Firmenbesuch Ein Traum für Jungen - und Mädchen
Der Chef der Agentur für Arbeit im Salzlandkreis hat die Schönebecker Firma Werkzeug Schultze besucht.
Schönebeck l Einen gern wahrgenommenen Außentermin hatte der Chef der Arbeitsagentur Bernburg, Thomas Holz, am Dienstag in Schönebeck. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten (siehe Volksstimme vom Mittwoch) präsentierte er anstatt vom dienstlichen Schreibtisch dieses Mal vom Konferenztisch eines Arbeitsgebers aus. Der heißt Steffen Schultze und führt als Inhaber die Werkzeug Schultze GmbH. Zuvor war der Besuch natürlich abgesprochen worden. Holz fragte an, Schultze sagte zu. Selbstverständlich nutzte der Agenturchef die Chance, um sich über die Geschichte und Gegenwart des mittelständischen Betriebes zu informieren. Sein erster und spontaner Kommentar beim Blick auf die von Werkzeugen und Maschinen dominierten Angebote des Unternehmens mit Sitz im Gewerbegebiet Stremsgraben war: „Ein Jungentraum.“ Um dann aber im nächsten Atemzug hinzuzufügen: „Ein Traum, der auch für Mädchen interessant ist.“ Wer Holz kennt, weiß, dass er großen Wert darauf legt, junge Frauen für angeblich typische Männerberufe, etwa im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich zu begeistern. Denn die können das mindestens genauso gut, ist Holz überzeugt.
Doch zurück zu Steffen Schultze und seinem vom Seniorchef, vom Vater also, übernommenen Betrieb. Der ist bereits 1988 gegründet worden. Zu DDR-Zeiten. Das ging? „Mein Vater hat Jahre darauf hingearbeitet. Er ist Elektromeister und hat damals oft lange auf die Reparatur von Elektrowerkzeuge warten müssen. Er sagte sich, dass das auch schneller gehen müsste und stellte den Antrag auf Firmengründung bei den Behörden mit dem Argument einer besseren Versorgung der Bevölkerung.“ Privatwirtschaftliche Betriebe waren höchst ungern gesehen - aber dieses Argument wirkte.
Nach der Wende 1990 wollten die meisten Menschen etwas Neues kaufen, am besten aus dem Westen, den alten Bundesländern. Maschinen reparieren war nicht mehr gefragt. In diesem Zusammenhang lobt Schultze das Unternehmen Bosch. Es habe dem Schönebecker Betrieb in einer schwierigen Zeit und bereits vor der Währungsunion die Möglichkeit gegeben, Werkzeuge aus dem Sortiment anzubieten.
Nach inzwischen vier Erweiterungen verfügt die Werkzeug Schultze GmbH heute über eine Gesamtfläche von 1200 Quadratmetern. Zum Unternehmen gehört neben den Verkaufsräumen eine große Werkstatt - denn das Reparieren liegt mittlerweile wieder im Trend. Und ja - in der Werkstatt sieht es nach richtig viel Arbeit aus. Vor allem Rasenmäher warten auf die Behebung ihrer Defekte.
Lauftext
Steffen Schultze beschäftigt aktuell 20 Mitarbeiter, darunter einen Lehrling. Sie seien „das Wichtigste“ im Unternehmen, hebt er hervor und liebäugelt mit der Realisierung einer kleinen Cafeteria für seine Leute, ein Raum für physiotherapeutische Maßnahmen (etwa Massagen) schwebt ihm zudem vor. „Aber das muss erst einmal verdient werden“, gibt er die Gangart vor.
Neben dem Angebot von Werkzeugen, Maschinen und Verbrauchsmaterialien (Nägel, Schrauben etc.) offeriert das Unternehmen auch umfangreich Textilien für den Arbeitsalltag von Handwerkern, wie etwa Zunftkleidung sowie Befestigungstechnik und Sicherheitstechnik (Bewegungsmelder, Videotechnik).
Steffen Schultze sieht sich und die Seinen gut aufgestellt am Markt. Das hänge auch mit dem von ihm betriebenen Online-Geschäft zusammen, in das er frühzeitig eingestiegen sei. „Wir machen da fleißig mit.“ Wozu freilich „große Manpower“ nötig sei, wie er hinzufügt. Doch es sei wichtig, „den Amazons dieser Welt Paroli zu bieten“.
Das Schönebecker Unternehmen bildet seit 20 Jahren junge Menschen aus. „Viele unserer Mitarbeiter sind bei uns in die Lehre gegangen und bis auf die, die weggezogen sind, haben wir alle übernommen“, sagt Schultze. Derzeit sucht er nach einem neuen Lehrling für den Ausbildungsberuf Kaufmann im Einzelhandel, Fachrichtung Werkzeuge und Maschinen. Ein Beruf nicht nur für Jungen.
In punkto Ausbildung haben viele mittelständische und Handwerksbetriebe deutschlandweit Probleme. Es fehlt an jungen Leuten, die nachrücken können und wollen. Deshalb wollen jetzt mehrere Firmenchefs im Salzlandkreis in die Offensive gehen. Mit einem Aktionstag am 18. Juni sollen Schüler beziehungsweise Schulabsolventen für das Handwerk interessiert werden. „Handwerk macht Spaß. Und man kann davon leben“, weiß Schultze.
(Siehe dazu auch Seite 13 in der heutigen Ausgabe)