligen Lehrerin und späteren Vorsitzenden des Seniorenklubs Salzwedel West, Jutta Beyer, und Viehzuchtbrigadier Günther Schulze von der LPG in Binde, der den zu erfüllenden Plan für 1968 erläutert.

Doch nicht nur der 1. Sekretär der SED kam in der Silvester-Ausgabe der Volksstimme 1967 zu Wort. Auch die Probleme der Arbeiterklasse wurden thematisiert. So klagte die damaligen Lohnbuchhalterin der Deutschen Reichsbahn, Lieselotte Kaerstens, unter der Überschrift: „Uwe soll dabei sein“, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Geburt ihres Sohnes unterbrochen sei. Der Sprössling wurde 1968 drei Jahre alt und Lieselotte Kearstens wollte wieder arbeiten – nur fehlte ein Kindergartenplatz. Auf diesen Wunsch nimmt der Abteilungsleiter vom Rat der Stadt, Kurt Dietrichs, seinerzeit Bezug: „Der frühere Altperver Bahnhof wird gegenwärtig für 80 000 Mark zu einem rollenden Kindergarten ausgebaut.“

Familie Kellers aus Salzwedel wandte sich bezüglich der Wohnungssuche an die Volksstimme. Schließlich lebt Ingrid Kellers, Obersekretärin bei der Post, samt Mann und Kind in nur einem Zimmer im Elternhaus. Auf ihre Not ging Bürgermeister Fritz Meier persönlich ein. „Auch im Jahr 1968 wird die Wohnungssuche noch ein ‚heißes Eisen‘ sein“, teilte das Stadtoberhaupt mit. „Aber: Heute möchte ich der Familie Kellers versprechen, daß sie bis zum Ende des ersten Halbjahres 1968 in ihre eigene Wohnung ziehen kann.“

Über stauende Nässe auf den Weiden und Wiesen klagte Genossenschaftsbauer Erich Menk. Ihm sei dadurch die Produktion und somit der Ertrag der LPG „Hand in Hand“ zu gering. Menk wünschte sich, „daß die Meliorationsarbeiten am linksseitigen Jeetzeobjekt im nächsten Jahr zügig voran gehen.“ „Ich kann die Sorgen der Chüttlitzer Genossenschaftsbauern verstehen“, antwortete der Produktionsleiter der Meliorationsgenosschenschaft, Peter Rauchenberger. „Der erste Bauabschnitt im nächsten Jahr sieht den Ausbau der Vorflut für 509 000 Mark sowie der Binnengräben für 574 000 Mark vor“, versprach Peter Rauchenberger dem Genossenschaftsbauern.