19 bis 20 Uhr Fahren in Filzpantoffeln
24 Stunden unterwegs im Salzlandkreis - 24 Geschichten, die erzählt
werden wollen. Von 19 bis 20 Uhr: In Schönebeck unterwegs mit Fahrlehrer
Günther Köcher.
Schönebeck l "Hier ist ein Huckel, da musst du mit Kraft arbeiten", sagt Fahrlehrer Günther Köcher zu seinem Schüler. Dieser ist gerade dabei, das rückwärtige Einparken zu üben. Das schafft er dann letztendlich auch ohne weitere Probleme. "Verlass die Parklücke nach rechts." Während der Stunde im Fahrschulauto fallen noch allerhand weitere Anmerkungen, die wohl jeder ehemalige und auch aktuelle Fahrschüler kennt.
Für Günther Köcher ist es die dritte Fahrstunde an diesem Tag und für seinen Schüler Nino Günther eine der letzten vor der praktischen Prüfung. Dementsprechend fährt er bereits ruhig und souverän. Doch vor den kleinen Tücken des Straßenverkehrs ist kein Fahrer gefeit: "Den hätte ich jetzt vorgelassen", sagt der Fahrlehrer auf der Garbsener Straße, als ein Auto aus einer Seitenstraße kommt. "Das Vorfahrt-gewähren-Schild wurde dort abmontiert. Deshalb würde ich lieber rechts vor links gelten lassen."
Seit 20 Jahren im Fahrschulauto unterwegs
Günther Köcher gibt bereits seit 20 Jahren Tipps und Hinweise im Fahrunterricht. "1995 habe ich mich mit meiner Fahrschule selbständig gemacht. Vor allem deshalb, weil mir die Arbeit mit jungen Leuten viel Spaß bereitet", erzählt Köcher. Vorher arbeitete er in einem Bildungszentrum, wo er bereits das Fahren lehrte. Die langjährige Erfahrung zahlt sich vor allem für seine Fahrschüler aus. "Dieses Jahr hatten wir bisher in etwa 40 bis 50 praktische Prüfungen. Die meisten bestehen sie beim ersten Mal - die allermeisten."
Bei dem Kurs durch Schönebeck führt er seine Schüler vor allem an den Stellen lang, die besondere Aufmerksamkeit fordern. Beispielsweise an die Stelle, an der sich Magdeburger Straße und Chausseestraße kreuzen. "Das blaue Schild hast du gesehen?", ist seine Antwort auf die Frage seines Schülers, wo lang er denn fahren solle. "Das ist ein Rechtsabbiegerpfeil", erklärt er sicherheitshalber. Fahrten durch die Stadt sind Günther Köcher am liebsten. "Von der Verkehrssituation her ist in der Stadt mehr los. Die Autobahn hingegen finde ich nicht so spannend. Anders als der Fahrschüler, der dort mal mit wirklich hoher Geschwindigkeit fahren kann. Auf der Landstraße hofft man meist, ein Auto überholen zu können." Jedoch sind die Routen durch die Stadt auch "stressiger für den Lehrer", gibt Köcher zu. Er habe "mehr zu erklären, mehr zu beachten".
Während der Fahrt klingelt das Mobiltelefon von Günther Köcher und das nicht nur einmal. "Sie haben am 29. August Prüfung", berichtet er seinem Anrufer. "Aber ich muss jetzt auf meinen Fahrschüler aufpassen."
Daraufhin fährt er mit seinem Fahrschüler Nino auf einen größtenteils leeren Parkplatz. Da Nino kurz vor seiner Prüfung steht, bereitet Günther Köcher ihn auf die einleitenden, eventuellen Fragen des Prüfers vor. "Er könnte fragen, was bei den Reifen vor Beginn der Fahrt zu beachten ist." Luftdruck, Profiltiefe, Beschädigungen - Nino kennt die Antworten. Doch das ist noch lange nicht alles. Vieles muss überprüft werden: Hupe, Lichthupe, Fernlicht - "Steig aus und überprüfe es" - Motorhaube auf: "Wo kommt das Kühlwasser rein? - Wo kommt das Motoröl rein? - Wie überprüft man den Stand des Motoröls?" Die Fragen kommen im Akkord. Als Günther Köcher und sein Fahrschüler alle Fragen besprochen haben, steigen sie wieder ein. "Welche Farbe hat eigentlich der Rückscheinwerfer?" Ninos Antwort: "Na, Rot." Aussteigen, überprüfen, verstehen. Er ist weiß. "Ich habe nach dem Rückscheinwerfer gefragt, nicht nach dem Rücklicht", sagt der Fahrlehrer mit einem Augenzwinkern.
Danach wird es rasant. Die Gefahrenbremsung muss geübt werden. Nino fährt an, Günther Köcher ruft lauthals "STOPP!" Sein Fahrschüler geht in die Eisen und alles, was im Auto sitzt und liegt, macht einen Satz nach vorne.
Es gibt reichlich Abwechslung
Es liegt nicht zuletzt an den verschiedenen Elementen im Fahrunterricht, dass Günther Köcher als Beifahrer nie langweilig wird. "Ich habe ja immer Abwechslung. Theorieunterricht gebe ich ja auch noch. Demnächst bin ich mal wieder auf dem Wasser", berichtet er. Denn in der Fahrschule Köcher kann auch der Bootsführerschein erworben werden, ebenso wie der Motorradführerschein. Auch bei den praktischen Prüfungen gab es bereits die ein oder andere abwechslungsreiche Kuriosität. "Ich hatte mal einen Aussiedler aus Kasachstan als Schüler. Zur Fahrprüfung kam er dann in Filzpantoffeln", erinnert er sich lachend. "Da er in der Nähe wohnte, bin ich schnell zu ihm gefahren und habe richtige Schuhe besorgt. Das dauerte nicht lang - da ist der Prüfer auch mal so nett und beginnt die Prüfung fünf Minuten später."