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Denkmal Ein Loch für die Katze: Die Sachsendorfer Bockwindmühle und ihre tierischen Helfer

Gut besucht war die Sachsendorfer Bockwindmühle am Tag des offenen Denkmals. Besonders viel Anklang fanden die Führungen durch das Innere der alten Windkraft, wo sie einiges entdecken konnten.

Von Thomas Linßner 15.09.2021, 02:52
Der Windmüller hatte einst auch tierische Helfer. Besucher Paul guckt durch das Katzenloch, durch das die Mieze in die Mühle schlüpfte.
Der Windmüller hatte einst auch tierische Helfer. Besucher Paul guckt durch das Katzenloch, durch das die Mieze in die Mühle schlüpfte. tli

Sachsendorf - Was schlecht riecht, kann auch nicht gut schmecken. Unser Geruchs- und Geschmackssinn arbeiten zusammen. Sie verschaffen uns Genuss, warnen aber auch vor Ungenießbarem und Gefahren. Zu dieser Erkenntnis kam ein Besucher des Denkmaltages, der extra von Halle nach Sachsendorf gekommen war, „weil dort eine so schöne Mühle stehen soll“, wie er seine Motivation beschrieb. „Hier kriege ich Hunger“, gestand Ralph Bauer verschmitzt. Was nichts mit dem leckeren Kuchenbuffet des Mühlenvereins zu tun hatte, sondern mit den Sinnen. Denn in der Windmühle riecht es nach Mehl und Schrot, als habe erst gestern der Müller seine Tagesleistung von einigen hundert Kilo erbracht. Das Holz hat in den vergangenen 300 Jahren offenbar die Gerüche assimiliert.

Reinhard Höfflin und Vereinsvorsitzender Martin Häniche hatten gut zu tun, den Besuchern „ihr Baby“ zu erklären. Was eigentlich nicht nötig war – seziert man jedenfalls sprachlich die Begriffe. Wenn jede Branche ihr „Fachchinesisch“ hat, womit der Außenstehende nichts anzufangen weiß, ist das bei den Windmüllern anders. Die Fachsprache der – im wahrsten Sinne des Wortes – bodenständigen Mehlmacher ist unkompliziert und begreifbar. So ließ Martin Häniche wie nebenbei den Begriff „Katzenloch“ fallen.

Es brauchte nicht viel Fantasie, um dessen Funktion zu begreifen: Gleich neben der hölzernen Treppe für den Menschen gibt es ein komfortables Loch für die Katze. „Jeder Müller hatte tierische Helfer, die die Zahl der Ratten und Mäuse klein hielt“, so der Vereinsvorsitzende. Wer das Loch mit der spurensichernden Akribie von Kriminalisten betrachtete, stellte einige wenige Tierhaare fest. In der Tat scheint noch heute eine Katze das Innere der Mühle zu besuchen und nach dem Rechten zu sehen. Denn hier wird zwar selten geschrotet, aber dennoch liegt einiges Getreide herum. Was die Nager anlockt. Keine weiteren Fragen.

Auf der automatischen Kegelbahn der Sachsendorfer Mühlenfreunde konnte man eine unruhige Kugel schieben.
Auf der automatischen Kegelbahn der Sachsendorfer Mühlenfreunde konnte man eine unruhige Kugel schieben.
tli

Reinhard Höfflin, der als Tischler besonders qualifiziert für die mechanischen, hölzernen Abläufe ist, erklärte Kraftübertragungen von den Ruten zum Mahlstein. Auch hier war es immer wieder die klare Müllersprache, die aufhorchen ließ. So gibt es beispielsweise Jungferntüren in den Flügeln, die so heißen, weil sie nicht erreichbar sind. (Bitte jetzt keine Proteste aus der feministischen Ecke.) Hausruten (Flügelpaar) sind der Mühle zugewandt, Feldruten dem … na, Sie wissen schon. Das Kammrad hat die Zinken eines Kammes, Walzenstühle machen ihrem Namen alle Ehre.

Aber warum heißt das Lager der Rutenwelle ausgerechnet Katzenstein? A- weil es in der Tat ein Stein ist, und B?– weil er bei Erhitzung nach Katzenpisse riecht. Etwa nach jenem Stubentiger, der zuvor zum Katzenloch hinein kam?

In den vergangenen Jahren wurde die Anfang der 1990er Jahre wiedererweckte Mühle erneut saniert. Rund 69000 Euro flossen in das Bruststück, die Bockschwellen oder die Flügelwelle. Nun kann sie wieder getrost mahlen, die Mühle.