Coronavirus Schnelltests: Wenn Lehrer zum Prellbock werden
Während die einen damit kein Problem haben, schlagen andere Alarm. Für Lehrer der Lessing-Ganztagsschule Salzwedel heißt das in erster Linie, viele Gespräche mit Eltern und Schülern zu führen, auch wenn ihnen teils heftiger Gegenwind entgegenschlägt.

Salzwedel. Stefan Hübner, stellvertretender Schulleiter der Lessing-Ganztagsschule, hat dieser Tage viel zu erklären. Den Schülern, ihren Eltern, dem Kollegium. Grund dafür sind die Corona-Schnelltests für die Mädchen und Jungen in den Bildungseinrichtungen, die seit Montag Pflicht sind. Zwischen Verständnis und Wut prasselt viel auf ihn ein. Auch in sozialen Medien.
Damit müssen wir umgehen, das muss Demokratie aushalten.
„Es gibt Eltern, die verweigern ihren Kindern die Tests“, erzählt Stefan Hübner, „für sie ist das Körperverletzung.“ Auch von Aberkennung der Freiheitsrechte sei in diesem Zusammenhang von Müttern und Vätern die Rede. Dass er und sein Kollegium nur Erfüllungsgehilfen für einen Obrigkeitsstaat sind, habe er sich ebenfalls vorwerfen lassen müssen. An Stefan Hübner perlt das ab. „Damit müssen wir umgehen“, sagt er, „das muss Demokratie aushalten.“ Egal wie hart die Kritik sei: Er höre zu und bitte um Verständnis. „So funktioniert Pluralismus, auch wenn es manchmal schmerzt und anstrengend ist.“ Daher bleibe ihm nur vor seinen Kollegen, die ebenfalls unzählige Gespräche mit Eltern führten, den Hut zu ziehen. „Sie machen das alle hervorragend.“
Das befürchtete Chaos sei zumindest ausgeblieben, trotz vieler Kollegen, die derzeit nicht in der Schule arbeiten können. Hintergrund: In den Osterferien hat das Coronavirus in der Lessing-Schule grassiert. Im Ergebnis sind nun mehrere Mitarbeiter positiv getestet worden, inklusive Schulleiterin Heike Herrmann. Sie spricht in diesem Zusammenhang von Glück im Unglück, da es in den Ferien passierte und zu diesem Zeitpunkt keine Schüler in der Einrichtung waren.
Es kitzelt nur etwas in der Nase.
Doch zurück zu den Schnelltests. „Die Eltern und Schüler können das ablehnen“, so Stefan Hübner, „wer nicht will, der muss nicht!“ Dann könne das Kind aber nicht mehr am Unterricht im Klassenverbund teilnehmen. „Wir rufen dann die Eltern an, damit der Schüler abgeholt wird.“ Das sei bisher erst im unteren einstelligen Bereich geschehen. Die große Mehrheit der Schüler testet sich selbst. „Wir haben vor Unterrichtsbeginn in den Klassen eine halbe Stunde Warm-up“, erzählt der stellvertretende Schulleiter weiter, eine Aufwärmrunde mit den Klassenlehrern. Die Zeit werde nun für den Schnelltest genutzt. „Die Kinder haben sogar Spaß dabei, sie kichern“, erzählt eine Lehrerin. Dazu gehört auch Lilli Malkowski. Es sei zwar nicht gerade angenehm, aber Angst habe die Elfjährige vor dem Schnelltest nicht. „Es kitzelt nur etwas in der Nase“, sagt sie.
Viele Kleinkinder haben wohl schon tiefer in der Nase gebohrt.
Die Schnelltests in der Lessing-Schule handhaben die Schüler unter Aufsicht komplett allein. Auspacken, Stäbchen zwei Zentimeter in die Nase, etwas rühren, Stäbchen in ein kleines Fläschchen, wieder rühren und etwas Flüssigkeit davon auf das Testgerät: fertig. „Viele Kleinkinder haben wohl schon mit ihren Fingern tiefer in der Nase gebohrt“, so Hübner.
Sollte der Schnelltest dann positiv ausfallen, müsse das Kind ins Testzentrum, erklärt er die weitere Vorgehensweise. „Das heißt aber noch lange nicht, dass der Schüler auch wirklich positiv ist“, ergänzt eine Lehrerin: „Das sagen wir ihnen auch.“
Übrigens: Von den Schnelltests ausgeschlossen werden künftig die Abschlussklassen. „Für die 10. Klassen an den Prüfungstagen gibt es dann kein Betretungsverbot der Schule ohne Schnelltest.“ So will das Land offensichtlich gegensteuern, dass die Schüler in jedem Fall ihre Prüfungen ablegen können. Auch wenn Eltern die Schnelltests ihren Kindern untersagen.