1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Wenn aus Wut Mobbing wird

Schulen Wenn aus Wut Mobbing wird

Zu introvertiert, zu extrovertiert - zu klein, zu groß, zu anders: Aus Missgunst, Wut und Antisymphatie, kann schnell Mobbing werden.

Von Alexander Rekow 06.02.2019, 11:27

Salzwedel l Die Schlagzeile versetzte viele Eltern in Angst und Schrecken. Im Berliner Stadtteil Reinickendorf hat sich eine Elfjährige das Leben genommen. Grund: Mobbing und Gewalt. Dass das Thema aber nicht nur die Bundeshauptstadt betrifft, zeigte ein Aktionstag an der Comeniusschule in Salzwedel.
„Einen hundertprozentigen Schutz vor Mobbing gibt es nicht“, weiß Norbert Hundt, Schulleiter der Comeniusschule. Aber auch wenn ihm seit langem kein Fall mehr an der Bildunsgeinrichtung zu Ohren kam, das Thema bleibt präsent. Daher fand gestern ein Aktionstag zum Thema Mobbing an seiner Schule statt. „Das ist rein präventiv“, erklärt Hundt. Denn spätestens seit dem Aufkommen sozialer Medien wie Facebook würden die Schüler unbedachter handeln. Dem will der Schulleiter entgegenwirken.
Zu diesem Zweck kam Frank Semisch, zuständig für Präventionsarbeit bei der Salzwedeler Polizei, in die Bildungseinrichtung. Sein Augenmerk lag an diesem Tag bei der 7. und 8. Klassenstufe. „Das sind die Altersgruppen, wo Präventivarbeit notwendig sein könnte“, erklärt er. Und so widmete er sich der Entstehung von Mobbing, dem Erkennen und Tipps für Betroffene. Schließlich bewegen sich Täter nicht selten auch im Bereich einer Straftat. Semisch weiß, dass Mobbing nicht seltener wird. Schließlich hätten bereits Drittklässler Smartphones und könnten damit Täter oder Opfer sein.
„Ja, das gibt es in den Anfängen schon bei den Kleinen“, weiß Angela Ritter-Hundt, Leiterin der Perver-Grundschule. Sie schob aber auch direkt nach: „Ich kann behaupten, dass es hier nicht oft auftritt.“ Die Rede ist von Streitigkeiten unter den Kindern, die zum Mobbing führen könnten. „Sobald uns so etwas auffällt oder durch Kinder oder Eltern herangetragen wird, wird unsere Schulsozialarbeiterin ins Boot geholt“, erklärte sie. Sie hätte andere Methoden als die Lehrkräfte, fungiere als Bindeglied und suche das Gespräch zu Kind und Eltern.
Auch an der größten Schule im Altmarkkreis, der Lessingschule, nimmt die Schulsozialarbeiterin eine ähnliche Rolle ein. Denn wegreden will Heike Herrmann, Leiterin der Lessingschule, das Thema gewiss nicht. Denn: „Egal in welcher Form oder Einrichtung – Mobbing findet statt!“, bringt sie es auf den Punkt. „Das beginnt mit Stänkerei und Streit auf dem Schulhof“, weiß Hermann. Daraus könne sich schließlich Mobbing entwickeln. Doch damit es erst gar nicht so weit kommt, versucht die Einrichtung dem mit Streitschlichtern beizukommen. Das sei eine Gruppe von Schülern, die das eine oder andere Problem ihrer Mitschüler vielleicht früher erkennen als manch Lehrer. Die Schüler, die zu Streitschlichtern werden, erhalten vorab einen eintägigen Kurs und bleiben in engem Kontakt zur Schulsozialarbeiterin. Denn eines ist Heike Herrmann wichtig: „Wir wollen nichts mit einem Schnellschuss erreichen, sondern setzen auf Nachhaltigkeit.“
Mobbing ist aber kein Thema, das nur Sekundar- oder Förderschulen betrifft. Es ist gesamtgesellschaftlich zu betrachten. Daher ist Mobbing auch dem Jahngymnasium nicht fremd. „Das Thema verbleibt bei und im Klassenverbund mit dem jeweiligen Klassenlehrer“, erklärt Alexandra Bennet, stellvertretende Leiterin des Gymnasiums. Nur bekomme man manches eben einfach nicht mit. „Vieles spielt sich ja auch außerhalb unserer Schule ab“, meint sie. Wenn dann aber auch die Lehrer nicht weiterkommen, werde das Thema der Schulleitung übertragen. Aber auch das Jahngymnasium setze, ähnlich wie die Lessingschule, auf Schüler. „Wir haben Vertrauensschüler in jeder Klasse“, sagt sie. So können sich Opfer an Gleichaltrige wenden, wenn sie nicht das Gespräch mit einem Lehrer suchen möchten. Aber selbst wenn ihr gerade keine Fälle bekannt sind: „Ich schließe Mobbing bei uns nicht aus.“
„Es ist nicht oft, aber es passiert“, sagt Angelika Hergesell, Ethiklehrerin in der Comeniusschule. Sie kennt auch die Extremfälle, weiß, dass Kinder grausam sein können. Ein Merkmal für Mobbing-Opfer kann sein, „wenn sich Schüler ‚Ritzen‘“, also mit Klingen selbst Wunden zufügen. Das seien die extremen Auswirkung von Ausgrenzung. Andere Schüler hingegen kehren in sich, sagt sie.
„Wir achten genau darauf – es beginnt ja schon beim Umgangston“, weiß sie. Schon bevor die 5. Klassen zusammengestellt werden, läge der Fokus auf Ausgeglichenheit. „So haben sie ein ähnliches Leistungsniveau“, was Hänseleien wiederum vorbeuge. Auch sie hat beobachtet, dass mit der Medienvielfalt eine Gefahr einhergeht. Was einmal im Netz sei, ist schwer umkehrbar. Daher setzt auch die Comeniusschule auf Schüler, in Form von sogenannten Ordnungsschülern. Die Sorge der Schüler untereinander, zu fragen, wie Mitschüler sich fühlen, sei ein positives Indiz für den Zusammenhalt. Trotzdem bleibe Wachsamkeit bei der Thematik unumgänglich.