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Salzwedelerin ist als Landmaschinen-Mechanikerin allein unter Männern Ireen Schulz hat ein Händchen für Gartengeräte

Von Franziska von Thien 09.08.2011, 04:31

Mit öligen Fingern streicht sich Ireen Schulz eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Sie schraubt an einer kaputten Motorsäge. Statur der 25-Jährigen: Klein. Beruf: Landmaschinen-Mechanikerin. Allein unter Männern.

Salzwedel. Seit acht Jahren arbeitet die Salzwedelerin nun schon im Unternehmen ihres Onkels Heiko Schulz an der Tuchmacherstraße in Salzwedel. Manche Kunden verlangen ausdrücklich Ireen Schulz, wenn ihre Geräte den Geist aufgeben. Das war nicht immer so. "Anfangs haben die Leute oft gefragt, ob niemand anderes da ist", erzählt die junge Frau. "Aber ich habe mich bewiesen. Die Kunden kennen mich. Jetzt wollen sie keinen anderen mehr."

Ihr handwerkliches Talent entdeckte Ireen Schulz erst spät, als sie sich 2004 neben der Schule bei ihrem Onkel ein bisschen Geld verdienen wollte. Büroarbeiten langweilten sie schnell. "Also habe ich draußen den Hof gepflastert. Das war schon eher was für mich", erinnert sie sich. Irgendwann stellte ihr Heiko Schulz eine Säge hin. "Die habe ich auseinandergenommen und wieder zusammengebaut. Da habe ich gemerkt: Das ist genau das, was du machen willst."

"Ich habe oft zu hören bekommen: Das packst du doch eh nicht"

Ireen Schulz brach ihr Abitur ab und fing die Lehre an. Die Eltern waren skeptisch. Ein paar Freunde meinten, sie sei verrückt. Am Ende standen alle hinter ihr. Dreieinhalb Jahre durchlief sie die Ausbildung - als einzige Frau ihres Jahrgangs.

"Doch der Trend in Deutschland ist steigend", beobachtet Heiko Schulz. Kolleginnen hat seine Nichte allerdings bisher nur auf einer Messe getroffen. "Die meisten Frauen haben Angst zu versagen", glaubt Ireen Schulz. "Die männlichen Kollegen könnten sich bestätigt fühlen und sagen: War ja klar. Ich habe oft zu hören bekommen: Das packst du doch eh nicht. Aber die Frauen, die sich trauen, machen oft den besten Abschluss."

An der Tuchmacherstraße hat die Landmaschinen-Mechanikerin sogar ihre ganz eigene Abteilung: automatische Rasenmäher. "Dafür habe ich Lehrgänge besucht, alles durchgelesen, was es dazu gibt", sagt sie und senkt dabei den Blick. Ireen Schulz bleibt bescheiden, wenn sie von sich erzählt. Das Schrauben an den Maschinen gefalle ihr besonders. Bildliches Vorstellungsvermögen sei bei diesem Beruf von Vorteil: "Mit dem Kopf in den Motor reinkriechen", wie sie es nennt. Das konnte Ireen Schulz schon immer gut. Bei ihrem Onkel hat sie ihren eigenen Werkraum, macht dort abgegebene Geräte wieder fit. "Das ist wie beim Arzt", beschreibt sie ihre Arbeit. "Ein Patient ist krank, und der Arzt muss eine Diagnose stellen. Bei mir bringt der Kunde ein defektes Gerät, und ich muss den Fehler suchen. Es ist immer wieder eine neue Herausforderung." In ihrer Freizeit malt sie Porträts. "Das ist mein Ausgleich", sagt sie.

Wenn Ireen Schulz von ihrem Beruf erzählt, wollen häufig Frauen wissen, ob sie dafür stark genug sei. Sie erklärt ihnen dann, dass es nur bei gro-ßen Schleppern oder Mähdreschern mal schwierig werden kann. "Da stößt man schon an seine Grenzen", gibt die 25-Jährige offen zu. Aber für die Arbeiten in der Werkstatt ihres Onkels braucht sie nicht viel Kraft.

Als Chef sei es eine Herausforderung gewesen, eine Frau einzustellen, kramt Heiko Schulz in seinen Erinnerungen. Wie reagieren die Kunden? Wie ändert sich das Betriebsklima? Fragen, die ihm damals durch den Kopf gingen. "Oft bringt es erst einmal Unruhe ins Team, wenn eine Frau dazukommt", stellt er fest. Aber er habe überhaupt keine Bedenken gehabt, Ireen bei sich einzustellen.

Das Verhältnis zwischen Onkel und Nichte habe sich schon ein bisschen verändert, seitdem sie beide in der selben Werkstatt schrauben. "Früher war er mein Lieblingsonkel. Jetzt ist er mein Chef", scherzt Ireen Schulz. Sie könne immer zu ihm kommen. Er habe immer ein offenes Ohr, fügt sie hinzu. "Für alle seine Mitarbeiter."

Ireen Schulz schaut prüfend ins Innenleben der Motorsäge. Ihre blauen Augen wandern nach oben. Für einen Moment scheint sie ganz weit weg zu sein. Dann wischt sie sich routiniert die Hände an ihrer schwarzen Hose ab. "Hier bin ich immer dreckig und ölig", sagt sie lachend. Es klingt nicht so, als ob sie das wirklich stören würde. Und im nächsten Jahr geht ihr ganz großer Traum in Erfüllung: Da will sie ihren Meister machen.