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Gastronomie Sie wollen endlich wieder öffnen: Salzwedeler Kneiper fordern Lösungen

Kein Geld, Getränke wegschütten, Wut im Bauch: Salzwedeler Wirte wollen endlich wieder öffnen. Das vom Altmarkkreis auf den Weg gebrachte Modellprojekt für eine Bewirtung im Freien auf Grundlage von Tests ist auf Eis gelegt.

Von Antje Mewes und Alexander Rekow Aktualisiert: 16.4.2021, 09:46

Salzwedel. Für die einen war es ein Hoffungsschimmer, andere haben gleich abgewunken. Aufgrund des Infektionsgeschehenes und Entscheidungen auf Bundesebene kam es nun ohnehin anders: „Eine Beantragung von Modellprojekten im Altmarkkreis kann nicht wie geplant stattfinden“, teilt Kreissprecherin Birgit Eurich auf Anfrage mit. Eine Entwicklung, die wegen der hohen Inzidenz und der geplanten bundeseinheitlichen Regeln zu Kontaktbeschränkungen zu erwarten war. Immerhin haben sich die Kommunen und der Kreis mit dem Vorstoß, um eine Möglichkeit bemüht, der Gastronomie eine konkrete Perspektive zu bieten.

Das erkennt auch Einar Krause, Inhaber des gleichnamigen Restaurants im Kulturhaus, an. Allerdings sieht er die Umsetzung sowohl für die Gäste als auch für die Gastronomen als äußerst schwierig an. Knackpunkt aus seiner Sicht: die negativen Schnelltests. Die Gäste müssten einen Restaurantbesuch lange planen, die Gastwirte frische Waren vorhalten, ohne zu wissen, ob die Leute auch wirklich kommen. Es sei fraglich, ob sich das für die Gastwirte lohne. „Ich denke, wir müssen noch durchhalten, und wenn es wieder los geht, sind wir da“, schätzt er ein.

Ich habe keine Einnahmen und lebe vom Geld meiner Frau.

Enttäuscht über die Entwicklung sind hingegen die Geschäftsführung um Christian Speckahn und die Mitarbeiter des Hotels Union. Sie haben Hoffnung in das Modellprojekt gesetzt, sich die erforderlichen Unterlagen zukommen lassen und fühlen sich nun von den aktuellen Ereignissen überrollt. Wichtig sei bei der ganzen Sache, dass die „Vorschriften mit Augenmaß erlassen werden“. Jede noch so gut gemeinte Öffnungsstrategie müsse sich für die Betreiber wirtschaftlich darstellen lassen. Dennoch finde er es sehr schade, dass nun kein Leben in den Biergarten des Hotels kommt, so Speckhahn.

„Ich habe keine Einnahmen und lebe vom Geld meiner Frau.“ Das sagt Uwe Schwieger, Inhaber der Salzwedeler Musikkneipe Crazy World: „Ich weiß nicht, wie lange ich noch durchhalte.“ Und so wie Schwieger geht es vielen Gastronomen. Die Existenzen stehen auf dem Spiel. Wenn zeitnah keine tragbaren politischen Lösungen geschaffen werden, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit das kulturelle Leben in vielen Städten massiv verändern – Stichwort Kneipensterben.

Auch Stefan Muchow ist davon betroffen. Er betreibt das Freizeit- und Eventcenter in Salzwedel. Auch bei ihm geht nichts mehr. Dabei hat der Wirt unlängst massiv investiert, eine Eventhalle für die Salzwedeler geschaffen. Trotz ausgefeiltem Hygienekonzepts darf auch er keine Gäste bewirten und hat damit keine Einnahmen.

Was Stefan Muchow nicht in den Kopf will, sind die politischen Wege, die gegangen werden. Anfangs habe er noch etwas Verständnis aufbringen können. „Es war eine neue Lage.“ Doch nach mehr als einem Jahr wird bei ihm, wie bei vielen anderen auch, aus Verständnis Frust. „Wenn die Bundesregierung nach einem Jahr keine Lösungen findet, stimmt doch was nicht“, ärgert er sich, „dann haben wir ein Problem.“ Wie Schwieger auch, erwarte er Lösungen. Nicht morgen oder übermorgen, sondern bestenfalls gestern. „Wie lange ich noch durchhalten kann, kommt drauf an, welche Hilfen ich bekomme.“

Das hat mit Datenschutz nichts mehr zu tun.

Uwe Schwieger habe Hilfe bekommen. „90 Prozent der Fixkosten.“ Die übrigen zehn Prozent soll er bezahlen. „Wovon?“, fragt er. Er hat ja keine Einnahmen. Nur ein Öffnen der Gastronomie könne nun noch Schlimmeres verhindern.

Beide Salzwedeler Wirte haben ein schlüssiges Hygienekonzept, erzählen sie, damit würden sie sofort an den Start gehen können. „Aber nicht draußen“, so Muchow, „wir sind hier in Mitteldeutschland, eigentlich sogar in Norddeutschland.“ Bei den Temperaturen, bis auf den Sommer, wolle niemand im Biergarten sitzen. „Außerdem haben nicht alle einen“, so Schwieger. „Ich könnte damit leben, wenn wir wenigstens 50 Prozent reinlassen dürfen“, so Stefan Muchow, dafür sei schließlich sein Hygienekonzept da. Das sieht auch Uwe Schwieger so. „Wir können auf Blättern die Namen der Gäste für eine mögliche Rückverfolgung festhalten“, versichert der Crazy-World-Inhaber. Von einer App auf dem Smartphone halten beide wenig. Zum einen würde dadurch ein Bewegungsprofil erstellt. „Das hat mit Datenschutz nichts mehr zu tun“, sagt Muchow. „Und Senioren oder andere, die vielleicht kein Smartphone haben, dürfen dann nicht mehr in die Biergärten“, schiebt Schwieger nach, der selbst kein Smartphone hat.