Chronik erinnert an die Arbeit illegaler Ortsgruppen, die gegen das Hitlerregime wirkten Damals lebensgefährlich: Antifaschistische Parolen in der "roten Maizena" Barby
Die "Chronik der Stadt Barby von 1900 bis 2000" von Dieter Engelmann und Heinz Ulrich berichtet davon, dass es ab 1935 zu einem organisierten Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime in Barby kam.
Barby l Dieter Engelmann gibt in der Chronik zahlreiche Quellen an, die die Zeit des Nationalsozialismus erhellen. Darunter den Pömmelter Ortschronisten Heinz Warnecke, das Landeshauptarchiv oder Forschungsergebnisse des Historikers Andreas Radespiel.
Illegale Ortsgruppen wirkten im Untergrund
Engelmann schreibt: "Widerstand regte sich vor allem bei Mitgliedern und Anhängern der beiden verbotenen Arbeiterparteien SPD und KPD, aber auch bei parteilosen Arbeitern. In einer Broschüre der ehemaligen Bezirksleitung der SED Magdeburg heißt es generalisierend und in der Diktion der damaligen Geschichtsschreibung dazu: "Ungefähr 400 Genossen der KPD kämpften trotz Verbot und Terror in der illegalen Organisation der Unterbezirksleitung Schönebeck ... Illegale Organisationen der SPD, wie die Ortsgruppe der SPD in Calbe und Barby, fanden den Weg zu ihren Klassengenossen der KPD und kämpften Schulter an Schulter gegen den gemeinsamen Feind." Weiter wird dargestellt, dass es neben Calbe, Schönebeck und Barby auch noch in Pömmelte, Wespen und Groß-Rosenburg illegale Ortsgruppen der KPD gegeben haben soll. Ob es sich dabei um organisatorisch feste Strukturen gehandelt hat, lässt sich nicht nachweisen. Fest steht jedoch, dass es unter den Bedingungen der NS-Diktatur auch in Barby Ansätze einer Zusammenarbeit von sozialdemokratischen, kommunistischen und parteilosen Arbeitern gab. In Calbe wirkte in dieser Zeit eine Einheitsfront, die nach der in Folge von Verhaftungen 1936 aufgelösten Unterbezirksleitung der KPD Schöneheck den Kampf gegen die NS-Diktatur fortsetzte. In ihr wirkten auch Barbyer Arbeiter mit. Ihr Hauptbetätigungsfeld waren größere Betriebe wie die Chemische Fabrik in Calbe und die ¿rote Maizena\' in Barby."
Schon im Sommer 1935 tauchten in der Traubenzuckerfabrik Losungen auf wie "Rot Front" und "Volk erwache, Deutschland liegt im Bache!"
Wände mit "staatsfeindlichen Äußerungen beschmiert"
Engelmann weiter: "Daraufhin veranlassten der Bürgermeister als Chef der Ortspolizeibehörde und der Ortsgruppenleiter der NSDAP Ermittlungen zur Untersuchung wegen des Beschmierens von Wänden mit staatsfeindlichen Äußerungen.\' Gleichzeitig wurden alle Angestellten und Beamten der Stadt überprüft, ob bei ihnen ein Zusammenhang mit kommunistischer Betätigung vorliegt. Außerdem ließ man eine Liste der bekannten Sozialdemokraten anfertigen, um auch gegen diese auf eine mögliche konspirative Tätigkeit recherchieren zu können."
Vermutlich 1946 wurde vor dem Barbyer Schloss ein VVN-Gedenkstein enthüllt, der die Namen von Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten trägt, die während der NS-Zeit umkamen. Der Steinmetzmeister Wilhelm Ulrich hatten ihn geschaffen.
Die Abkürzung VVN steht für die "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes" und ist mit einem roten Dreieck verbunden, dem Kennzeichen, welches die politischen Häftlinge in den Konzentrationslagern tragen mussten. In Barby fehlt dieses Symbol allerdings.
Um den Menschen zu helfen, die unter Verfolgung und Terror des Nationalsozialismus besonders zu leiden hatten, wurde bereits im Juni 1945 in Berlin ein Hauptausschuss "Opfer des Faschismus" gebildet. Er wollte die soziale und kulturelle Betreuung der Opfer organisieren, ohne Rücksicht auf deren Parteizugehörigkeit und Konfession. Aus dieser Bewegung "Opfer des Faschismus" ging 1947 eine politisch selbständig agierende Vereinigung, die genannte VVN, hervor. Sie knüpfte in ihrer Tätigkeit an den von den Überlebenden des KZ Buchenwald am 19. April 1945 geleisteten Schwur an, nicht eher ruhen zu wollen, bis auch der letzte Schuldige des nationalsozialistischen Massenmordes "vor den Richtern der Völker steht". Der Vereinigung gelang es aber nicht, ihren überparteilichen Charakter zu wahren. Kontroversen belasteten die Organisation, besonders angesichts des beginnenden Kalten Krieges und dem damit verbundenen stärkeren Einfluss der SED in der SBZ/DDR auf die Vereinigung. Die VVN wurde 1953 aufgelöst.
Die "Chronik der Stadt Barby von 1900 bis 2000" ist nahezu vergriffen, einige Exemplare sind noch beim "dr. ziethen verlag" Oschersleben erhältlich