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Lehrermangel Vier-Tage-Woche in Dähre

Der Lehrermangel im Altmarkkreis Salzwedel hat sich weiter verschärft. In Dähre schreiben Eltern einen Brandbrief.

Von Antje Mewes 15.08.2019, 13:09

Salzwedel l „Was sind unsere Kinder noch wert?“ Diese Frage stellten Eltern der Dährer Sekundarschule in den Ferien in einem Brandbrief, der der Volksstimme vorliegt. Darin beklagen sie unter anderem, dass aufgrund fehlender Lehrer der Ethik- und Russischunterricht gestrichen wurde, Kunst nur eingeschränkt oder Sozialkunde nur noch in den 8. und 9. Klassen unterrichtet werden kann.

Mit dem Start ins Schuljahr wird die Lage noch prekärer. Es ist geplant, eine Vier-Tage-Woche einzuführen. Die Unterrichtsversorgung beträgt nach aktuellem Stand nur 69 Prozent. „Das bedeutet, dass jede dritte Stunde nicht abgedeckt werden kann“, konstatiert Sören Messerschmidt, Referent für die Sekundarschulen in beiden Altmarkkreisen. Um trotzdem den Schülerverkehr effizient organisieren zu können, soll für die Dährer Sekundarschüler ein ganzer Schultag wegfallen. Dennoch wollen das Staatliche Schulamt und der Kreis an dem Standort festhalten, betont Messerschmidt.

Mit 92 Prozent liegt Salzwedels Lessing-Ganztagsschule im Schnitt der viel zu geringen Unterrichtsversorgung. Um den Stundenausfall zu minimieren, ist der Klassenteiler auf 32 Schüler angehoben worden. „Wir werden große Klassen haben, schön ist anders“, sagt Schulleiterin Heike Herrmann seufzend. Die Pädagogen seien an ihrer Belastungsgrenze angekommen.

Mit rund 80 Prozent Unterrichtsversorgung sieht es an der Comenius-Sekundarschule sogar noch ein bisschen schlechter aus. Vier Lehrerstellen sind für die Schule ausgeschrieben. Schulleiter Norbert Hundt hofft, dass wenigstens ein bis zwei besetzt werden können. Denn momentan ist es sogar beim Mathematikunterricht in zwei Klassenstufen eng. Um die Stundentafel zu erfüllen, beschränkt sich das Kollegium auf das Wesentliche. Arbeitsgemeinschaften können beispielsweise nicht mehr angeboten werden.

Noch vor den Ferien hatte der Kreis-Elternrat beklagt, dass in Kalbe ein Chemielehrer fehlt. Die Abschlussklassen der Sekundarschule sollten sich ihr für die Prüfungen benötigtes Wissen im Selbststudium aneignen. Nach Volksstimme-Informationen konnten diese und weitere Stellen nicht besetzt werden.

Auch an einigen Grundschulen sieht es nicht rosig aus. Der seit einem Jahr vakante Leiterposten an der Lessing-Grundschule wird zum morgigen Start ins neue Schuljahr unbesetzt bleiben. Die Stelle ist noch ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist endet am 19. August, teilt Michael Schulz, Pressereferent im Landes-Bildungsministerium, mit.

In Dähre werde mit Hochdruck an einer Verbesserung gearbeitet, unter anderem mit Abordnungen von anderen Schulen. Zudem würden die Stellenausschreibungen für Dähre „prioritär bearbeitet.“ Weitere konkrete Fragen der Volksstimme ans Ministerium zur Lehrerbesetzung an den Schulen im Altmarkkreis blieben weitgehend unbeantwortet. „Wir haben keine verlässlichen Zahlen“, betont Schulz. Die Anzahl der Schüler könne noch variieren. Auf dieser Grundlage erfolge der Einsatz der Lehrkräfte.

Sören Messerschmidt ziert sich weniger, den Ernst der Situation einzuschätzen: „katastrophal“. Die Probleme hätten sich über Jahre angestaut. Zudem verzeichne das Land entgegen aufgestellter Statistiken steigende Schülerzahlen. Es gebe einfach zu wenig Bewerber für die Lehrerjobs. Das sei mit Seiteneinsteigern nicht auszugleichen. Ein Trend, der kurzfristig nicht zu stoppen sei.

„Wir müssen Schule anders denken“, sagt er. Ein Beispiel seien „cool gestaltete“ Lernvideos, mit denen sich die Schüler Zuhause oder in der Schule, wenn für die Klasse gerade kein Lehrer bereitsteht, bilden sollen. Den im Film gezeigten Stoff, sollen die Pädagogen am nächsten Schultag nacharbeiten und Aufgaben dazu verteilen. „Wir wollen unsere Kinder ja zu selbstständigen und selbstbewussten Persönlichkeiten erziehen“, betont Messerschmidt. Und auch im Bereich digitales Lernen böten sich viele neue Formen an, Schule anders zu gestalten.

Passend dazu gab es auf Initiative von Schulleiterin Heike Herrmann am Mittwoch eine Weiterbildung zur Online-Lernplattform „Sofatutor“ in der Lessingschule. Lehrer aus dem ganzen Kreis ließen sich die Inhalte vorstellen und probierten in drei Workshops aus, wie das Ganze funktioniert. Die Schulleiterin sieht darin einen Weg, trotz des Lehrermangels guten Unterricht zu organisieren. Dazu soll es in der Westaltmark vier Pilotprojekte geben, ganz vorn an steht dabei Dähre.