Geschichte Der Blaue Schönebecker im Fokus
Zum Traktorenjubiläum blickt nun auch der MDR auf den ZT 300. Am Freitag wurde im Industriemuseum Schönebeck ein Film aufgeführt.
Schönebeck l Der ZT 300 lebt. Zumindest in den Erinnerungen vieler Traktorenwerker und Schönebecker Bürger. Nachdem die Volksstimme schon im Februar dieses Jahres ausführlich über das besondere Jahr 2017 für den ZT 300 berichtete, vor 50 Jahren nämlich rollte der erste Traktor dieser Serie vom Band, entdecken nun auch Fernsehsender aus Magdeburg und Mainz die Bedeutung des einstigen Produktes „Made in Schönebeck“.
Wie Georg Plenikowski, Präsident des Industriemuseums Schönebeck, der Volksstimme berichtete, waren in den vergangenen Wochen und Monaten das MDR-Fernsehen und das ZDF im Industriemuseum, um die wohl einmalige Erfolgsgeschichte des Traktors filmisch nachzuskizzieren.
Das Fernsehen des Mitteldeutschen Rundfunks macht am Dienstag mit seiner Ausstrahlung den Anfang. Das Landesfunkhaus Sachsen-Anhalt und das Industriemuseum luden am Freitagabend nun zur Vor-Aufführung des 30-minütigen Hintergrundstreifens ein. Zu sehen bekamen die Zuschauer alte Schwarz-Weiß- und Farb-Dokumente aus dem Traktorenwerk.
Pflügen, ernten, schleppen – dafür sind sie noch heute bekannt, die Traktoren aus der Elbestadt. Ob flexibler Ein-Mann-Traktor oder starker Ernteschlepper: Was hier gebaut wurde, prägte die Landwirtschaft der DDR und vieler Länder weltweit nachhaltig und wurde in dem Film ausführlich erläutert.
Was kaum jemand weiß: Auch in anderer Hinsicht war das Traktorenwerk Vorreiter – so bei der Gleichstellung der Frau. Anfang der siebziger Jahre lautete die Devise: „Frauen auf die Maschinen!“ Das MDR spürte Inge Geiger auf. Das damals junge Mädchen folgte dem Ruf des Traktorenwerkes und begann eine Lehre zur Montageschlosserin. Ihr kam später noch eine besondere Rolle zu, wie der MDR berichtet: Bei großen Messen präsentierte sie die Traktoren und wurde zur lebendigen Werbefigur.
Diese damals recht ungewöhnliche Marketingstrategie erzielte Wirkung. Zigtausende Traktoren wurden zu DDR-Zeiten ins Ausland exportiert. Das lag vor allem an der Qualität der Produkte. Der ZT 300, der im September 1967 zum ersten Mal vom Band lief, wurde zum Dauerbrenner: über 90 000-mal gebaut – jeder einzelne in Schönebeck. „Traktoren made in GDR“ waren gefragt in Äthiopien, in Ungarn, aber auch in Spanien und Frankreich.
Der „blaue Schönebecker“, wie der Traktor wegen seiner blauen Farbe genannt wurde, hatte einen gefederten Komfortsitz, ein geschlossenes Fahrerhaus und einen auf Gummi gelagerten Motor mit 90 PS – damals eine Meisterleistung der Konstrukteure. Davon erzählen in dem MDR-Beitrag Versuchsingenieur Dr. Erdmann Puls und Rainer Ulrich.
Nicht unerwähnt bleiben die zu DDR-Zeiten bekannten Probleme. „Als der ZT auf den Markt kam, beschwerten sich viele Landwirte: zu schwer, nicht genug Leistung, zu anfällig“, erinnert sich Inge Geiger. Den anfänglichen Problemen zum Trotz avancierte das Werk zu einem echten Vorzeigebetrieb, die Traktorenwerker zu Image-Trägern.
Noch heute bringen die Schönebecker Traktoren ihre Fans ins Schwärmen. Dennis Meyer aus Chemnitz zum Beispiel, den der MDR entdeckte: Der 39-Jährige baut in seinem Keller die Traktoren als kleine Modelle nach. Und Originale fahren auch noch, so wie in Rottelsdorf bei den Schlepperfreunden.
Bis 1999 wurde in Schönebeck Landtechnik gebaut, dann standen die Bänder endgültig still. Schon zu DDR-Zeiten deutete sich an, dass der ZT 300 und dessen Nachfolger kaum eine Chance auf dem schwer umkämpften Weltmarkt haben würden. Umso erstaunlicher ist es, dass sich heute ein studentisches Projekt in Magdeburg um die Wiederbelebung Schönebecker Traktoren bemüht. Davon und von vielen anderen Episoden wird im MDR-Beitrag berichtet. Voraussichtlich im Frühjahr 2018 zieht das ZDF nach und zeigt seinen Beitrag über „Traktoren made in Schönebeck“.
Die Geschichten rund um das Traktorenwerk Schönebeck erzählt ein Film von André Strobel in der Reihe „Der Osten – Entdecke, wo du lebst“ am Dienstag, 14. November, 20.45 Uhr im MDR-Fernsehen.