1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Salzwedel: Wo der preußische Notar wohnte

Sanierung eines historischen Gebäudes Salzwedel: Wo der preußische Notar wohnte

Eine Geschichte von weit mehr als 200 Jahren steckt im Mauerwerk des imposanten Gebäudes An der Marienstraße in Salzwedel. Derzeit wird das „Looffsche Haus“ saniert. Grund genug, die Historie genauer zu beleuchten.

Von Alexander Rekow 28.06.2021, 04:07
Das imposante Gebäude  An der Marienkirche 10 in Salzwdedel hat eine spannende Historie.
Das imposante Gebäude An der Marienkirche 10 in Salzwdedel hat eine spannende Historie. Foto: Alexander Rekow

Salzwedel - Das hatte unter Salzwedelern für etwas Verwirrung gesorgt: „Sanierung des ehemaligen Stadtpalais in Salzwedel“, hieß eine Meldung der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz kürzlich. „Palais? Wo soll das sein?“, fragten einige am Leser-Telefon nach.

Nun ist klar: unweit der Marienkriche. Aber ein Palais sei es trotzdem nicht, sagt Salzwedels Stadtarchivar Steffen Langusch. Obwohl es sich um eines der eindrucksvollsten und repräsentativsten Gebäude im Bereich des großen Gotteshauses handelt. „Allein wegen der Größe dürfte man es sicher nicht als Palais oder Herrenhaus bezeichnen“, ist Langusch überzeugt. Es gebe aber Beispiele dafür, dass sich Adelsfamilien der Umgebung in Städten niederließen und höhere Geistlichkeit in direkter Nachbarschaft der Hauptkirchen ansehnliche Grundstücke besaßen, so Langusch. „Solche Kurien beziehungsweise adligen Stadtsitze, wie die Propstei der Schulenburgs und das Katholische Pfarramt, ehemals der Familie von dem Knesebeck gehörig, sollen sich nach Ansicht einiger Forscher ursprünglich im Bereich rund um die Burg, gewissermaßen als Familienaufenthaltsorte der Burgmannen, später dann im Bereich um die Marienkirche konzentriert haben.“

Daten beim Rathausbrand verloren

Viele Daten dazu sind aber auch Steffen Langusch unbekannt. Selbst das Baujahr des Anwesens. Denn mit dem Rathausbrand im Jahr 1895 sind unzählige Dokumente für immer verloren gegangen.

Doch einiges konnte der Stadtarchivar zusammentragen. „Im 19. und 20. Jahrhundert gehörte das Haus zunächst der Kaufmanns- und Rechtsanwaltsfamilie Kaehrn, später dann dem Rechtsanwalt und Notar Ernst Looff.“ Deshalb könnte einigen älteren Einwohnern das Gebäude durchaus noch als Looffsches Haus bekannt sein. Und das, obwohl die Familie Looff nach dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich an der Neutorstraße gewohnt habe. „Die Bezeichnung An der Marienkirche 10 hat das Haus erst bei Änderung der Hausnummern im Jahr 1878 erhalten. Zwischen der Mitte des 18. Jahrhunderts und 1878, als alle Häuser in der Stadt fortlaufend durchnummeriert waren, hatte das Haus die Nummer 151 und im frühen 18. Jahrhundert, zum Beispiel auf dem Haestsko-Stadtplan um 1720 im Danneil-Museum, hatte das Haus die Nummer Altstadt 1.“ Seinerzeit hätten Altstadt, Neustadt und Bockhorn jeweils eigene Nummerierungen, stets mit der 1 beginnend.

1773: Offizier des stationierten Kürassieregiments

Doch wer wohnte nun eigentlich in dem imposanten Eckgebäude? Hierzu hat Steffen Langusch einige Daten im Archiv gefunden. Im Jahr 1799 seien es die minorennen, sprich die minderjährigen Karl und Emil Gartschock gewesen. Gefolgt vom Kaufmann Georg Anton Kaehrn im Jahr 1827. Zwölf Jahre später sei es Justiz-Kommissarius Eduard Julius Gustav Kaehrn gewesen, ehe 1892 der Königlich-Preußische Notar und Rechtsanwalt Franz Eduard Kaehrn Hausherr wurde. Auf ihn folgte im Jahr 1904 erneut ein Rechtsanwalt, Notar Ernst Looff, der dem Gebäude seinen Namen verlieh. „Die Jahreszahlen bezeichnen allerdings nicht den Besitzübergang, sondern möglicherweise die oft erst Jahre später erfolgte Eintragung des neuen Besitzers in das Grundbuch.“

Dreht man das Rad der Geschichte noch ein Stück zurück, sei im Servicgeldregister vom Mai 1773 ein Besitzer zu finden: Herr Obrist von Wolffen. Dabei handelte es sich vermutlich um einen Offizier des in Salzwedel stationierten Kürassierregiments. Kurzum: schwere Kavallerie mit Brustpanzer, welche heute noch in London zum Schutz der Königin zu sehen ist.

„Nach der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der 2. Salzwedeler Freimaurerloge ’Johannes zum Wohle der Menschheit’ könnte das Haus auch der erste Versammlungsraum dieser Loge gewesen sein“, glaubt der Stadtarchivar.

25.000 Euro Fördergeld

Nun, hunderte Jahre später, wird wohl wieder Leben in das Gebäude einziehen. Das Objekt wird seit Monaten saniert. „Nun müssen zunächst die historischen Fenster aufgearbeitet werden, damit die Fassadensanierung beginnen kann“, heißt es von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD): „Dank zahlreicher Spenden sowie Erträge der Lotterie Glücksspirale, stellt die DSD dafür 25.000 Euro zu Verfügung.“

Die Stiftung, die das Haus ehemaliges Stadtpalais nennt, spricht von einem Neubau Mitte des 18. und einer zurückhaltenden Sanierung Anfang des 20. Jahrhunderts: „Zur bemerkenswert erhaltenen Ausstattungen gehören die Toranlage, die Türen und Fenster, die Fußböden und die Stuckdecken.“