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Justiz Pausenaufsicht kneift Grundschülerin im Altmarkkreis

An einer Grundschule im Altmarkkreis ermahnt eine Pausenaufsicht die Kinder und kneift eines von ihnen. Die Staatsanwaltschaft sieht kein öffentliches Interesse.

Von Beate Achilles 24.05.2021, 16:43
Eine Betreuerin kneift ein Kind: Dieses Szenario soll sich in einer Schule ereignet haben.
Eine Betreuerin kneift ein Kind: Dieses Szenario soll sich in einer Schule ereignet haben. Symbolfoto: Malte Schmidt

Salzwedel - Bitterlich weinend kommt Lea am 17. März von der Schule nach Hause. Nach dem Grund gefragt, erzählt sie ihrer Mutter Nicole N. (Name geändert) von dem Zwischenfall in der ersten großen Pause und klagt über eine schmerzende linke Hand. Nicole N. macht sich sofort auf den Weg zur Grundschule und stellt dort die von dem Kind benannte Pausenaufsicht zur Rede. Diese bestätigt, Lea möglicherweise zu grob angefasst zu haben.

Vorwürfe statt Entschuldigung

Frau N. ist empört und fährt mit ihrer Tochter zum Arzt, um die Verletzung dokumentieren zu lassen. Anschließend erstattet sie Anzeige wegen Körperverletzung gegen die Pausenaufsicht. Lea ist so verstört, dass sie die nächsten zwei Tage nicht zur Schule gehen kann. Was dann geschieht, versetzt Nicole N. in ungläubiges Erstaunen. „Nicht nur, dass die Pausenaufsicht sich bis heute nicht bei unserer Tochter entschuldigt hat: Im Nachhinein hat sie die Tat einfach abgestritten, obwohl es diverse Zeugen gibt und sie es auch zunächst zugegeben hatte“, ärgert sich Nicole N. „Die Schulleitung hat sich nach der Anzeige telefonisch bei uns gemeldet und uns Vorwürfe gemacht, dass wir den Vorgang angezeigt haben. Außerdem hat sie Lea unterstellt, nicht die Wahrheit zu sagen. Die Lehrerin, bei der Lea anschließend Unterricht hatte, hätte laut Schulleitung davon nichts bemerkt“, so Nicole N.

Einen Monat später flattert ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Stendal bei Familie N. ins Haus, das der Volksstimme vorliegt. Ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung sei nicht gegeben, heißt es dort. Deshalb werde die Staatsanwaltschaft nicht einschreiten.

Staatsanwaltschaft will nicht einschreiten

An einer möglichen Körperverletzung durch eine Pausenaufsicht an einer Grundschule soll kein öffentliches Interesse bestehen? Die Volksstimme fragte bei der Strafrechtsprofessorin Prof. Dr. Waltraud Nolden von der Fachhochschule Polizei Sachsen-Anhalt nach, ob das stimmen kann.

Laut Nolden könnte es sich hier nicht nur um eine einfache Körperverletzung, sondern auch um eine Körperverletzung im Amt nach § 230 StGB handeln - ein Delikt, an dem grundsätzlich ein öffentliches Interesse bestehe. Entscheidend sei, ob die Pausenaufsicht als Amtsträgerin in Sinne dieser Vorschrift anzusehen sei. „Das wird eng ausgelegt“, sagt die Expertin. „Wenn die Tätigkeit der Pausenaufsicht auf Dauer angelegt und organisatorisch in den Schulbetrieb eingegliedert ist, wird man dies wohl bejahen müssen.“ Es scheine also zumindest fraglich, ob die Staatsanwaltschaft Stendal den Fall hier richtig eingeschätzt hat.

Familie N. glaubt das zumindest nicht. Sie hat gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt. Nun liegt die Sache laut Staatsanwaltschaft Stendal bei der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg. Die Volksstimme bleibt dran.