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Wasserqualität Sauerstoffmangel im Arendsee

Wissenschaftler werten regelmäßig Daten einer Messstation am Arendsee aus. Diese bieten aktuell wieder Anlass zur Sorge.

Von Christian Ziems 18.01.2021, 09:44

Arendsee l Kritische Sauerstoffbedingungen: Diese Einschätzung gibt es vom Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei mit Blick auf den Arendsee. Darauf lassen Messdaten aus dem Jahr 2020 schließen. Sie wurden im Wasserbereich zwischen 20 sowie 48 Metern gesammelt.

Die Messstation direkt auf dem Arendsee liefert das ganze Jahre über verschiedene Werte. Ermittelt wird auch im Wasser. Das zuständige Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei mit Sitz in Berlin hat auf Anfrage der Volksstimme eine Zusammenfassung für 2020 zur Verfügung gestellt.

Insbesondere in einem Detail-Bereich gibt es negative Entwicklungen. „Im Tiefenwasser waren die Sauerstoffverhältnisse am Ende des Sommers extrem kritisch“, macht Dr. Michael Hupfer, Abteilungs- und Forschungsgruppenleiter Chemische Analytik und Biogeochemie, deutlich. Der niedrigste in der Blauen Perle ermittelte Wert wurde am 1. November registriert. Die mittlere Konzentration betrug damals laut den Wissenschaftlern ein Milligramm pro Liter (mg/L).

Die Sauerstoffsätigung lag damit bei rund acht Prozent. Zum Vergleich: 2018 sowie 2019 waren es im vergleichbaren Zeitraum 4,4 beziehungsweise 2,4 mg/L. „Im Jahr 2020 trat im Herbst ein vollständiger Sauerstoffschwund ab einer Tiefe von 32 Metern auf“, so Michael Hupfer und verweist auf die Auswirkungen: „Diese Sauerstoffbedingungen sind für Fische und andere sauerstoffbedürftige Organismen lebensfeindlich. Sie können nur in darüber liegende Wasserkörper ausweichen.“ Eine andere Situation gibt es an der Oberfläche des Sees. Dort lag die Sauerstoffsättigung um die 100 Prozent.

Was müsste aus wissenschaftlicher Sicht getan werden, damit sich die Sauerstoffkonzentration im Arendseer Tiefenwasser wieder dauerhaft erhöht und keine kritischen Werte mehr erreicht werden? Mit dieser Frage befassen sich Michael Hupfer und sein Team.

Der Wissenschaftler ging bei der Antwort darauf zunächst auf die Ursachen ein. Die Algen, bei denen es sich fachlich ganz korrekt ausgedrückt um Phytoplankton handelt, seien verantwortlich für die Entwicklung, die seit Jahren und Jahrzehnten ein Thema ist. Genau genommen geht es um eine übermäßige Vermehrung an der Oberfläche. Diese ist auch immer wieder sichtbar und sorgt für Diskussionen sowie kurzzeitige Einschränkungen beim Badebetrieb. Dies betraf zum Beispiel 2020 das kommunale Strandbad für einige Tage. Ein unangenehmer Geruch gehört zu den spürbaren Auswirkungen der zeitweiligen massenhaften Entwicklung.

Die Algen versorgen das Tiefenwasser mit „einem Regen“ toter organischer Substanz. Beim Abbau wird Sauerstoff verbraucht. Es entsteht auch Schwefelwasserstoff - betonen die Wissenschaftler.

„Ursache für die hohe Produktion von Biomasse in den oberen Wasserschichten ist die viel zu hohe Phosphorkonzentration. Hier muss man ansetzen“, erklärt Michael Hupfer und weiter: „Der Phosphor ist der Nährstoff, der die Produktion von Biomasse steuert. Wir wissen aus Experimenten und der Auswertung von Langzeitdaten, dass sich die Sauerstoffsituation im See sehr schnell erholen würde, wenn die Biomasseproduktion zurückgeht.“

Es gibt für die Blaue Perle zwei Möglichkeiten, um die Situation zu verändern. Dazu gehört das Stoppen der Einträge von Phosphor. Die Quellen sind bis ins letzte Detail allerdings noch unklar. In der Vergangenheit fanden Wissenschaftler aber zumindest heraus: In den See fließendes Grundwasser spielt eine Rolle. Selbst wenn jeglicher Phosphor vom Gewässer fern gehalten werden könnte, würde es dauern, bis eine Wirkung zu verzeichnen ist. „Die Zeit haben wir eigentlich nicht, wenn man die Entwicklung der Sauerstoffverhältnisse sieht“, machte Michael Hupfer deutlich.

Ins Gespräch gebracht wird vom Leibnitz-Institut ein Ausfällen mit chemischen Mitteln. „Eine sehr unmittelbare Wirkung hätte die Ausfällung von Phosphor und die nachfolgende Festlegung im Sediment“, unterstreicht der Abteilungsleiter und erklärt abschließend: „Es gibt auch Beispiele, dass das Tiefenwasser von Seen künstlich belüftet wird. Damit kann man die Symptome mindern aber nicht die Ursachen ausschalten (zu hoher Phosphor).“

Das Ausfällen wurde immer wieder, teilweise kontrovers, öffentlich diskutiert. Es gibt bei Einheimischen auch Kritik und die Sorge, die Umwelt insgesamt könnte leiden. Der Eigentümer des Arendsees, das Land Sachsen-Anhalt, hat diese Seesanierung bereits vor Jahren auf die Tagesordnung gehoben. Dass bürokratische Prozedere dauert seit 2015 an.

Bevor das zuständige Kreis-Umweltamt die nötige Genehmigung zum Ausfällen des Phosphors eventuell erteilt, muss noch eine Studie, in der die Auswirkungen auf Flora und Fauna im Mittelpunkt stehen, ausgewertet werden. Dieses Papierwerk wurde unter der Regie des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft im zweiten Halbjahr 2020 fertig gestellt.