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Kaninchenzucht Eine Leidenschaft für Farbenzwerge

Karlheinz Schuppe aus Schönebeck hat seit 70 Jahren Kaninchen und nun einen neuen Farbschlag gezüchtet.

Von Emily Engels 04.07.2017, 03:00

Schönebeck l Eine Schubkarre voller Grünzeug. Das verspeisen die Zwergkaninchen von Karlheinz Schuppe täglich. „Wer mich nicht kennt, könnte meinen, ich ernähre davon ein Pferd“, sagt der 83-jährige Schönebecker. Für ihn vereinen sich mit der Kaninchenzucht gleich zwei große Leidenschaften: der Natur- und der Tierschutz.

„Meine Tiere bekommen fast ausschließlich Futter von blühenden Pflanzen aus meinem Garten“, so das Mitglied der Schönebecker Ortsgruppe des Naturschutzbundes (Nabu). Denn die Pflanzen – etwa die Durchwachsene Silphie, verschiedene Kleesorten und sämtliche Gewürzkräuter – erfreuen, bevor sie im Kaninchenmagen landen, zunächst die Insekten. Etwa die Honigbienen. Schuppe nennt das eine Doppelnutzung.

Der Schönebecker hatte schon immer eine Leidenschaft für Kaninchen mit silbernen Farbschlägen. Das mag von seinem Großvater Karl Schuppe kommen. Der hat früher „Kleinsilber schwarz“ gezüchtet. Genau am 26. Mai 1906 hat Karl Schuppe den Rassekaninchen-Zuchtverein Bad Salzelmen gegründet – bereits als Zwölfjähriger wurde auch Karlheinz Schuppe Mitglied.

„Eigentlich ist es ein Traditionsverein“, sagt Karlheinz Schuppe. Und auf das „eigentlich“ kommt es an. Denn der Schönebecker findet Tradition genauso wichtig wie zeitgemäße Neuerungen. „Dazu gehört für mich zum einen die bereits angesprochene Ernährung der Nagetiere“, sagt er. Er plädiert für das Kaninchen als Haustier für Menschen mit einem Garten – unter anderem, „weil es ein prima Verwerter von Grünschnitt und Gemüseresten ist“.

Die zweite Neuerung im Verein ist die Verbesserung der Bedingungen für die Kaninchen. „Unsere Kaninchenschau läuft jetzt an einem Tag ab statt an mehreren“, erklärt er. So seien die Tiere weniger Stress ausgesetzt. Außerdem stehe für ihn, der selbst jahrzehntelang als Preisrichter national und international tätig war, die Gesundheit der Tiere im Vordergrund. „Der Zuchtsport darf nicht der Hauptgrund sein“, so Schuppe.

Der Trend gehe bei ihm und den Vereinsmitgliedern immer mehr in Richtung kleinere Rassen. So schlachte er seine Kaninchen nicht, sondern gebe sie lieber als Haus- oder Zuchttiere an Familien weiter.

Karlheinz Schuppe behält derzeit mehr Tiere als gewöhnlich. Denn seit einigen Jahren züchtet er einen besonderen Farbschlag, der bisher – so sagt er – weltweit neu ist. „Es sind grau-braun-gesilberte Farbenzwerge“, erklärt er. Eine solche Neuzüchtung sei sehr aufwendig. „Es müssen dafür mehrere Generationen gehalten werden, damit etwa die jüngste wieder mit der ältesten Generation gepaart werden kann“, erklärt Schuppe.

Sein Farbschlag ist mittlerweile so beliebt, dass bereits Kaninchenzüchter aus den Niederlanden, aus Österreich und verschiedenen Teilen Deutschlands Anfragen stellen. „Eine gesamte Kaninchenfamilie aus meinem Bestand zieht nächste Woche beispielsweise in den Spreewald“, erzählt er.

Doch dem Züchter geht es nicht etwa um den Ruhm. Sondern vielmehr darum, Wissen weiterzugeben – aber genauso sehr um die Beziehung zu seinen Kaninchen. „Ich kenne jedes einzelne Tier“, sagt der engagierte Schönebecker. Wenn jemand ein Tier in eine andere Bucht setze, würde er es sofort merken, behauptet er.

Es kommt ihm schließlich nicht nur auf die äußeren Werte an, sondern auch auf den Charakter der Tiere. „Sie sollten idealerweise neugierig und ein bisschen temperamentvoll sein“, so Schuppe. Er wisse genau, welches Kaninchen wie auf ihn reagiere. Zum Beweis holt er ein Tier heraus, das er als selbstbewusst bezeichnet und setzt es neben eine Katze, die ihn oft besucht und bei ihm genauso willkommen ist wie all die Insekten und Vögel, die in seinem Biotop wie im Paradies leben. Die Katze schnurrt, das Farbenzwerg-Kaninchen sitzt entspannt daneben.

Wie viele Tiere der Züchter eigentlich genau besitzt, mag sich jeder Besucher fragen, der an seinen zahlreichen – übrigens sehr geräumigen – Buchten vorbeispaziert, aus denen manchmal ein Tier und mal auch eine ganze Kaninchenfamilie neugierig herausschaut. „Das ist mein Geheimnis“, sagt Karlheinz Schuppe und lächelt schelmisch. Und dann verrät er es doch: „Es sind etwa 80 Tiere.“ Das erklärt natürlich, dass die tägliche Futtermenge der Nager der eines Pferdes gleicht.