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Umfrage Streitthema Weihnachtsmarkt

Der Salzwedeler Weihnachtsmarkt erhitzt die Gemüter. Händler klagen über Verluste, Einwohner und Politik sind geteilter Meinung.

Von Alexander Rekow 30.11.2018, 00:01

Salzwedel l Der Weihnachtsmarkt hat noch nicht einmal begonnen, da mehrt sich schon die Kritik. Täglich äußern Einwohner am Rathausturmplatz ihren Unmut oder kritisieren am Telefon der Volkstimme den Standort. Genervte Autofahrer und Lieferanten kommen hinzu, da sich mit der Absperrung Alltagsschwierigkeiten ergeben. Grund genug, dass Streitthema Weihnachtsmarkt genauer zu beleuchten.

„Blöd, dass die Bude genau vor unserer Tür steht“, moniert Kerstin Kamin von der Bäckerei Steinecke: „Wir werden sicher Verluste machen“, schätzt sie, „von draußen sieht uns ja keiner“.

Rosemarie Lehmann, Chefin der Baumkuchen GmbH, ist hingegen optimistisch: „Uns stören die Buden nicht, schließlich lockt der Markt auch Gäste an.“ Bei „Jeans-Fritz“ findet man die Umsetzung weniger optimal, lobt dafür aber, dass die Stadt etwas tut.

Ganz anders bei „Reno“. Dort plagt sich Wolfgang Behrens mit existenziellen Umsatzverlusten. „Die Bürgermeisterin hat die Lage zur Kenntnis genommen, aber das scheint ihr egal zu sein.“

Noch schlimmer sieht es bei der „Distel 2.0“ aus. Dort ist von einer „Schweinerei“ die Rede, Inhaber Christian Oesterling hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. „Man hätte die Buden ja auch Rücken an Rücken stellen können – damit die Geschäfte frei bleiben oder den Markt im Kreis anordnen“, sagt er. Die Drogeriekette Rossmann sieht keine Probleme.

Norbert Hundt (SPD/Für Salzwedel) ist gespalten. „Die Absperrung ist richtig“, sagt er. Es sei aus Sicherheitsgründen erforderlich, das habe der Anschlag 2016 in Berlin gezeigt. Auch mit Buden vor den Schaufenstern der Händler kann er leben, „wenn es mit ihnen abgesprochen wurde“. Den Autoscooter beäugt er hingegen skeptischer: „Hauptsache da wird Weihnachts- und keine Kirmesmusik gespielt.“ Unterm Strich findet er den Weihnachtsmarkt am Bürgercenter besser positioniert.

Das sieht auch die Fraktionschefin der Linken, Ute Brunsch, so. „Der Rathausturmplatz war nie mein Favorit – der Marktplatz ist kompakter“, sagt sie. Aber wenn die Mehrheit dies so wünsche, füge sie sich. Auch sie verteidigt die Sperrung: „Da müssen die Leute jetzt durch.“

Nils Krümmel von der Freien Fraktion möchte den Weihnachtsmarkt nicht bewerten, das überlasse er der Bevölkerung. „Und ob der angenommen wird, kann ich aktuell nicht beurteilen.“

Ganz anders sieht das Karl-Heinz Schliekau von der CDU. Seine Fraktion ärgere es, dass der Marktplatz für mehr als 600.000 Euro saniert wurde und nun ungenutzt sei. „Auf dem Marktplatz gibt es armdicke Leitungen für die Energieversorgung – auf dem Rathausturmplatz nur daumendick“, erklärt er. „Wenn wir mehr als minus zehn Grad haben, knallt uns die Sicherung weg“, sagt Schliekau. Dass das passieren könne, hätte ihm sogar Stadtsprecher Andreas Köhler bestätigt. Sein Fazit: „Das Ergebnis ist unbefriedigend.“ Er moniert, dass rund 43.000 Euro für das Herrichten ausgegeben wurden.

Arne Beckmann (Salzwedel Land) möchte sich erst einmal anschauen, wie der Weihnachtsmarkt läuft. „Wir wollen das nicht von vornherein zerreden“, sagt er.

„Bei uns in der Fraktion wird bemängelt, dass das so nicht abgesprochen wurde“, sagt Martin Schulz (Bürgerbund/Grüne). Er selbst möchte weder Lob noch Kritik üben, „dass lasse ich auf mich wirken und schaue mir den Weihnachtsmarkt, wenn er läuft, genauer an.“ Aber: „Beim Thema Weihnachtsmarkt gibt es in unserer Fraktion Widersprüche.“

Bürgermeisterin Sabine Blümel ärgert sich darüber, dass der Weihnachtsmarkt bereits vor dem Start schlecht geredet werde. Schließlich arbeiten zahlreiche Kräfte ehrenamtlich an der Umsetzung. „Die Bürger wollen ihren Weihnachtsmarkt da haben, wo er ist“, sagt sie. Schließlich wurde sich im vergangenen Jahr darüber gefreut, dass der Markt direkt am Weihnachtsbaum sei. Auch die Berichterstattung in der Zeitung fiel positiv aus, erinnert sie sich.

„Ob die Gestaltung die richtige war, darüber können wir am Ende reden“, sagt sie. Die Händler, deren Schaufenster von Buden zugestellt sind, brauchen sich aus ihrer Sicht nicht sorgen: „Die Salzwedeler wissen, wo die Geschäfte sind.“ Und überhaupt, in Magdeburg rege sich auch niemand auf, wenn Sperrungen zur Weihnachtszeit die Infrastruktur verändern. Schließlich befinde sich der Weihnachtsmarkt in einer „Top-Lage“.

Aus Sicht der Polizei sind die Vollsperrung und das Einbeziehen der Neuperverstraße in das Marktgeschehen der richtige Schritt. „Sie bieten eine hohe Sicherheit für die Marktbesucher und Passanten“, schätzt Frank Semisch vom Polizeirevier ein. Rücksichtslose Verkehrsteilnehmer könnten keinen Schaden anrichten, weil sie anders als im vergangenen Jahr nicht mehr am Weihnachtsmarkt vorbei fahren können. „Sicherheitstechnisch ist es die günstigste Variante“, erklärt er.

Dass die Bürgersteige mit dem Aufstellen der Buden schmaler sind, werde dadurch ausgeglichen, dass Fußgänger gefahrlos auf die Fahrbahn ausweichen können. Er appellierte an die Radfahrer, sich daran zu halten, dass sie den Bereich nicht befahren dürfen, sondern ihr Rad schieben müssen.

Die Deponie GmbH hat das Problem der Müllabfuhr bereits gelöst. „Wir hatten am Dienstag dort die letzte Abfuhr für den Zeitraum des Weihnachtsmarktes und haben die Absperrung umfahren können“, erklärt Geschäftsführer Steffen Romatschke.

Nicht so gut findet er, dass die Deponie GmbH keine Information zu der Situation erhalten hat. „Das sollte beim nächsten Mal anders gehandhabt werden“, sagt er.

Dafür, dass Brandschutz und Rettungsdienst reibungslos durchkommen, werde das Ordnungsamt der Stadt sorgen, erklärte Stadtsprecher Andreas Köhler. Letzte Absprachen werde es Freitag bei der offiziellen Abnahme geben. Falls Probleme für die Retter auftauchen, müssten sie abgestellt werden.