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Feuerwehr Eine fast unbekannte Vereinbarung?

Der Wehrleiter von Pretzien/Plötzky kritisiert, dass eine Vereinbarung bei Drehleitereinsätzen nur selten zustande kommt.

Von Bianca Oldekamp 12.03.2020, 00:01

Pretzien/Gommern l Immer dann, wenn im Einsatzbereich der Ortsteilwehr Pretzien/Plötzky ein Drehleiterfahrzeug gebraucht wird, sind die Kameraden der kleinen Wehr auf Unterstützung angewiesen. Denn über ein eigenes Drehleiterfahrzeug, auch Hubrettungsfahrzeug genannt, verfügt die kleine Ortsteilwehr nicht.

Ein entsprechendes Fahrzeug ist Teil des Fuhrparks der Stadtteilfeuerwehr Schönebeck an der Tischlerstraße, die zusammen mit den sechs anderen Stadt- und Ortsteilwehren die freiwilligen Feuerwehr der Stadt Schönebeck bildet, weshalb nicht nur für Pretzien/Plötzky kein eigenes Drehleiterfahrzeug vorgesehen ist.

Doch was die Einhaltung der geforderten Hilfsfrist von zwölf Minuten nach Alarmierung angeht, könne diese durch das stadteigene Hubrettungsgerät in den Ortsteilen Plötzky und Pretzien nicht eingehalten werden, bestätigt die Stadt Schönebeck auf Volksstimme-Anfrage.

Schließlich sind die ostelbischen Ortsteile Plötzky und Pretzien knapp acht beziehungsweise 9,5 Kilometer vom Gerätehaus an der Tischlerstraße entfernt. Das Geräthaus der Freiwilligen Feuerwehr Gommern hingegen liegt nur rund drei bis fünf Kilometer von den ostelbischen Schönebecker Ortschaften entfernt – und verfügt über eine Drehleiter.

Deshalb haben die Städte Schönebeck und Gommern Anfang 2018 ein Zweckvereinbarung unterzeichnet, die vorsieht, dass die Kameraden aus Gommern, die Wehr Pretzien/Plötzky „bei allen Einsätzen, in denen von einer Menschenrettung auszugehen ist“ unterstützt. Vollumfänglich erfüllt würde diese Vereinbarung aber nicht, kritisiert Michael Vorwerk, Wehrleiter der Ortsteilwehr Pretzien/Plötzky.

Seine Kritik richtet sich dabei nicht gegen die Kameraden aus Gommern. Er sagt: „Die Wehr an der Tischlerstraße wird alarmiert, sobald wir hier ein Drehleiterfahrzeug brauchen.“ Eine Feststellung, mit der Michael Vorwerk auch die Kameraden von der Tischlerstraße ausdrücklich nicht kritisieren will.

Denn: Welche Wehr, wann und zu welchem Einsatz alarmiert wird, liegt nicht in der Hand der Wehren, sondern wird für den Salzlandkreis von der Integrierten Leitstelle des Kreises in Staßfurt koordiniert. Wehrleiter Michael Vorwerk vermutet: „Die Alarm- und Ausrückeordnung, die in der Leitstelle liegt, muss noch eine Version sein, in der die Vereinbarung zwischen den Städten Schönebeck und Gommern nicht berücksichtigt wird.“

Seitens des Salzlandkreises heißt es auf Volksstimme-Anfrage: „Gemeldete Ausrückeordnungen werden im System hinterlegt und sofort bei den Alarmierungen von den Mitarbeitern berücksichtigt.“

Was die Erfüllung der Zweckvereinbarung, wenn es zur Alarmierung kommt, angeht, sind sich Schönebeck und Gommern einig: Die Vereinbarung werde erfüllt. „Wenn die Feuerwehr Gommern alarmiert wird, rückt sie auch entsprechend aus“, sagt Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein, weist aber auch darauf hin, dass die Stadt keinen Einfluss darauf habe, wann und wie die Wehr alarmiert würde.

