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Pandemie Corona trifft auf regionale Wirtschaft

Covid-19 hat den Altmarkkreis erreicht. Doch wie gehen heimische Unternehmen in Salzwedel damit um?

Von Alexander Rekow 18.03.2020, 14:56

Salzwedel l Die Auswirkungen der Coronakrise sind auch bei den heimischen Großbetrieben spürbar. Noch nicht direkt bei der Auftragslage, aber eindeutig bei der Umsetzung strikter Hygienemaßnahmen und dem Gebot, soziale Kontakte immer weiter zu minimieren. Aktuelle Einschätzungen aus einer Auswahl von Salzwedeler Betrieben:

Vorsichtig optimistisch zeigt sich der Geschäftsführer der Kraiburg Relastec GmbH in Salzwedel. Die Arbeitsplätze der rund 230 Mitarbeitenden des Unternehmens in der Fuchsberger Straße seien derzeit ebenso sicher, wie vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie. Nach Auskunft von Georg Stockhammer war die Auftragslage des Unternehmens am Dienstag stabil.

„Wir vergleichen die Situation täglich mit den Zahlen des Vorjahres und informieren die Belegschaft über den aktuellen Stand“, sagt der Geschäftsführer. Kraiburg Relastec verarbeitet vor allem Altreifen und Reifengranulat. Beide Rohstoffe seien auf absehbare Zeit keine Mangelware am Markt, erklärte Stockhammer gegenüber der Volksstimme.

Das Unternehmen hatte frühzeitig begonnen, Sicherheitsmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus umzusetzen. Die üblichen Hygiene­maßnahmen seien Schritt für Schritt ausgebaut worden, zudem habe man den Dreischicht-Betrieb von sonst 24-, auf 21 Stunden reduziert. „Ziel ist, dass die Mitarbeitenden der einen Schicht denen der Folgeschicht nicht auf dem Werksgelände begegnen“, sagt Stockhammer. Das bedeute zwar, die Produktionsanlagen dreimal täglich neu anzufahren. Die Kosten, die dem Unternehmen auf diese Weise entstehen, nehme die Geschäftsleitung aber gerne in Kauf wenn sie dazu beitragen, Arbeitsplätze zu erhalten und die Produktion sicherzustellen.

Bernd Wiesner, Geschäftsführer der Paradiesfrucht Gmbh, berichtet derzeit sogar von einer erhöhten Nachfrage für die Produkte des Unternehmens. „Unsere Kunden rufen aufgrund der getätigten Hamsterkäufe derzeit verstärkt bei uns ab“, erklärt er am Telefon. Natürlich habe es auch Stornierungen von Kunden in Österreich und Italien gegeben, aber diese seien für das Gesamtgeschäft eher unbedeutend gewesen. „Ich gehe aber davon aus, dass es später etwas ruhiger werden wird“, so der Geschäftsführer. Erst dann könne über Maßnahmen wie zum Beispiel Kurzarbeit entschieden werden. „In der Krise 2008 haben wir sogar zugelegt“, ist er sogar verhalten optimistisch.

Im Werk selbst gibt es weiter verstärkte Maßnahmen, die sich an den Vorgaben der Bundesregierung orientieren. So werden alle Gebäudeteile am Standort Salzwedel seit heute getrennt. Das bedeutet, dass Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen nicht mehr zueinander kommen. „Das heißt auch, dass nicht mehr jeder Mitarbeiter in die Kantine kommen kann“, beschreibt er eine Auswirkung der Regelungen. Auch Fremde kommen nur noch mit Ausnahmegenehmigungen ins Werk.

„Wir gehören zu den Lieferanten einer Branche, die weiterhin öffnen darf“, sagt Rüdiger Jacobs, Produktionsleiter der Gartenbau Salzwedel GmbH. Baumärkte und Einzelhandelsgeschäfte in der Region seien geöffnet und würden aktuell unter anderem mit Hornveilchen, Stiefmütterchen und Primeln beliefert. Preis und Qualität würden gut sein. Wie es weiter gehe, könne noch keiner voraussehen.

