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Segelflieger Nur fliegen ist schöner

Fliegen, ein uralter Traum der Menschheit: Erfüllt haben ihn sich die Wolkenspringer vom Luftsportverein in Klein Gartz bei Salzwedel.

Von Cornelius Bischoff 18.05.2020, 10:37

Salzwedel l „Dieses stille Gleiten, ganz allein da oben, mit allen Gedanken bei sich, ringsum der unendliche Himmel; das Gefühl ist nicht zu beschreiben.“ Thilo Bielefeld gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem Hobby erzählt.

Gemeinsam mit den 30 Mitgliedern des Luftsportvereins Salzwedel teilt der 47-Jährige eine Leidenschaft: Thilo Bielefeld ist Segelflieger. „Nicht unter Druck, nicht mit dem Ziel, lange Strecken zu fliegen“, sagt er: „Es geht um Genuss.“

Die Begeisterung ist dem Mann anzusehen, der mit weiten Gesten erzählt, wie gewaltige Luftmassen die Hitze eines Sommertags aufnehmen, beim Aufsteigen ihre Wärme verlieren und manchmal als wachsende Wolkenkleckse den Himmel markieren.

„Dort ist“, sagt Thilo Bielefeld – und seine Hände umfassen einen unsichtbaren Baumstamm – „ein Luftstrom, der einem Fahrstuhl gleicht.“ Beide Hände beschreiben eine Bewegung nach oben. „Das ist wie ein Kamin“, erklärt Bielefeld. Die aufsteigende Warmluft in diesem Kamin ist das Lebenselixier der Segelflieger vom Luftsportverein Salzwedel, denn das große Ziel jedes Piloten ist es, einen solchen Thermik-Kamin zu finden, um mit der aufsteigenden Luft in die Höhe zu steigen. Ist das oberste Stockwerk erreicht, beginnt das genussvolle Gleiten. Ziel des Piloten ist es dann, einen neuen Aufwind zu finden. Der sicherste Weg führt schnurstracks von Wolke zu Wolke.

Nicht immer aber markieren Wolkenberge den Weg zum nächsten Kamin und so gehört, neben technischem Verständnis und fleißigem Üben, eine Menge Erfahrung dazu, aus einer Landratte einen echten Piloten zu machen: Wenigstens zwei Jahre dauert die Ausbildung. Während dieser Zeit gilt es, buchstäblich jedes Wochenende auf dem Flugplatz zu verbringen. Ist das große Ziel aber erreicht und die Prüfung bestanden, schießen schon 16-Jährige mit Spitzengeschwindigkeiten von 250 Stundenkilometern durch den Himmel.

Ob aus dem jungen Piloten dann ein Genussflieger wird oder ob das Herz für den Wettkampfsport schlägt, erweist sich im Laufe der Jahre. „Möglich ist beides“, erklärt Vereinschef Olaf Löhrke. Rein technisch gesehen sei es sogar möglich, als menschlicher Zugvogel in den Urlaub zu segeln. Das aber ist ein Glückspiel für Wagemutige, denn gelingt es dem Piloten nicht, vor dem Ende der Gleitphase einen neuen Aufwind zu finden, endet der Ausflug auf dem Acker.

Diese Form der „Außenlandung“ sei rechtlich gesehen zwar unproblematisch, erklärt Löhrke, schwierig gestalte sich aber der Neustart. Letzterer setzt entweder eine Motorwinde oder ein Motorflugzeug voraus, das den Segelflieger ins Schlepp nimmt, bis dieser die Starthöhe erreicht hat. Dann sei die Zeit gekommen, die Verbindung zu lösen und der neue Freiflug beginnt.

„Das Segelfliegen ist ein Mannschaftssport“, sagt Löhrke. Die Kameradschaft ist nicht nur gefordert wenn es gilt, das Flugzeug nach einer Außenlandung in seine Teile zu zerlegen, auf einen Anhänger zu laden und zum nächsten Segelflugplatz zu bringen. Gefragt ist es auch, technische Probleme gemeinsam zu lösen, das Flugplatz-Gelände und seine Einrichtungen in Ordnung zu halten, mit dem Piloten-Nachwuchs zu lernen und sich immer dann beizustehen, wenn es das Leben fordert.

Dass es angehenden Segelfliegern nicht schadet, außer einem Sinn für Gemeinschaft einen verständnisvollen Lebenspartner zu haben, bestätigt Olaf Löhrke aus Nachfrage: In der Saison verbringen die Mitglieder vom Luftsportverein Salzwedel den größten Teil ihrer Freizeit in Klein Gartz, zwischen Wolkentürmen, Hangar und Landebahn. Bei vielen Himmelstürmern, die ihr Herz für den Wandersegelflug entdeckt haben, ist es zudem die Aufgabe des Partners, der Strecke mit Auto und Anhänger zu folgen, um dem Piloten in sochen Fällen zur Seite zu stehen, in denen ihn sein Können, das Glück und der Aufwind verlassen.