Historisch Barby: Botschaften von 1934 im Fundament entdeckt
Bei der Sanierung eines Hauses in der Barbyer Weinbergsiedlung stießen die Besitzer auf eine Überraschung: Im Mauerwerk befand sich eine Zigarrenschachtel aus Blech, in der eine Botschaft vom Juni 1934 für die Nachwelt erhalten blieb.

Barby - Bei der Sanierung ihres Elternhauses staunte Nancy Matz nicht schlecht: Bei Trockenlegung des Fundamentes kam eine Zigarrenkiste aus Blech zum Vorschein. Darin befanden sich zwei Papiere, die beim Bau des Hauses 1934 vermauert wurden. Eine Doppelseite der „Barbyer Zeitung“ berichtet aktuell vom „Richtfest in der Kleinsiedlung Weinbergsweg“.
„Familie Rehse, die voriges Jahr den Anfang machte, wird nicht vereinsamt bleiben: 15 Siedlerfamilien gesellen sich zu ihr, und frohes Leben wird die Feldflur am Weinbergswege erfüllen“, schreibt das Blatt. Erwähnt wird neben Bürgermeister Metzig auch der Magdeburger Architekt Kurt Sabatzki von der Mitteldeutschen Heimstättengesellschaft, der die Planung übernahm. (Wenig später gelang Sabatzki der Umbau des mittelalterlichen Barbyer Rathauses zu einem modernen Verwaltungsgebäude.)

Die Siedler hatten ihr Richtfest schon eine Woche zuvor gefeiert. Die Stadtverwaltung wollte aber diese inoffizielle und feuchtfröhliche Feier durch einen offiziellen Festakt politisch nutzen.
Bürgermeister Friedrich Metzig würdigt die Umstände, lässt aber auch nationalsozialistische Propaganda folgen: „Meine lieben Volksgenossen! Meine lieben Siedler! Nach einer Statistik vom 1. August 1933 waren in Deutschland rund 80.000 Geisteskranke, Idioten und Epileptiker auf Kosten der Gemeinden, auf Kosten der Steuerzahler in öffentlichen Anstalten untergebracht. Wenn diese Mittel zum Bau von Siedlungshäusern aufgewendet worden wären, oder jetzt aufgewendet werden können, dann sähe es anders in unserem deutschen Vaterlande aus.“ Der „neue Staat“ wolle Eigenheime für Arbeiter schaffen und die „Erbgesundheitspflege“ fördern.

Der Tenor von Bürgermeister Friedrich Metzigs Rede: Die Siedlung konnte erst durch das Wirken des Nationalsozialistischen Staates entstehen.
In diese Kerbe haut auch Paul Rummel (29), der zuvor mit seiner Familie in der B-Straße (heute Karl-Liebknecht-Straße) wohnte. Nach seinen Worten waren es „einige Volksgenossen und Arbeiter“ aus den Maizena-Werken, die bei der Stadtverwaltung den Wunsch kund taten, eine Siedlung zu bauen. Doch „das Großkapital“ habe die Finanzierung abgelehnt. Wie Paul Rummel schreibt, bewilligte der neue Staat 36000 Mark, die Stadt Barby stellte den Baugrund. Der Bauunternehmer Ernst Schmidt wurde mit der Ausführung beauftragt. Unterstützt wurde er von den Siedlern, die überwiegend Maizena-Beschäftigte oder Arbeitslose waren. Rummel spricht von 300 Stunden Eigenleistung.

Nach Fertigstellung der Häuser fand deren Verlosung statt. Damit wollte man sicherstellen, dass sich kein frisch gebackener Hausbesitzer benachteiligt fühlte. „Am 1. August 1934 ziehen wir in unser Heim ein“, schreibt Paul Rummel am Ende seines Berichtes.