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Brandstiftung Angeklagter im Prozess freigesprochen

Der Brandstifter-Prozess in Schönebeck endete für den angeklagten Magdeburger mit einem Freispruch. Die Beweise reichten nicht aus.

Von Bernd Kaufholz 21.10.2017, 08:00

Schönebeck l Bis zum vorletzten Prozesstag hatte es noch so ausgesehen, als ob Kevin R. am 4. Mai dieses Jahres auf dem Hinterhof eines Mietshauses im Schönebecker Breiten Weg einen großen Holzschuppen in Brand gesteckt hat. Die schwarze Rauchwolke war an jenem Frühlingsmorgen weithin sichtbar. Der Tatverdacht war so dringend gewesen, dass am nächsten Tag Haftbefehl erlassen worden war.

Außerdem war der 22-Jährige angeklagt worden, am Brandtag einen nächtlichen Trinkkumpanen, der in einer Parterrewohnung mit Blick zum Hof, auf dem das Feuer ausgebrochen war, mit einem Teleskopschlagstock verletzt zu haben. Der Grund, so die Anklage, sei gewesen, dass R. vom späteren Opfer einen Rucksack zurück haben wollte, den er nach der durchzechten Nacht und dem fluchtartigen Verlassen der Wohnung nach Brandausbruch, wiederhaben wollte.

Der Angeklagte hatte vom ersten Prozesstag an bestritten, etwas mit beiden Taten zu tun zu haben. Er hatte lediglich eingeräumt, dass es eine „Rangelei“ an der Wohnungstür gegeben habe und er zuerst mit der Stahlrute bedroht worden war.

Um Klarheit über den Ausbruch des Feuers zu bekommen, hatte das Schöffengericht zum letzten Verhandlungstag einen Brandsachverständigen des Landeskriminalamts (LKA) geladen. An einem Prozesstag zuvor hatte schon eine Expertin des Schönebecker Revierkriminaldienstes ausgesagt. LKA-Mann Heinz Fiedler rüttelte gestern allerdings kräftig an der Indizienkette, die bis dahin auf „mutwillige Brandstiftung“ hingewiesen hatte.

Anders, als seine Schönebecker Kollegin, schloss er nicht aus, dass die sogenannte Brandstraße, die von einem Baum etwa sechs Meter weit bis zum Schuppen verlief, auch das nachträgliche Ergebnis des Feuers gewesen sein könnte. Zuvor hatte der Verdacht bestanden, dass die „Brandstraße“ entstanden war, weil jemand brennbare Flüssigkeit vergossen und am Baum angezündet hatte.

Auch die These, dass der Angeklagte sein Deospray als „Flammenwerfer“ benutzt haben könnte, um das Feuer zu legen, verwies Fiedler ins Reich von „eventuell möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich“. Die Spraydose war zwar auf dem Hof gefunden worden, aber der Brandsachverständige schilderte, dass ständig ein brennendes Feuerzeug beim Sprühen unter die Düse gehalten werden müsse, um eine Flamme zu erzeugen.

Der Mitarbeiter eines Wachschutzunternehmens, der gestern von der Polizei in den Gerichtssaal gebracht wurde, weil er bereits zweimal als Zeuge geladen, aber jedes Mal nicht gekommen war, konnte kaum etwas dazu beitragen, um Licht in das Geschehen zu bringen. Der Mieter der Wohnung, in der der Angeklagte und das vermeintliche Schlagstockopfer die Nacht zum Tag gemacht hatten, war erst aufgewacht, als der Schuppen schon in hellen Flammen gestanden hatte.

Richter Bruns sagte in seiner Urteilsbegründung, dass „nicht mit hinreichender Sicherheit“ feststehe, dass der Brand mutwillig gelegt worden sei. „Es ist auch möglich, dass Asche unsachgemäß in einer blauen Tonne entsorgt worden ist, wie es von der Feuerwehr anfangs vermutet wurde.“

Die Tatsache, dass sich in einer Flasche im Hinterhof nur noch etwa ein Drittel Grillanzünder befand und laut Zeugenaussage damit bereits am Vorabend des Brandes Holzkohle angezündet worden war, spreche eher dagegen, dass der flüssige Anzünder als Brandbeschleuniger benutzt wurde. Laut LKA sei die Menge zu gering gewesen. „Die Indizienkette, die auf R. deutete, ist damit zerbrochen. Und Tatzeugen gibt es nicht“, so Bruns. Dass der Angeklagte den Brand mit dem Handy gefilmt habe, anstatt die Feuerwehr zu alarmieren, sei zwar „äußerst unüblich, aber nicht strafbar“.

Im Falle der gefährlichen Körperverletzung stehe Aussage gegen Aussage. „Möglicherweise hat sogar der Zeuge zuerst zugeschlagen, der Angeklagte hat ihm den Schlagstock entwunden und in Notwehr gehandelt.“ Die zähe Aussage der Ex-Freundin des Magdeburgers, die bei der Auseinandersetzung an der Wohnungstür dabei gewesen war und R. bei der Polizei belastet hatte, habe die Täterfrage nicht beantworten können. „Im Zweifel für den Angeklagten“, so Bruns.

Vor dem Urteil des Schöffengerichts hatten sowohl Staatsanwalt, als auch Strafverteidiger in ihren Schlussanträgen Freispruch beantragt. Für die 150 Tage in Untersuchungshaft wird der Freigesprochene mit 4250 Euro entschädigt.