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Handwerk Lange Lieferzeiten und echte Engpässe: Der Baubranche in Salzwedel geht das Material aus

Materialengpässe, Preissteigerungen, Planungsunsicherheit: Die Pandemie hat das Baugewerbe durcheinandergewirbelt. Der Mangel an Holz und Kunststoff ist in der Altmark zu spüren.

Von Alexander Rekow Aktualisiert: 23.4.2021, 10:53
Die Preise für Baustoffe sind gestiegen, gerade mit Blick auf Holz und Kunststoff. Das macht neben dem Baustoffhandel auch und gerade den hiesigen Handwerksbetrieben in der Altmark zu schaffen.
Die Preise für Baustoffe sind gestiegen, gerade mit Blick auf Holz und Kunststoff. Das macht neben dem Baustoffhandel auch und gerade den hiesigen Handwerksbetrieben in der Altmark zu schaffen. Foto: dpa

Salzwedel. „Unsere Unternehmen registrieren bei Preisanfragen zu verschiedenen Baumaterialien seit dem vierten Quartal 2020 Preissteigerungen insbesondere bei Stahl, Holz wie auch Dämmstoffen, und das mit einer sehr dynamischen Entwicklung“, erklärte unlängst Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, in einer Mitteilung. Gegenüber September 2020 verzeichne die Branche nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Preiszuwächse bei Holz um etwa 15 bis 20 Prozent, bei Dieselkraftstoff um 20 Prozent, bei Mineralölerzeugnissen um 15 Prozent und bei Betonstahl um fast 30 Prozent.

Das spüren auch die regionalen Akteure in der Altmark. Eine davon ist Kerstin Loth aus Pretzier. Diesen Mangel habe ihre Tischlerei in dem beschaulichen Salzwedeler Ortsteil seit 30 Jahren nicht mehr erlebt. „Man leidet unter den verlängerten Lieferzeiten und den Engpässen“, bringt sie die Lage auf den Punkt und spricht damit womöglich einer ganzen Branche aus der Seele. Denn wie sich in den vergangenen Tagen und Wochen am Lesertelefon der Volksstimme zeigte, sind unzählige Handwerksfirmen in der Region von der Entwicklung betroffen.

Wir müssen viel recherchieren, um an Holz zu kommen.

Kerstin Loth, Tischlerei

Um überhaupt an Rohstoff für die Tischlerei zu kommen, sei Verwaltungsarbeit gefragt. „Wir müssen viel recherchieren, um an Holz zu kommen“, sagt Kerstin Loth. Erst kürzlich habe ein Lieferant am anderen Ende der Leitung lachen müssen, als die Tischlerei Material ordern wollte.

„Es ist tatsächlich dramatisch“, bestätigt Stephan Teickner von Baustoffhandel Bauking aus Brietz bei Salzwedel. Gerade mit Blick auf Holz und Kunststoff gebe es derzeit Probleme. Eine Dachlatte beispielsweise habe sich im Netto-Preis mehr als verdoppelt, rechnet er vor: „Wir sprechen von Preissteigerungen über 100 Prozent.“

„Im Zusammenhang mit der weltweiten Ausbreitung der Pandemie wurden im ersten Halbjahr 2020 infolge des Nachfrageeinbruchs weltweit Produktionskapazitäten heruntergefahren. Insbesondere mit dem Anspringen der Konjunktur in China im dritten Quartal 2020 wuchs die Nachfrage schneller, als weltweit die Produktionskapazitäten wieder hochgefahren werden konnten“, heißt es von Felix Pakleppa weiter. Auch der Gesamtverband Deutscher Holzhandel (GD Holz) beobachtet mit Sorge die schwierige Situation auf den Märkten. „Natürlich spielt der heimische Waldbesitzer bei der Holzversorgung auch in Zukunft eine dominierende Rolle. Allerdings müssen wir global denken, wenn wir die Holzversorgung auch in den kommenden Jahren sicherstellen wollen“, so der GD-Holz-Geschäftsführer Thomas Goebel auf der Internetseite des Gesamtverbands.

Der erste Hersteller liefert schon kein Silikon mehr.

Stephan Teickner, Baustoffhandel.

Neben dem Holz käme es auch mit Blick auf Kunststoff zu Versorgungsproblemen, so Stephan Teickner weiter. „In Salzwedel sind wir noch ganz gut aufgestellt, aber in Magdeburg und Wolfsburg sieht es eher düster aus.“ Von Lieferzeiten bis 2022 ist dahingehend die Rede. „Der erste Hersteller liefert schon kein Silikon mehr.“ Von Kanalgrundrohren über Dämmung bis zur Folie für die Verpackung: Der Engpass bei Kunststoff sei an vielen Stellen spürbar.

Die Lage bei den hiesigen Handwerkern scheint sich allmählich zuzuspitzen. „Es gibt Existenzängste“, so Teickner, der im regelmäßigen Kundenaustausch die Situation in den Betrieben mitbekommt. So würden Aufträge wegbrechen oder Verträge nicht mehr zu halten sein. Beispiel: Eine Firma hat in der Vergangenheit ein Angebot für eine Baustelle geschrieben. Nun, Wochen oder Monate später, haben sich die Preise im Einkauf für den Betrieb massiv verändert, so dass das Angebot nicht mehr zu halten ist.

Der Baustoffhandel in Salzwedel stehe aber „noch“ relativ gut da, so Stephan Teickner weiter. Das Unternehmen habe sich rechtzeitig mit einigen Materialien eindecken können. „Wir sind preislich noch attraktiv.“ Das Hauptproblem seien eher die langen Lieferzeiten.

Insgesamt sei der Mangel an Baustoffen in der Altmark momentan wohl noch zu händeln. „In Großstädten wie Hamburg sieht das ganz anders aus.“ Hier, im Kleinen, sei es aber zu lösen, durch viele Einzelgespräche zwischen Handel und Verbraucher. „Da müssen wir Aufklärungsarbeit leisten und uns austauschen.“

Kerstin Loth geht trotz der Verknappung optimistisch an die Sache ran. Es würde versucht, Probleme intern auszugleichen, auch wenn die Firma an ihre Grenzen stoße. Ihren Kunden zumindest versichert sie: „Wir freuen uns weiterhin über jeden Auftrag!“