Die Auswirkungen der Corona-Krise seien im Unternehmen leicht zu spüren. Einige wenige der mehr als 40 Mitarbeiter hätten Kinder, die derzeit Kita oder Schule nicht besuchen könnten. Es seien im Einzelfall Lösungen gefunden worden, beispielsweise mit Überstunden- und Urlaubsabbau. „Wir arbeiten auch mit Saisonarbeitskräften aus dem Ausland“, beschreibt Rüdiger Jacobs. Die Kollegen aus Polen und Rumänien hätten signalisiert, dass sie aufgrund der aktuellen Entwicklungen über Ostern nicht nach Hause fahren wollen. „Dadurch haben wir kein spürbares Personalproblem, sondern können alle erforderlichen Arbeiten gut erledigen“, merkt er an. Mit den Unternehmen, die die Jungpflanzen zuliefern, gebe es im Augenblick ebenfalls keine Probleme.

„Die Wirtschaft war weder vorbereitet auf das, was wir schon erlebt haben, noch haben wir eine Vorstellung, was uns in den nächsten Wochen und Monaten noch ereilen wird“, sagt Dietrich von Gruben, Chef der Deba in Salzwedel: „Dieses ist dann fast auch schon das größte Problem, dass wir nicht wissen, für wie lange wir Lösungen finden müssen und welche Erschwernisse noch auf uns zukommen.“ Aus dem Kundenkreis der Deba habe Dietrich von Gruben erfahren, das Baugenehmigungen nicht erteilt würden, weil die Bauämter teilweise scheinbar geschlossen seien und das mangels Baugenehmigung auch keine Aufträge vergeben würden. „Dies betrifft uns im Moment in einem konkreten Fall.“ Von seinen Kunden würde er außerdem erfahren, dass Lieferanten ihre Ware nicht ausliefern können. Das wiederum bedeutet für die Deba, dass auch sie nicht liefern soll. „Unsere große Hoffnung ist, dass die Auftraggeber und die Architekten und Planer ihre Arbeiten fortsetzen, damit zumindest die Vorbereitungen für Aufträge nicht unterbrochen werden.“

Unterm Strich habe sich die Deba entschlossen, die Produktion zu verlangsamen. Noch aber liegt keine Entscheidung zum Thema Kurzarbeit vor. Entlassungen stehen nicht zur Debatte, versichert der Deba-Chef. Beim Thema Kinderbetreuung habe man sich mit den Mitarbeitern verständigt. „Wir waren sehr beeindruckt, wie vorausschauend und verantwortungsbewusst die Eltern Lösungen gesucht und gefunden haben.“ Um die Sicherheit des Personals zu schützen, habe man bekannte Hygienevorschriften erneut angeordnet. Zudem seien Meldepflichten über Krankheiten und Infizierung oder Quarantäne mitgeteilt. „Ein Fiebermessgerät wurde auch angeschafft.“ Zudem erfolge die Kommunikation über Telefone und Emails, und die Räume werden häufiger gereinigt.

Bislang keine Auswirkungen hat die derzeitige Krise auf die Baumkuchen GmbH Salzwedel. Die Nachfrage nach Lebensmitteln, insbesondere Grundnahrungsmitteln, sorgt dort offensichtlich für eine stabile Auftragslage. „Der Verkauf von Brot und Brötchen läuft sehr gut“, sagt Geschäftsführerin Rosina Bachert am Dienstag auf Nachfrage. Eine Veränderung sei momentan auch nicht absehbar. Kurzarbeit sei kein Thema.

Derzeit gebe es auch keinen Mitarbeiter, der mit dem Virus in Kontakt war. Die Belegschaft sei aber verpflichtet worden, Urlaubsziele anzugeben, sowohl geplante als auch schon besuchte.

Zudem seien die gut 100 Angestellten in Sachen Hygiene noch einmal besonders sensibilisiert worden, obgleich der Standard im Unternehmen ohnehin sehr hoch sei, betont Bachert. Desinfektionsmittelspender im gesamten Unternehmen seien Standard. Veränderungen gab es lediglich in den Cafès, wo die Tische weiter auseinandergestellt wurden, und in Sachen Besucher: „Betriebsfremde werden im Moment nicht empfangen.“