26-jähriger Üllnitzer verdient mit dem Aufarbeiten von Wertstoffen seinen Unterhalt Die Existenz von Ronny Jeutner ist Schrott
Was für die einen Schrott ist, ist für Ronny Jeutner bares Geld. Ob alte Leiterplatten oder defekte Kabel, ob Wasserhahn oder Alu-Schüssel - Ronny Jeutner verwertet alles, wohinter sich ein lukrativer Wertstoff vermuten lässt.
Üllnitz l Vor zwei Jahren eröffnete der heute 26-Jährige in dem kleinen Staßfurter Ortsteil Üllnitz einen Elektroschrottankauf. Hinter den unscheinbaren Mauern eines alten Konsums lagert seither bergeweise Schrott. Zwei Mitarbeiter sind unentwegt damit beschäftigt, Computerlaufwerke, Trafos, Netzteile und Leiterplatten zu zerlegen. Da dies in vielen Fällen nicht händisch gelingt, entwickelte Ronny Jeutner noch vor der Eröffnung des Elektroschrotthandels seine eigene Recycling-Maschine.
Diese zerschreddert Kabel, separiert die Stoffe auf einem Nasstrenntisch und trennt so Kupfer von Kunststoffen. Für die Entwicklung dieser Maschine hat er gerade einmal zwei Wochen gebraucht, die Umsetzung dagegen zog sich über Monate hin. "Die Erstfinanzierung über die Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz Kfw, platzte", erzählt er. Erst nach langem bürokratischen Hin und Her habe er einen Kleinkredit für erwerbsfähige Hilfsbedürftige in Höhe von rund 5000 Euro bekommen.
"Das lohnt sich für mich und für den Verkäufer erst in Masse."
Inzwischen produziert Ronny Jeutner seine Recycling-Maschine auch für andere Unternehmen. Abnehmer seien kleine Elektrobetriebe, Autoverwerter und andere Recycling-Firmen. 2011 verkaufte er 14 dieser Maschinen, 2012 waren es sogar 25. Der Preis für solch einen Nasstrenntisch richtet sich nach der Größe und liegt zwischen 2500 bis 10 000 Euro.
Der Haupterwerbszweig des jungen Unternehmers ist jedoch weiterhin das Zerlegen von Elektroschrott. Von Unternehmen kauft er Buntmetalle wie Messing, Kupfer und Aluminium an. Auch Computerkomponenten, Elektromotore und Leiterplatten bringen Geld, wenn auch nicht in Massen. "Der Preis, den ich zahle, richtet sich nach dem Wertstoffgehalt", erklärt er. Für jeden PC-Tower erhalten die Kunden sogar eine kleine Vergütung und können ihren Bildschirm kostenfrei mit abgeben. Ist dieser dann in seine Bestandteile zerlegt, erhält er beim Endabnehmer den tagesaktuellen Preis für die daraus gewonnenen Wertstoffe. "Das lohnt sich für mich und für den Verkäufer erst in Masse", sagt er.
Da er von Privatanbietern aus rechtlichen Gründen keine Unterhaltungselektronik und sogenannte Weiße Ware annehmen darf, hat Ronny Jeutner sich auf Firmen spezialisiert, für die die reguläre Entsorgung von Elektroschrott eine teure Angelegenheit werden kann. Hierfür bietet er sogar eigens eine kostenlose Wertstofftonne an. "Ich habe mir gedacht, dass dies beispielsweise für Kfz-Werkstätten eine sinnvolle Angelegenheit ist", erklärt er. Die 240 Liter fassende blaue Tonne, die entsprechend gekennzeichnet ist, stelle er kostenlos auf und wenn der Inhalt es hergibt, vergütet er diesen auch. Eine Firma in Chemnitz nutze diesen Service bereits, verrät er stolz. Die Tonne kaufe er dafür direkt beim Hersteller. Eine Genehmigung, dass er diese nutzen darf, brauche er nicht, da sie rechtlich mit anderen Transportbehältnissen gleichzustellen sind, erklärt er. Genehmigt werden musste dagegen das Einsammeln, Befördern, Lagern, Behandeln und Handeln dieser Abfälle. Bewilligt haben dies das Bauamt und die Abfallbehörde in Aschersleben.
"Die Branche befindet sich im Aufschwung."
Reich ist Ronny Jeutner mit seinem Elektroschrottankauf zwar noch nicht geworden, aber "die Branche befindet sich im Aufschwung", prognostiziert er. Während andere 26-Jährige morgens gemütlich ihren Kaffee schlürfen, studiert er die aktuellen Rohstoffpreise. "Es ist in diesem Geschäft wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu sein", erzählt er.
Interessiert habe ihn die Materie schon immer. Bevor er sich selbständig machte, lernte er den Beruf des Kaufmanns im Einzelhandel, in einem An- und Verkauf in Staßfurt war er einige Jahre tätig. "Schon damals habe ich alles auseinandergenommen und sortiert. Jedoch stellte ich auch fest, dass der Handel mit Elektroschrott fernab des Wertstoffhofes in dieser Region noch nicht etabliert ist." So wurde aus einer Idee eine Mission, die den jungen Mann sehr viel Kraft und Energie kostete. "Man darf nicht einfach eine Firma aufmachen und loslegen", gibt er zu verstehen. Auf ihn warteten unzählige Auseinandersetzungen mit Ämtern und Gesetzen. Arbeiten darf er nur vor dem Hintergrund scharfer EU-Richtlinien, und umfangreicher Zertifizierungen.
"Unter Umständen arbeiten wir auch mit Schadstoffen."
"Man darf schließlich nicht vergessen, dass wir unter Umständen auch mit Schadstoffen arbeiten", sagt er. In einer Leiterplatte können sich möglicherweise giftige Flammschutzmittel, Kondensatoren und Quecksilber befinden. Auch strenge Nachweispflichten hat er deswegen zu erfüllen. "Die zentrale Koordinierungsstelle der Länder, kurz ZKS Abfall, verfolgt auf elektronischem Weg den Transport gefährlicher Abfälle vom Abfall- erzeuger bis zum Entsorger", erklärt er. Auch hinsichtlich der Annahme von Elektroschrott gibt es strenge Reglementierungen. Schließlich ist der Diebstahl von Buntmetallen zum ernstzunehmenden Problem geworden.
Abschrecken lässt Ronny Jeutner sich von den unzähligen Vorschriften dennoch nicht. Ganz im Gegenteil - er verfolgt neue Visionen. Mit dem Münchener TV-Journalisten Christian Bock will er nun nach Afrika reisen, um dort seinen Nasstrenntisch vorzustellen. "Große EU-Unternehmen verschiffen ihren Elek- troschrott nach Afrika, wo der giftige Müll einfach verbrannt wird", sagt er und hofft, dass die Menschen dort verstehen, dass Schrott, richtig recycelt, bares Geld ist.