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Salzwedel Land und Freie Liste stellten gemeinsamen Antrag Stadtrat soll sich von Adolf Hitler distanzieren

Von Philip Najdzion 25.01.2013, 01:19

Die einstige Ehrenbürgerwürde von Adolf Hitler sorgt für Widerstand. Zwei Fraktionen wollen sich davon distanzieren.

Salzwedel l Hitler Salzwedels Ehrenbürger - das war einmal. Die Ehrenbürgerschaft endet mit dem Tode. Doch das ist zwei Fraktionen des Stadtrates nicht genug. Sie wollen ein Zeichen gegen die Entscheidung der Stadtverordneten von vor 80 Jahren setzen.

Mitglieder der Fraktionen Salzwedel Land, Freie Liste für Salzwedel und Die Linke haben sich bereits bei Stadtarchivar Steffen Langusch über die Akte Hitler informiert.

Ein Blick zurück in das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte: Es ist der 6. April 1933 in Salzwedel - erste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Die Abgeordneten beschließen, dem damaligen Reichskanzler Hitler und Reichspräsident von Hindenburg die Ehrenbürgerschaft der Stadt Salzwedel zu erteilen und zwei Straßen nach ihnen zu benennen. Der Antrag kam von der NSDAP-Fraktion. Das Ergebnis: einstimmig. Sechs Sozialdemokraten stimmten nur gegen die Dringlichkeit des Antrages, einer fehlte, ebenso der einzige Kommunist. So steht es zumindest im Salzwedeler Wochenblatt vom 7. April 1933.

Erschreckend, aber Salzwedel war da keineswegs allein. Einen Eindruck, dass es an vielen Orten ähnlich abgelaufen sein wird, liefert folgende Antwort aus Hitlers Kanzlei: "Die augenblicklich starke Überlastung der Kanzlei macht zurzeit eine sofortige Bestätigung der täglich für den Führer in großer Zahl eingehenden Anträge um Annahme der Ehrenbürgerschaft (...) unmöglich."

Hitler hat die Urkunde aus Salzwedel aber nie persönlich entgegen genommen. Die Salzwedeler Delegation musste im August 1934 mit einem Adjutanten vorlieb nehmen. "Der Führer lässt dafür seinen aufrichtigen Dank ausrichten", schrieb Hitlers Kanzlei zurück.

Mehr gibt es zu dem Thema Hitler in den Akten der Stadt kaum, zum Beispiel noch einen sehr pathetischen Geburtstagsgruß von Bürgermeister Karl Isernhagen, "ein sehr strammer Parteigenosse", so Langusch.

Hitler hat sich zudem wohl niemals in ein Ehrenbuch der Stadt eingetragen. Er konnte es gar nicht. "Mir ist kein anderes Ehrenbuch als das aktuelle bekannt und in den Akten ist auch keins erwähnt", sagt Steffen Langusch. In dem aktuelle Ehrenbuch der Stadt dürfen sich besondere Gäste ebenso verewigen wie Ehrenbürger. Es beginnt mit einem Eintrag von Rita Süßmuth aus dem Jahr 1990. Der derzeit letzte Eintrag ist der von Salzwedels einziger Ehrenbürgerin Helga Weyhe.

Zudem erlischt die Salzwedeler Ehrenbürgerwürde mit dem Tod. Im Salzwedeler Archiv findet sich hierzu ein Brief des Reichsinnenministeriums von 1936.

Von Hindenburg hat seine Urkunde niemals in den Händen gehalten. Er starb lange bevor der Entwurf überhaupt fertig geworden war.

Der Stadtrat solle sich von den damals beschlossenen Ehrenbürgerschaften distanzieren, fordern die Fraktionen Salzwedel Land und Freie Liste für Salzwedel in ihrem Antrag. Eine Streichung aus Ehrenbüchern hätte sich erübrigt, da es keinen Eintrag gibt. Zur Begründung schreiben die Fraktionen, dass Hitler und von Hindenburg "durch ihr menschenverachtendes Verhalten und Handeln eines weiteren ehrenden Gedenkens in keiner Weise würdig sind".