Zuckerfabrikdirektor Walter Meyer als Sportler erfolgreich Olympia 1932: Rudergold für einen Tangermünder
Wer in Tangermünde den Namen Meyer hört, denkt wohl sofort an die Zuckerraffinerie. Doch Walter Meyer war nicht nur Direktor der Fabrik, sondern auch Olympiasieger bei den Spielen 1932.
Tangermünde l Lange hat es gedauert, bis mit dem Magdeburger Kanuten Andreas Ihle ein Teilnehmer aus Sachsen-Anhalt in London eine Medaille feiern konnte. Vor genau 80 Jahren gewann ein Altmärker bei den Olympischen Spielen Gold, auch auf dem Wasser. Der Tangermünder Walter Meyer war Teil des Ruder-Vierers mit Steuermann. Seine Medaille ist bis heute verschwunden.
"Manche sagen, die Russen haben sie mitgenommen, aber vielleicht liegt sie ja auch verborgen auf irgendeinem Dachboden oder ein Sammler hat sie sich gegriffen", spekuliert Meyers Enkel Malte Herwig. Dem 39-Jährigen geht es nicht darum, "alte Rechnungen zu begleichen", vielmehr treibt ihn die Wissbegier, herauszufinden, wo die Medaille seines Großvaters abgeblieben ist.
Dazu kann der Vorsitzende des Tangermünder Ruderclubs, Karsten Eggert, nichts beitragen. Die Geschichte Meyers ist ihm aber wohl bekannt. "Er hat hier in Tangermünde mit dem Rudern angefangen, ist dann nach Magdeburg zum Ruder-Club Alt-Werder gegangen", erzählt er. Eine Kopie der olympischen Urkunde hängt im Bootshaus. Und sie ist nicht das einzige Zeugnis eines erfolgreichen Sportlers, dessen Wurzeln in der Altmark liegen.
"So große Erfolge kann man in einem kleinen Verein nicht erreichen"
Karsten Eggert, Vorsitzender des Ruderclubs Tangermünde
Kathrin Wolff errang bei den Paralympischen Spielen in Peking vor vier Jahren den vierten Platz im Handicap-Vierer mit Steuermann. Und Ulrich Rebling wurde 1988 Junioren-Weltmeister im Achter. Beide gehörten zum Zeitpunkt ihrer Erfolge schon anderen Vereinen an. Wolff war für die Rudergesellschaft München, Rebling für den Ruderclub Magdeburg unterwegs. "So große Erfolge kann man in einem kleinen Verein wie unserem nicht erreichen", erklärt Eggert.
Von Alt-Werder war Meyer lange vor seinem Olympiasieg nochmals gewechselt - zum Berliner Ruder-Club. "Für den BRC war er von 1926 bis 1932 aktiv", erzählt dessen ehemaliger Vorsitzender Udo Korgitzsch. Für diese Zeit erstaunliche 36 Siege in überwiegend hochklassigen Rennen habe er errungen. Dreimal wurde Meyer Deutscher Meister. Die Tangermünder Schokoladenfabrik gehörte auch in gewisser Weise zum Verein. So wurde bei Herbstbällen gerne als Damengabe die dort produzierte Feodora-Schokolade verteilt. "Einmal flog die Mannschaft mit der Ju 52 von Tempelhof nach London und machte über der Fabrik winkewinke", nennt Korgitzsch ein weiteres Beispiel der Verbundenheit.
Und dann kamen die Olympischen Spiele. "Das Konditionstraining absolvierte die Mannschaft während der zehntägigen Überfahrt nach New York auf dem Schiff", schildert Korgitzsch. Mit der Eisenbahn ging es dann quer durchs Land an die Westküste.
Im Vorlauf unterlagen die Deutschen den Italienern, die später die Gegner in einem Herzschlagfinale sein sollten. Das deutsche Boot gewann mit zwei Zehntelsekunden Vorsprung, ein Wimpernschlag. Dieser Kampfgeist hat wohl etwas mit einem Motto zu tun, das noch heute den Ruderern beim BRC beigebracht wird: "Du kannst mit einer Zehntelsekunde gewinnen, aber niemals verlieren."
Mit dieser Einstellung holten Athleten des Berliner Ruder-Clubs in den folgenden Jahrzehnten noch viele weitere Erfolge. Als der Deutschland-Achter in London seinen umjubelten Sieg feierte, waren auch zwei Sportler des Berliner Vereins mit an Bord. Acht Jahrzehnte nachdem Walter Meyer Gold gewann.