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Leerstand Kreativ gegen die Tristesse

Damit die Fußgängerzone in Salzwedel nicht so verlassen wirkt, nutzen die Händler die aufgegebenen Ladenlokale, um für sich zu werben.

Von Antonius Wollmann 02.01.2018, 00:01

Salzwedel l Sieglinde Stein streift am Freitagmittag durch die Salzwedeler Burgstraße. Die 66-Jährige ist aus Hamburg nach Salzwedel gekommen. „Eine Bekannte hatte mir von der Stadt erzählt. Sie schwärmte von den Fachwerkhäusern und dem Baumkuchen. Ich wollte mich mal selbst davon überzeugen“, erzählt die Rentnerin. Der erste Eindruck ist positiv. „Die Innenstadt ist wirklich schön hergerichtet, es gibt auch das ein oder andere Café. Und der Baumkuchen schmeckt wirklich sehr“, ist sie voll des Lobes. Einziger Wermutstropfen: „Nicht alle Geschäfte in der Burgstraße sind vermietet.“

Ihr gefalle jedoch, wie man mit dem Leerstand umgeht. Worauf sie anspielt: In einigen der leer stehenden Läden sind die Schaufenster trotzdem dekoriert. Dort, wo bis vor zwei Jahren die Bäckereikette „Steinecke“ noch Brötchen verkaufte, präsentiert nun ein Modegeschäft seine Waren.

In der Burgstraße 38 ist es ähnlich. Zurzeit hat hier eine Ausstellung des Vereins „Miteinander“ eine Heimstatt gefunden. Der Besitzer der Immobilie hatte dem Verein die Räume für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Dass sich im Haus etwas abspielt, fällt den Passanten durchaus auf. Viele bleiben stehen, um in die Räume zu linsen. Auch die Schautafeln lesen sie sich aufmerksam durch.

Direkt gegenüber hängen Bilder im Schaufenster eines aufgegebenen Geschäfts. Buchhändler Reiner Neitzel wirbt für den Verkauf seiner Kalender. Nicht nur weil er persönlich an der Nutzung beteiligt ist, hält er die Maßnahme für eine gute Idee. „Die Ausstellung beispielsweise sorgt schon für etwas Belebung. Das gefällt mir. Dass ich meine Bilder im Haus nebenan aufhänge, ist für den Inhaber kein Problem. Ist ja auch besser, als wenn dort nichts zu sehen wäre“, sagt Neitzel.

Einer der ersten, der von der ungewöhnlichen Maßnahme Gebrauch gemacht hat, ist Detlef Wunberger. Der Fotografen-Meister hat sein Geschäft nicht in der Burgstraße, sondern in der Holzmarkstraße. In der Fußgängerzone, an exponierter Stelle, mit seinen Fotografien zu werben, ist für ihn natürlich von Vorteil.

 „So viel Laufkundschaft kommt bei mir ja nicht an. Deswegen ist es für mich natürlich schon von Vorteil, in der Fußgängerzone ein wenig für mich zu werben“, erläutert Wunberger, weshalb seine Arbeiten in der Burgstraße ausgestellt sind. Nachdem knapp drei Monate die gleichen Motive zu sehen waren, wird er bald die Bilder auswechseln. „Das wird in regelmäßigen Abständen passieren. Sonst wird es ja langweilig“, erklärt der Fotograf.

Für Jost Fischer, der Vorsitzende der Salzwedeler Werbegemeinschaft, hat die alternative Nutzung nur Vorteile für alle Beteiligten: „Die Idee ist vor ein paar Jahren entstanden, als wir mit den Inhabern der Geschäfte besprochen haben, was wir dem Leerstand entgegensetzen können. Ich denke schon, dass alle davon profitieren.“

Sieglinde Stein ist jedenfalls schon mal überzeugt. „Das hat schon ganz viel Charme und passt deshalb auf eine ganz eigene Weise zur Stadt“, sagt sie mit einem Augenzwinkern, bevor sie sich auf den Rückweg zum Bahnhof macht.