Freibad Sanierung unerwünscht?

Das Bundesinnenministerium fördert die Sanierung von Freibädern. Die Stadt Schönebeck will sich nicht an dem Projekt Beteiligen.

Von Olaf Koch 27.08.2018, 20:20

Schönebeck | Solche Nachrichten sprechen sich schnell herum. In Facebook postete das Schwimmbad Niederndodeleben eine Information, die hier in Schönebeck bei einigen Stadträten sicherlich für weit aufgeöffnete Augen sorgte. Zitat: „Der Bund startet ein Programm zur Sanierung kommunaler Einrichtungen mit regionaler und überregionaler Bedeutung im Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro. Auch Freibäder gehören dazu. Unsere Gemeinde wird einen Antrag einreichen!!!“

Offenbar gibt es viele Schönebecks in Deutschland, die sinnbildlich vor maroden Freibädern auf der einen Seite stehen und vor klammen Kassen auf der anderen Seite. Diese Situation ist nicht neu und bewegt das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat dazu, mit einer dritten Förderstufe den Kommunen unter die Arme zu greifen. Recherchen der Volksstimme haben ergeben: Ja, ziemlich kurzfristig hat das Ministerium so ein Bundesprogramm aufgelegt.

Am 31. Juli dieses Jahres hat Bundesinnenminister Horst Seehofer den Startschuss für die dritte Förderrunde im Bundesprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ gegeben. Mit 100 Millionen Euro sollen bis zum Jahr 2022 investive Projekte mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen und mit hohem Innovationspotenzial gefördert werden. Der Anspruch an die Projekte ist hoch. Sie sollen von besonderer regionaler oder überregionaler Bedeutung sein und eine sehr hohe Qualität im Hinblick auf ihre Wirkungen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die soziale Integration in der Kommune und den Klimaschutz aufweisen.

Wie weiter zu erfahren war sind Kommunen, die über geeignete Projekte verfügen, aufgerufen, dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Projektskizzen einzureichen. Die Auswahl der Förderprojekte durch eine Jury des Bundes und die Vergabe der Fördermittel soll bis Ende des Jahres 2018 erfolgen. Die Förderprojekte sind bis zum Jahr 2022 umzusetzen.

Nach Auskunft des Bundesinnenministeriums müsste förderfähige Projekte langfristig nutzbar sein, die Zweckbindungsfrist liegt in der Regel bei zehn Jahren.

Bei der Förderung schlägt der Bund zwei Varianten vor: Grundsätzlich würde der Bund 45 Prozent der Kosten tragen, die Kommune 55 Prozent. Aber: Liegt bei einer Kommune eine Haushaltsnotlage vor, die durch die zuständige Kommunalaufsicht zu bestätigen ist, sehe der Satz aus Sicht der Schönebecker schon wesentlich freundlicher aus: 90 Prozent Förderung Bund, 10 Prozent Eigenanteil der Kommune.

Mit dem Programm unterstützt der Bund seit dem Jahr 2015/2016 die Sanierung der sozialen Infrastruktur in Städten und Gemeinden mit einem Fördervolumen von insgesamt 340 Millionen Euro. Damit können wichtige Aufgaben der Stadtentwicklung vor Ort realisiert werden. Dazu Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): „Die soziale Infrastruktur in den Städten und Gemeinden ist ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge. Jedoch sind bundesweit viele Sportstätten sowie Jugend- und Kultureinrichtungen in die Jahre gekommen. Mit dem Bundesprogramm konnten wir bisher schon über 100 kommunale Projekte bei der Sanierung unterstützen. Ich freue mich sehr, dass wir gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um marode Sportstätten und Schwimmbäder eine neue Förderrunde mit 100 Millionen Euro starten und damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Kommunen stärken können.“

Dritte Förderrunde und der Bund fördert bereits seit dem Jahr 2015/16? In diesem Moment müssten bei den Schönebecker Stadträten erneut die Alarmglocken angehen. Der Grund: Seit geraumer Zeit schon liegen die Stadträte aller Fraktionen der Stadtverwaltung in den Ohren, dass sie sich nach entsprechenden Fördermitteln kundig machen soll. Der konkrete Arbeitsauftrag richtete sich für den Neubau eins Kombinationsbades bestehend aus Freibad und Schwimmhalle. Das aber, so war von Stadträten zu erfahren, schloss nicht aus, sich nach Alternativen für das alte Freibad umzuschauen. Der Sanierungsstau des Schönebecker Freibades ist eben nicht erst seit dem vergangenem Jahr bekannt. So ist davon auszugehen, dass es am kommenden Donnerstag in der nächsten Stadtratssitzung durchaus kritische Nachfragen in diese Richtung geben wird.

Auf Anfrage der Volksstimme hat die Stadtverwaltung schon gestern kurzfristig einen Standpunkt bezogen: Die Grundessenz: „Die Stadt kann keinen Förderantrag für die genannten Bundesmittel stellen, da die Förderbedingungen nicht erfüllt werden können.“

In drei Punkten argumentiert das Rathaus folgendermaßen:

• „Es handelt sich beim Freibad nicht, wie vom Bund vorgegeben, um eine Investitionsmaßnahme, sondern im Wesentlichen um eine Instandhaltung/Sanierung.“

Das ist nicht ganz richtig. Das Bundesprogramm ist extra zur Sanierung von kommunalen Einrichtungen zugeschnitten, nicht für Investitionsmaßnahmen.

• „Es liegen noch keine vom Bund eingeforderten, begründeten Informationen (detaillierte Schadensanalyse, zu erwartende Kosten) vor. Mit Ergebnissen des diesbezüglich durch die Stadt beauftragten Gutachtens ist nicht vor Ende September zu rechnen, so dass auch der vorgegebene Zeitrahmen nicht eingehalten werden kann.“

Auch das ist nicht ganz nachzuvollziehen, denn die Stadt hat schon im vergangenen Jahr eine eigenständige Kostenschätzung vorgenommen, wonach ein Reparaturstau von rund 480.000 Euro besteht. Ist diese Zahl für den Antrag nicht ausreichend und belastbar?

• „Das Förderprogramm schreibt zudem eine Untergrenze des Kostenvolumens von 1 bis 4 Millionen Euro vor. Das überschreitet die bisher vorliegende Kostenschätzung für das Freibad. Gefordert ist ein ‚überdurchschnittliches Investvolumen‘, jedoch weder ‚überdurchschnittlich“ noch „Investvolumen‘ treffen im Sinne der Förderbedingungen auf das Freibad zu.“

Das ist auch nicht ganz sauber formuliert. Der Bund schreibt in seinen Bedingungen, dass der Bundesanteil der Förderung „in der Regel“ diese Summe betragen soll. Außerdem könnte das Gutachten der Stadt jetzt auch zu dem Resultat kommen, dass der Sanierungsbedarf nun mehr als doppelt so hoch ist, als womöglich 1,2 Millionen Euro. Dann würde das Förderprogramm auch rechnerisch durchaus wieder Sinn machen.

Wie dem auch sei: Viel Zeit für Diskussionen zu dieser Möglichkeit der Förderung bleibt nicht mehr. Am kommenden Donnerstag trifft sich wie gesagt der Stadtrat. Einen Tag später ist Einsendeschluss ans Bundesinnenministerium. Dann müssen die Projektskizzen erstellt sein. Niederndodeleben wird bis dahin seinen Antrag abgegeben haben.