Dr.-Martin-Luther-Straße Keine Tempo-30-Zone

Warum die Schönebecker Stadtverwaltung keine Möglichkeit für eine Verkehrsberuhigung sieht.

Von Jan Iven 08.08.2019, 03:05

Schönebeck l Iris Czech hat nichts gegen Autofahrer, wie sie sagt. „Ich war früher mit meinem tiefer gelegten Mercedes selbst gern schnell unterwegs. Aber eben nur auf der Autobahn“, betont die 62-jährige Schönebeckerin. Und nicht in einem Wohngebiet wie an der Dr.-Martin-Luther-Straße, an der Iris Czech mit ihrem Ehemann lebt. „Aber bei uns donnern die Autofahrer immer durch“, erzählt sie. Gerade für sie als schwerbehinderte Frau, die zwei Krücken zum Laufen braucht, sind die 50 Kilometer in der Stunde, die die Autofahrer vor ihrer Haustür fahren ein massives Problem. Denn wenn sie langsam die Straße überqueren will, muss sie höllisch aufpassen, damit sie nicht überfahren wird.

Wegen der ständigen Gefahr tat Czech schließlich, was brave Bürger eben so machen, wenn sie unzufrieden sind: Sie startete eine Unterschriftensammlung in ihrer Nachbarschaft für die Senkung der Höchstgeschwindigkeit in ihrer Straße von 50 auf 30 Kilometern in der Stunde. 40 Unterschriften von gleichgesinnten Nachbarn kamen damals zusammen. „Wahrscheinlich waren es sogar mehr“, sagt sie.

Mit den Unterschriften ging sie ins Rathaus und übergab die Liste Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) bei seiner Bürgerfragestunde in seinem Amtszimmer. Der Oberbürgermeister hörte sich die Sorgen an. Gleichzeitig wollte er keine falschen Hoffnungen machen und sagte relativ deutlich, dass er kaum eine Möglichkeit für eine Verkehrsberuhigung in der Dr.-Martin-Luther-Straße sehe. Trotzdem sollte die Schönebecker Stadtverwaltung den Fall noch einmal prüfen.

Daraufhin geschah ein halbes Jahr nichts. Zumindest nichts, was Iris Czech mitkommen hätte. Dabei hätte sich das Rathaus eigentlich schon innerhalb weniger Wochen melden müssen, um ihr eine Antwort zuzusenden.

Schließlich hakte die Volksstimme im Rathaus nach. Wie sich herausstellte, hatte die Stadt bereits dem damaligen Stadtrat Heinz-Günter Burghardt (CDU) bei einer Sitzung geantwortet, der sich als Unterstützer von Czech ebenfalls für ein Tempolimit ausgesprochen hatte. Doch die eigentliche Initiatorin der Unterschriftensammlung hatte man im Rathaus offenbar vergessen.

Daraufhin bekam Iris Czech schließlich doch noch Post von der Schönebecker Stadtverwaltung. In dem Schreiben steht unter anderem der Satz: „Die übergeordnete Funktion dieser Straße wurde im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt ... geprüft und deren Aufrechterhaltung im Sinne der Leistungsfähigkeit des Hauptverkehrsnetzes ... als zwingend erforderlich erachtet.“ Sprich: Die Dr.-Martin-Luther Straße gilt als so wichtige Verkehrsachse, dass der Verkehr dort auch weiterhin schnell und flüssig fließen muss.

Zudem würde eine Geschwindigkeitsbeschränkung dazu führen, dass der Verkehr in die benachbarten Straßen ausweichen muss. Gerade dieses Argument kann Iris Czech überhaupt nicht verstehen. „Das ist doch ein Witz. In den Nebenstraßen herrscht doch schon fast überall Tempo 30. Nur bei uns soll das nicht möglich sein“, sagt sie.

Auch dass sich die meisten Autofahrer an das Tempo 50 halten würden und laut Verkehrsmessungen nur ein Prozent schneller fährt, überzeugt Iris Czech nicht. „50 ist schon zu schnell“, findet sie. Dass der neue Straßenbelag den Lärm reduzieren soll, konnte sie hingegen auch noch nicht bestätigen. Im Gegensatz zu einigen Nachbarn und auch zu ihrem Mann ist der Lärm für sie allerdings auch nicht das Hauptproblem. Für sie ist es mit ihren Krücken einfach schwierig, die Straße zu überqueren, wenn die Autos so schnell fahren.

Immerhin: Auf ihre Anregung hin hat die Stadt zwei Kurzzeitparkplätze vor ihrem Mehrfamilienhaus eingerichtet und die entsprechenden Fahrbahnmarkierungen noch einmal nachgezogen. So können Pflegekräfte, die ältere Bewohner in dem Haus betreuen, schnell einen Parkplatz finden. Auch ihr eigener Behindertenparkplatz wurde noch einmal deutlicher auf der Straße markiert, damit er besser erkennbar ist. „Da bin ich der Stadt auch dankbar für“, sagt sie.

Überhaupt ist Iris Czech kein Mensch, der einfach losmeckert. Sie vertritt ihr Anliegen ruhig und sachlich. Sie möchte einfach, dass die Tempo-30-Zone eingerichtet wird. Auch wenn sie der jüngste Brief aus dem Rathaus nicht sehr zuversichtlich stimmt. Trotzdem will sie nicht so schnell aufgeben. „Im nächsten Jahr gehe ich in Rente. Dann habe ich Zeit, um mich richtig um das Thema zu kümmern“, sagt sie zuversichtlich.