Tim Lindenlaub ist bei Mädchen und Jungen der Volkssolidarität-Kita "Regenbogen" gleichermaßen beliebt Einziger Erzieher in Calbe gilt noch als echter Exot
Tim Lindenlaub hat sich bewusst für den Beruf des Erziehers entschieden. Der 27-Jährige gilt dabei in der Saalestadt noch als Exot. Die Erzieherinnen und Kinder der Kita "Regenbogen" sind gleichermaßen froh, den Nienburger zu haben, der alles kann - außer Mädchenzöpfe flechten.
Calbe l Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Männer in Kitas gelten immer noch als Seltenheit. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil der pädagogisch arbeitenden Männer in Sachsen-Anhalts Kitas nicht einmal zwei Prozent.
Koch war der eigentliche Berufswunsch als Schüler
Ziel ist es nach Angaben der Koordinationsstelle "Männer in Kitas", die an die Katholische Hochschule für Sozialwesen angegliedert und vom Bundesfamilienministerium gefördert wird, diesen Anteil stetig zu erhöhen.
Tim Lindenlaub nimmt daher eine Vorreiterrolle ein, nicht nur bundesweit, sondern vor allem in der Saalestadt. Der Nienburger ist seit Mai dieses Jahres der einzige männliche Erzieher der sieben Calbenser Kitas. "Es ist mein Traumberuf", schwärmt der 27-Jährige. Eigentlich hatte er als Schüler andere Pläne, was seinen späteren Beruf angeht. "Ich wollte Koch werden", gibt Tim Lindenlaub zu bekennen. Doch ein Schülerpraktikum in der zehnten Klasse, eher als Notvariante angenommen, legte den Grundstein für seinen späteren Berufsweg. "Ich kann einfach mit Kindern und viele Kinder können mit mir", bringt es Tim Lindenlaub auf einen kurzen Nenner. Warum also nicht die Berufswahl danach ausrichten? Im Familien- und Freundeskreis findet er für diese noch eher ungewöhnliche Entscheidung viel Zuspruch.
Von 2002 bis 2004 erlernte er an den Berufsbildenden Schulen in Roschwitz den Beruf des Kinderpflegers. Damit hätte er pädagogischen Fachkräften assistieren können. Doch er sattelte den staatlich anerkannten Erzieher oben drauf. Als er sich bei der Volkssolidarität in Magdeburg bewirbt, ist eine Stelle in Calbe zu besetzen.
Kerstin Wehmann, seit 2005 Kita-Leiterin, war überrascht. "Ich hatte noch nie mit einem ausgebildeten Erzieher zusammengearbeitet", gibt die Calbenserin zu und gab dem Bewerber ein halbes Jahr, um sich zu bewähren. "Schon vor Ablauf der Probezeit haben wir ihn übernommen", sagt Wehmann. "Tim ist eine große Bereicherung für unser Team." Mit Erzieherin Christa Hofmann ist er für eine Gruppe aus 16 Mädchen und Jungen zwischen drei und sechs Jahren die männliche Bezugsperson. "Vor allem bei Kindern ohne Väter ist diese Rolle nicht zu unterschätzen", sagt Wehmann. Mädchen und Jungen mögen ihn gleichermaßen gern. "Der Unterschied ist wohl einfach, dass ich mit Kindern etwas doller herumalbere als Erzieherinnen", sagt Tim Lindenlaub. Wer ihn bei den Festen in der Kita dabei beobachtet, glaubt es ihm aufs Wort.
Lediglich mit dem Zöpfeflechten bei den Mädchen hat er so seine Schwierigkeiten. "Einen einfachen Zopf bekomme ich noch hin", sagt der Nienburger. "Geht es um Spezialwünsche wie einen französischen Zopf, muss ich das Feld meiner Kollegin überlassen. Das ist nun wirklich Frauensache."