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Oldtimer Der Neue wird ein Alter

Alte Liebe rostet nicht: Seit Jahren nimmt die Zahl der Oldtimer zu - auch im Altmarkkreis Salzwedel.

Von Alexander Rekow 19.05.2020, 01:01

Salzwedel l Die Tür fällt zu wie bei einem Panzerschrank, moderne Technik: Fehlanzeige. Und der Motor gönnt sich ein paar Liter mehr. Einige würden Klapperkiste sagen, andere sprechen von „Charakter“. Die Rede ist von Oldtimern. Also Fahrzeugen, die mindestens 30 Jahre auf dem Blech haben. Doch warum erfreuen sich die historischen Automobile immer größerer Beliebtheit?

6370 Fahrzeuge in Sachsen-Anhalt sind nach Angabe des ADAC mit Stand vom 1. Januar 2020 Oldtimer. Sie tragen das begehrte H-Kennzeichen, welches auf ein historisches Fahrzeug verweist. Das Besondere: Hat das Fahrzeug ein H-Kennzeichen, werden unabhängig von Hubraum und Verbrauch pauschal 191,73 Euro Kfz-Steuer fällig. Gerade für Sechs- oder Achtzylindertriebwerke ein großer Vorteil. Historische Motorräder werden pauschal mit 46,02 Euro besteuert. Obendrein haben die Kfz-Senioren keine Einfahrtsbeschränkungen für Umweltzonen. Vieles spricht also dafür, auf ein altes Auto umzusteigen. Doch ganz so einfach ist das nicht. „Ein Fahrzeugalter von 30 Jahren allein reicht noch nicht aus, um sein Fahrzeug als Oldtimer zuzulassen“, weiß Oliver Runschke vom ADAC. Zum einen muss das Fahrzeug natürlich vor mindestens 30 Jahren zugelassen oder nachweislich außerhalb öffentlicher Straßen in Betrieb genommen worden sein. Zum anderen muss es weitestgehend dem Originalzustand entsprechen, in einem guten Erhaltungszustand sein und zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen, heißt es vom Automobilclub. Erst dann kann ein anerkannter Sachverständiger das entsprechende Gutachten ausstellen. Sogenannte Rostlauben oder Bastelbuden bekämen das H-Kennzeichen demnach nicht.

Im Altmarkkreis Salzwedel sind 400 Oldtimer zugelassen, heißt es aus der Kreisverwaltung. 252 Autos, 40 Zugmaschinen, 33 Sonderfahrzeuge, 22 Motorräder und zwei Anhänger. Wurden 2009 noch acht Oldtimer zugelassen, waren es im vergangenen Jahr 50. Demnach greifen in der westlichen Altmark vermehrt Halter zum historischen Fahrzeug.

„Die Anzahl von Fahrzeugen mit H-Kennzeichen hat sich in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich erhöht“, sagt Oliver Runschke. „Die neuen Bundesländer finden sich in dieser Statistik auf den hinteren Rängen, auch bei dem prozentualen Anteil der H-Kennzeichen zu den insgesamt zugelassenen Pkw. Aber in den vergangenen zehn Jahren haben sich dort die Akzeptanz der Oldtimer und damit verbunden die Zulassungszahlen überproportional erhöht.“ Heißt: In Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen hat sich der Oltimer-Bestand mehr als verdreifacht. Und damit liegt die Oldtimer-Zulassung im Osten sogar mittlerweile über dem Bundesdurchschnitt.

Doch ganz so rosig ist die Oldtimer-Welt nicht. Denn spätestens bei der Ersatzteilversorgung kommt so mancher Halter ins Straucheln. Denn das kann schnell zeit- und kostenintensiv werden. „Dass für ehemalige in Großserie produzierte Fahrzeuge mehr Ersatzteile verfügbar sind als für Exoten, scheint logisch, ist aber nicht immer der Fall“, erklärt der ADAC.

Denn auch für Fahrzeuge, die in hoher Stückzahl produziert wurden, kann es zu Engpässen kommen. „Grundsätzlich ist zu empfehlen, sich vor dem Kauf des Fahrzeuges in Magazinen und in Fachliteratur ausgiebig über das Modell zu informieren, dabei kann man auch Erkenntnisse zur Ersatzteilsituation gewinnen“, rät Oliver Runschke. Auch bei Clubs zu spezifischen Marken sei man gut aufgehoben. Dort gibt es Tipps und Informationen unter Gleichgesinnten bei sogenannten Benzingesprächen.

Und wer glaubt, dass Oldtimer auf den Schrott gehören: mitnichten. „Die Mängelstatistiken der Prüforganisationen belegen, dass sich Oldtimer technisch meist im Top-Zustand befinden.“ Dazu komme, dass viele Oldtimerliebhaber mit der Technik ihres eigenen Fahrzeuges sehr gut vertraut seien, sich oft selbst zu helfen wüssten und Teile wie Zündkerzen oder Unterbrecherkontakte immer dabei hätten.

Es ist auch nicht selten, dass Oldtimer als Alltagsauto durch die Prärie rollen. Doch dabei sollten künftige Halter beachten, dass diese oftmals Assistenzsysteme wie ABS, ESP, Traktionskontrolle, Abstandswarner und zumeist auch Airbags oder Servolenkung nicht an Bord haben. Hinzu kommen längere Bremswege. Auch die Wartung kann aufwendig sein.

„Während ein moderner Diesel-Pkw nicht selten erst nach 30 000 Kilometern oder mehr zum Kundendienst muss, hat ein VW Käfer von 1965 nach derselben Strecke schon sechs Ölwechsel und zwölf Schmierdienste hinter sich“, so Runschke. Also auch eine Frage des Geldbeutels.

Unterm Strich sollte ein Kauf also gut überlegt sein. Wer aber einen Oldtimer hat, weiß zumeist genau, was das Wort „Charakter“ bei einem Fahrzeug eigentlich bedeutet.

Wenn Sie stolzer Besitzer eines Oldtimers sind und über Ihre Erfahrungen sprechen möchten, schreiben Sie uns gern eine E-Mail an redaktion.salzwedel@volksstimme.de. Geben Sie zu diesem Zweck bitte Ihren vollständigen Namen, Anschrift, Rufnummer und das Fahrzeug an, um welches es geht.