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Wohnungswirtschaft Mietschulden wegen Corona?

In Salzwedel haben nicht viele Mieter von der Möglichkeit der Stundung Gebrauch gemacht.

Von Antje Mewes 13.09.2020, 03:00

Salzwedel l Kurzarbeit oder schlimmstenfalls Jobverlust, Zuhause bleiben wegen Kinderbetreuung, weil Kitas geschlossen waren – die Corona-Pandemie ist auch finanziell eine Herausforderung. Damit nicht noch der Rausschmiss aus der Wohnung wegen nicht gezahlter Miete droht, hat die Bundesregierung das Gesetz geändert (siehe Infokasten). Vermieter durften Säumigen nach drei fehlenden Mietzahlungen die Wohnung nicht mehr kündigen. Zudem war eine Stundung zu gewähren – allerdings für einen begrenzten Zeitraum von drei Monaten.

Für die Mieter der Salzwedeler Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) war das kein Thema. Gerade einmal fünf hatten deswegen angefragt, wie Geschäftsführer Christian Märtens erklärt. Allerdings sei an der schleppenden Zahlungsweise zu merken, dass die finanzielle Lage der Bevölkerung schwieriger wird. „Die Ausfallquote“, also wenn Mietzahlungen ganz ausbleiben, sei ebenfalls leicht gestiegen. Der Geschäftsführer befürchtet, dass sich diese Situation verschärft. Die Krise sei längst nicht überwunden und irgendwann seien Reserven aufgebraucht. „Als kommunales Unternehmen übernehmen wir da natürlich soziale Verantwortung. Auch bei Zahlungsunfähigkeit, werde der Mieter nicht gleich vor die Tür gesetzt, wenn er glaubhaft eine Notlage begründen kann und ein Ausweg in Sicht ist. Allerdings gebe es auch Leute, die ihre Miete vom Jobcenter überwiesen bekommen, aber trotzdem nicht zahlen und dies mit Corona begründen. Das sei natürlich eine andere Sachlage.

Die Pandemie hatte auch vorübergehende Auswirkungen auf die Neuvermietung. Es seien im Mai/Juni weniger Verträge abgeschlossen worden als sonst üblich. Daraus ergebe sich ein geringfügig höherer Lehrstand. „Das ist wirtschaftlich aber nicht bedrohlich“, sagt Märtens. Der Wobau, die 2421 Wohnungen im Bestand hat, gehe es gut.

Bei der Wohnungsbaugenossenschaft Stadt Salzwedel sind die Mieter als Mitglieder gleichzeitig Miteigentümer ihrer Wohnungen, erklärt Oliver Krieshammer vom Vorstand. Das gebe ihnen eine grundsätzliche Sicherheit. Dennoch könnten auch sie in finanzielle Not geraten, „die jedoch im Rahmen der genossenschaftlichen Möglichkeiten immer mit großer Toleranz betrachtet wird – nicht nur bei Corona“, sagte er. Wenn ein Mitglied in Schwierigkeiten sei, würden Stundung und Ratenzahlung „nicht als Besonderheit verstanden.“ Wenn begründete temporäre Engpässe bestehen, sei dies auch unabhängig von Corona möglich.

Bisher hätten nur wenige Mitglieder davon Gebrauch gemacht. Bei einer sehr langen Dauer der Pandemie könnte aber aufgrund intensiver Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt eine Zunahme von Notlagen zu verzeichnen sein, schätzt er ein.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Genossenschaft seien bislang gering. Indirekt komme es zu Verzögerungen bei Baumaßnahmen und Modernisierungen. Das führe zum Beispiel zu einem späteren Einzug von Nutzern. Höhere Kosten verursache beispielweise der Aufwand für zusätzliche Hygienemaßnahmen bei Handwerken und anderen Geschäftspartnern. Der Leerstand bei Wohnungen sei unverändert.

Das pünktliche Zahlen der Miete sollte Priorität haben, empfiehlt Angela Mattke vom Mieterbund Stendal, der eine Außenstelle in Salzwedel hat. Die Wohnung sei der Lebensmittelpunkt. Stundungen sollten wie ein verzinstes Darlehen angesehen werden. „Sie müssen zurückgezahlt werden, das sollte man nicht vergessen“, sagt sie. Sie rät, lieber bei anderen Dingen zu sparen. Wenn Geld fehlt, helfe es nicht, „den Kopf in den Sand zu stecken.“ Besser sei, auf den Vermieter zuzugehen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Sie befürchtet, dass sich für viele Familie die Lage noch verschärfen wird. „Die Reserven reichen nicht ewig“, sagt sie.