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Feuerwehr Was ist richtig, was ist falsch?

Das Verwaltungsgericht beschäftigt wird sich im Streit um den Anbau an das Feuerwehrgerätehaus Bad Salzelmen.

Von Olaf Koch 24.10.2019, 03:02

Bad Salzelmen l Manchmal scheint es, als sei es ein Kampf David gegen Goliath. Auf der einen Seite die Stadt Schönebeck und der Landkreis, die die Kraft der Verwaltung und das Argument der Dringlichkeit für sich einbringen. Auf der anderen Seite ein knappes Dutzend Bürger, die gegen den Anbau sind und die Verwaltungen herausfordern. Während bei David und Goliath noch viel von Krieg die Rede ist, tragen in Bad Salzelmen beide Parteien ihren „Kampf“ nun erstmalig vor Gericht aus. So wird es noch 2019 ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geben, das beide Seiten durchaus begrüßen, weil eine rechtliche Tendenz zu erkennen ist.

Mittendrin zwischen Stadt- und Landkreisverwaltung sowie der Bürgerinitiative sitzen die Kameraden der Feuerwehr, die eigentlich nur eines wollen: bessere Bedingungen für ihre ehrenamtlich Arbeit. Lediglich der Weg dorthin, das Wo und Wie, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Seit mehr als 15 Jahren gibt es bereits die Planungen, einen Anbau für das Gerätehaus der Bad Salzelmener Feuerwehr zu bauen. Erst jetzt rückt das Projekt in greifbare Nähe und damit auch die Angriffe dagegen. Seitdem das Vorhaben konkreter wird, formiert sich der Widerstand. Da werden von der Bürgerinitiative alle möglichen Belege gegen die Stadtargumente aufgeführt, die sich bei Licht betrachtet im Gestrüpp der Unübersichtlichkeit verlieren. Es geht um die Qualität des Wohngebietes, um Lärm, um eine veränderte Ausfahrt, die Auszahlung von Fördergeldern, darum, ob das neue Haus störend in Salzelmen wirkt, und um andere Dinge. Auch darüber, ob der Anbau an das historische Gerätehaus funktionell eigenständig bewertet werden kann. Jede Erklärung der Stadt fordert einen Gegenbeweis der siebenköpfigen Bürgerinitiative heraus, die von sich selbst behauptet, hunderte Unterstützer zu haben.

Daneben haben die Kameraden der Bad Salzelmener Feuerwehr auch das Gefühl, dass ein Stück weit schmutzige Wäsche gewaschen wird. „Anders kann ich mir das nicht erklären, wenn davon gesprochen wird, dass im Gerätehaus laufend private Feiern stattfinden. Das ist völliger Quatsch“, formuliert es Stadtteilwehrleiter Uwe Tandler ungewohnt diplomatisch, der sich ansonsten zu diesem Thema durchaus schärfer in die Öffentlichkeit einbringt.

Partygelage? Im Gegenteil: Wehrleiter Tandler hat beispielsweise im Hochsommer Ausbildungen und Zusammenkünfte zum Unmut seiner Kameraden schon in die stickige Gerätehalle verlegt, um mit bestimmten Anwohnern um das Depot nicht in Konflikt zu geraten.

Die Verantwortlichen im Rathaus stecken indes in einem Dilemma. Seit Jahren sitzt ihnen sinnbildlich die Feuerwehrunfallkasse im Nacken und mahnt eine Veränderung der gegenwärtigen Situation an, über die die Volksstimme in den vergangenen Jahren hinreichend berichtet hat. „Wir brauchen die Feuerwehr genau an dieser Stelle im Stadtgebiet“, macht Schönebecks Stadtwehrleiter Daniel Schürmann deutlich. Es geht vor allem um die Einhaltung von Hilfsfristen, die der Gesetzgeber fordert. Ein Depot im Gewerbegebiet kann deshalb nicht in Frage kommen. „Wenn uns Salze wegbricht, dann haben wir ein Problem in der Stadt.“

Was ist jetzt höher zu bewerten: Eine Feuerwehr an einem zentralen Punkt in einem bewohnten Stadtgebiet, um schnell Menschen und Sachwerte zu retten? Oder eine Feuerwehr anderswo, die so die Ruhe von Anwohnern nicht stört?

Mit dieser und anderen Argumentationen muss sich nun das Verwaltungsgericht Magdeburg beschäftigen. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht es darum, ob die Genehmigung zum Bau des Gerätehauses, ausgesprochen vom Landkreis, oder der Widerspruch der Bürgerinitiative dagegen berechtigt ist.

„Es handelt sich hier vereinfacht gesagt nur um eine Einschätzung, ob der Widerspruch gegen die Baugenehmigung richtig oder falsch ist“, erklärt der Pressesprecher des Verwaltungsgerichts Magdeburg, Christoph Zieger. Seinen Aussagen nach soll Rechtsschutz hergestellt werden. Das bedeutet aber auch: Vorläufiger Rechtsschutz ist keine endgültige Entscheidung. „Selbstverständlich kann es anschließend noch zu einem Hauptsacheverfahren kommen“, so Christoph Zieger.

Was es heißt, sich vor Gericht in die Hände des Richters zu begeben, wittern der Landkreis und die Bürgerinitiative unisono. „Wir gehen davon aus, dass wir eine formell und materiell rechtmäßige Baugenehmigung erteilt haben. Aber natürlich kann das Gericht auch zu einer anderen beziehungsweise teilweise abweichenden Ansicht gelangen“, schreibt auf Anfrage der Volksstimme Marko Jeschor von der Pressestelle des Landratsamtes. Das Rathaus blickt dem Termin positiv entgegen. „Wir sind zuversichtlich“, lässt Pressesprecher Hans-Peter Wannewitz mitteilen. Und Jens-Karsten Paschke von der BI sagt: „Vor Gericht und auf hoher See ... Sie wissen ja.“

David gegen Goliath. In der Bibel verzichtet David auf Schwert und Rüstung und erledigt den Gegner mit einer Schleuder und einem Kieselstein. Dass Köpfchen gegen Muskel gewinnt, macht David sympathisch. Wenn heute von David gegen Goliath die Rede ist, vergisst man allerdings meist die Konsequenz von einst: Am Ende nämlich ist Goliath tot.