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Verkauf Deutsches Wissen soll nicht abfließen

Eine Management- und Beratungsfirma aus Shenyang (China) ist neuer Eigentümer der Teutloff Bildungseinrichtung Schönebeck.

Von Olaf Koch 27.04.2016, 18:44

Schönebeck/Shenyang l Der industrielle Hunger der Chinesen ist groß. Als Chunyan Fan, Geschäftsführerin einer Management- und Beratungsfirma sowie Gesellschafterin eines Konsortiums aus Industrieunternehmen, auf einer Pressekonferenz die Ziele der Gruppe aus Shenyang vorstellt, wird die Dimension deutlich. In dem Gebiet im Nordosten der Volksrepublik gibt es außerordentlich viele Mega-Unternehmen mit 10 000 bis 20 000 Mitarbeitern. Zudem wurde ein deutsch-chinesischer Industriepark eröffnet. Dieser wurde in der Shenyang Economy & Technological Development Zone gebaut und hat eine Fläche von insgesamt 48 Quadratkilometern. Laut offizieller Seite soll der Fokus des neuen Parks vor allem in der Förderung von Intelligence Manufacturing, der Automobilindustrie und Dienstleistungen für industrielle Produktion liegen. „Daher können Sie sich sicherlich vorstellen, dass wir dringend gut ausgebildete Arbeiter benötigen“, so Geschäftsfrau Chunyan Fan im Gespräch mit der Volksstimme.

Vor allem sind es deutsche Erfahrungen und deutsches Wissen, die die Chinesen seit Jahrzehnten schätzen. In Shenyang, wo es auch ein Deutsches Generalkonsulat gibt, geben sich sozusagen deutsche Unternehmen die Klinke in die Hand. Zudem legt die Stadtregierung großen Wert auf eine ordentliche Berufsausbildung. Derzeit gibt es in der Region 13 staatliche Berufsakademien (vergleichbar mit Berufsschulen). Und eine neue Akademie wird in Zukunft Teutloff aus Schönebeck sein. Dort sollen zunächst Facharbeiter ausgebildet werden.

Auf die im chinesischen Maßstab kleine Teutloff Schulung und Schweißtechnische Bildung gemeinnützige GmbH Schönebeck sind die Verantwortlichen aus dem Reich der Mitte durch Zufall gestoßen. Als die Schiess GmbH Aschersleben vor einiger Zeit ins unternehmerische Schlingern geriet und finanzkräftige Investoren aus China einstiegen, wünschten sie sich unter anderem, dass in ihrer Heimat Maschinenbauer nach deutschem Vorbild ausgebildet werden. „Sie wollten in China Maschinen nach europäischer Qualität produzieren“, berichtete Detlev Kiel von der IG Metall, der sich um die Belegschaft kümmerte. Er stellte schließlich den Kontakt zu Teutloff nach Schönebeck her.

Geschäftsführerin Chun-yan Fan wird nun gemeinsam mit Teutloff die Berufsakademie im deutsch-chinesischen Industriepark in Shenyang leiten. Dort soll die Ausbildung von chinesischen Facharbeitern chinesischer Firmen des Industrieparks nach dem dualen Berufsausbildungssystem der Bundesrepublik erfolgen. Dazu findet im Vorfeld die Ausbildung der Ausbilder (Multiplikatoren) in Schönebeck statt. „Wir haben derzeit 60 festangestellte Mitarbeiter, die sich mit den durchschnittlich 500 bis 800 Teilnehmern in den Maßnahmen beschäftigen“, berichtete die Geschäftsführerin von Teutloff Schönebeck, Gabriele Rotter Kiel. „Aber wir können noch gut und gerne 200 Teilnehmer mehr ausbilden.“ In einem weiteren Schritt soll dann in Shenyang selbst ausgebildet werden.

Danach können sich die chinesischen Unternehmer vorstellen, nicht nur Arbeiter auszubilden, sondern auch Fachkräfte zu qualifizieren. „Das ist bei uns in China ebenso ein wichtiges Thema“, so Chunyan Fan. Ausdrücklich legen die Gäste aus Fernost Wert darauf, dass kein deutsches Wissen abfließen soll. Im Gegenteil: Teutloff Schönebeck soll in der Struktur der Bildungsakademien Shenyang eine wichtige Rolle spielen.

Die Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern ist für Teutloff Schönebeck nicht neu. Vor rund zehn Jahren wurde beispielsweise eine Berufsschule in Rizhao aufgebaut. Außerdem kamen immer wieder Multiplikatoren zur Ausbildung in die Elbestadt.