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Aufarbeitung Was bleibt von den Stasi-Vorwürfen?

Die AfD-Fraktion im Schönebecker Stadtrat hat den Rücktritt von Roland Claus gefordert.

Von Jan Iven 10.09.2019, 11:01

Schönebeck l Die Stasi-Vorwürfe begleiten den Schönebecker Stadtrat Roland Claus (Linke) nun schon seit fast 13 Jahren. Damals kam der Immunitätsausschuss des Bundestages zu dem Schluss, dass der Linken-Politiker zu DDR-Zeiten als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für die Staatssicherheit gearbeitet hat. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Claus hat die Vorwürfe immer bestritten. Nachdem die rechtspopulistische AfD im Schönebecker Stadtrat wegen dieser Anschuldigungen zuletzt dessen Rücktritt gefordert hat, will sich Roland Claus nun bei der Stadtratssitzung am Donnerstag zu dem Thema äußern.

„Der Immunitätsausschuss hat damals keine Beweise für meine angebliche Stasi-Mitarbeit vorlegen können“, sagte Roland Claus der Volksstimme. So wurde keine Unterschrift gefunden, mit der inoffizielle Mitarbeiter normalerweise ihre Tätigkeit aufgenommen und einen Decknamen angenommen haben. Auch Berichte des IM Peter Ahendt, unter dessen Namen Claus laut Bericht des Immunitätsausschuss geführt wurde, seien bisher nicht aufgetaucht. „Ich war nie als IM tätig“, sagte der Linke.

Als Belege führte der Immunitätsausschuss seinerzeit einen zehnseitigen Bericht der Stasi über den IM Peter Ahrendt an, in dem auch Roland Claus namentlich für seine gute Zusammenarbeit gelobt wird. „Ich kann mir das nur so erklären, dass die Stasi gern mit mir zusammengearbeitet hätte“, sagte der Linken-Politiker. Möglicherweise würden sich die Berichte auch auf die offiziellen Kontakte beziehen, die er als FDJ-Bezirkssekretär zur Stasi hatte. Dabei sei es aber ausschließlich darum gegangen, mögliche, fähige Leute für den Staatsdienst zu empfehlen. Näher ging Roland Claus darauf jedoch nicht ein.

Nach eigenen Angaben hatte sich Roland Claus auch darüber gewundert, dass das Thema 2006 überhaupt noch einmal aufgerollt worden war. Denn bereits nach seiner Wahl in den Landtag von Sachsen-Anhalt und den Bundestag war er bereits auf eine mögliche inoffizielle Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit überprüft worden – ohne Auffälligkeiten.

2005 tauchte der Name von Roland Claus schließlich doch noch in den sogenannten Rosenholzdateien auf. Dabei handelt es sich um 350 000 Dateien des Auslandsgeheimmdienstes der DDR, die die USA 2003 zurück an die Bundesrepublik übergeben hatten. In den Dateien waren DDR-Spione im Westen sowie Reisekader aufgeführt. Darunter befanden sich auch die zehn Seiten über Roland Claus. „Ich war aber weder Westbürger noch Reisekader“, sagte der Linken-Politiker. So habe er zu DDR-Zeiten nur an einer einzigen Reise von Jugendtourist nach Hamburg teilgenommen. Wieso sein Name in den Rosenholz-Dateien auftauchte, könne er sich daher nicht erklären.

Nach der Bundestagswahl 2005 entschieden sich die Linken gegen eine erneute Überprüfung ihrer Abgeordneten auf eine Stasi-Vergangenheit. „Wir wollten damals ein Zeichen setzen“, sagte Claus. 15 Jahre Aufarbeitung seien genug, so die Partei. Man wollte sich nicht mehr ständig in der politischen Auseinandersetzung damit beschäftigen.

Doch obwohl sich die Linke einer Überprüfung verweigerte, sind die zehn Seiten über Roland Claus aus den Rosenholzdateien damals an die Öffentlichkeit gelangt. Der Politiker vermutet, das die Unterlagen an einige Medien durchgestochen wurden. „Weder das Parlament noch die Medien haben mich daraufhin aber so eingeschränkt, dass ich meine Arbeit nicht mehr machen konnte“, sagte Claus.

Damit will er sagen: Der Bericht des Immunitätsausschusses über seine Stasi-Mitarbeit sei nicht besonders ernst genommen worden. Selbst die Grünen hätten im Immunitätsausschuss gegen den Bericht gestimmt. „Und die nehmen solche Sachen sehr genau.“

Dass das Thema nach seiner Wahl in den Stadtrat noch einmal auf die Tagesordnung gekommen ist, hat Claus nicht sonderlich überrascht. Er habe es aber auch nicht unbedingt erwartet. „Das ist schließlich alles schon lange bekannt“, sagte er. Auch in seiner Partei seien die Vorwürfe besprochen worden, bevor er für die Wahlen zum Stadtrat und zum Kreistag aufgestellt wurde.

Dass die AfD nun seinen Rücktritt gefordert hat, berührt Claus nicht sonderlich. „Ich sehe das gelassen“, sagte er. Mit der Partei müsse man sich politisch und inhaltlich auseinandersetzen. „Ich kann nur davor warnen, die AfD so auszugrenzen wie unsere PDS in den 1990er Jahren. Das macht die nur stärker“, sagte Claus. Von der Schönebecker Fraktion habe er noch nicht viel gesehen: „Ich habe das Gefühl, dass die AfD in Schönebeck fachlich überfordert ist.“

So hatte die Partei in einem Antrag für den Stadtrat gefordert, dass Claus zurücktreten soll. Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) hatte jedoch im Hauptausschuss angekündigt, den Antrag zurückzuweisen. Denn der Stadtrat könne gar nicht über einen Rücktritt einzelner Mitglieder abstimmen. Der Ausschuss lehnte den Antrag daher auch ab.

Die Linken wollen sich noch darüber beraten, wie sie sich zu einer erneuten Überprüfung der Stadträte auf eine Stasi-Mitarbeit positionieren wollen, falls diese vorgeschlagen werden sollte. Roland Claus sieht dafür aber keinen Bedarf mehr.