Seitens der Stadt Schönebeck heißt es: „Die Zweckvereinbarung wird erfüllt. Die Zusammenarbeit der Wehren ist gut.“ Aber auch die Stadt Schönebeck merkt an, dass über die Ausrücke-Alarmierung die zuständige Kreiseinsatzleitstelle entscheide.

Abgesehen davon, ob die Vereinbarung in der Leitstelle des Salzlandkreises bekannt ist oder nicht, findet Michael Vorwerk, dass die aktuell gültige Alarm- und Ausrückeordnung (AAO) für den ostelbischen Bereich ohnehin komplett überarbeitet werden müsste.

Schließlich habe sich speziell in den vergangenen zwei Jahren bei den Ortsteilwehren in Ranies und der zusammengeschlossenen Wehr Pretzien/Plötzky doch einiges getan. So gebe es neben der Zusammenlegung der Wehren Pretzien und Plötzky für die neue Wehr Pret- zien/Plötzky beispielsweise ein neues Fahrzeug (LF 10/Löschgruppenfahrzeug). Das LF 8 aus Plötzky wechselte in das Gerätehaus nach Ranies.

Ein Wechsel, der in der aktuellen Alarm- und Ausrückeordnung nicht eingepflegt sei, weshalb die Wehr Pretzien/Plötzky laut Michael Vorwerk zu fast jedem Einsatz nach Ranies mit raus fahren würde. Durch das neue Fahrzeug wäre das aber nicht mehr zwingend nötig. „Umgekehrt sieht das ähnlich aus. Deshalb müsste man die AAO für den ostelbischen Bereich nochmal komplett anpacken“, findet Michael Vorwerk.

Schönebecks Stadtwehrleiter Daniel Schürmann teilte mit, dass die Alarm- und Ausrückeordnung, was den ostelbischen Bereich betreffe, zur Zeit überarbeitet und schon bald eingepflegt werde. „So eine Überarbeitung dauert ihre Zeit und geht nicht von heute auf Morgen“, erklärt er dazu. Auch der westelbische Bereich soll schon bald überarbeitet werden.

Was die Vereinbarung mit der Freiwilligen Feuerwehr Gommern angeht betont Michael Vorwerk ausdrücklich: „Es geht nicht darum, die Kameraden von der Tischlerstraße auszuschließen, sondern vielmehr darum, Einsatzerfolge zu erzielen, Menschenleben möglicherweise zu retten.“

Dass die Wehr in Gommern, obwohl sie nicht im Salzlandkreis liegt, überhaupt alarmiert werden kann, geschieht im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit. Die gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG LSA).

Grundsätzlich findet Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein: „Es ist festzuhalten, dass wir seit vielen Jahren eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Ortsfeuerwehr Pretzien/Plötzky pflegen. Insbesondere bei den Hochwasserereignissen 2002/2013 wurde Hand in Hand zusammengearbeitet. Ebenfalls ziehen wir diese Ortsfeuerwehr regelmäßig zu Einsatzlagen im Rahmen der Nachbarschaftshilfe zu Brandereignissen im Bereich Dannigkow-Dornburg hinzu.“

Die Zweckvereinbarung mit Gommern ist seitens der Stadt Schönebeck allerdings nicht die einzige. „Eine Zweckvereinbarung zur Zusammenarbeit der Feuerwehren aus Schönebeck und Barby wurde bereits im Jahre 2016 unterzeichnet. Im Mittelpunkt dieser Vereinbarung steht die Unterstützung bei größeren Bränden in Gnadau durch die Stadtteilwehr Felgeleben“, erklärt die Stadt Schönebeck.

Bei Groß-, Wohnungs-, Dachstuhl- oder Industriegebäudebränden würden die Felgeleber durch die Einsatzleitstelle mit informiert und zum Ersteinsatz nach Gnadau ausrücken. Dabei geht es besonders auch um öffentliche Einrichtungen wie für Kinder und Senioren – Schule, Kita, Altenheim. „Auch diese Zusammenarbeit funktioniert sehr gut“, betont die Stadt.