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Freiwilligendienst Verlängerung in Schönebeck

Eigentlich sollte ihr Freiwilligendienst für Ralily Araujo dos Santos aus Brasilien im Juni enden. Dank Corona bleibt sie länger.

Von Bianca Oldekamp 22.04.2020, 01:01

Bad Salzelmen l Um deutsch zu lernen, hat sich Ralily Araujo dos Santos entschieden nach Schönebeck zu kommen. Seit Juni 2019 leistet sie deshalb im Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) in Schönebeck ihren Bundesfreiwilligendienst und unterstützt die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen des CVJM als freier Träger der Jugendhilfe bei ihrer täglichen Arbeit.

Dass sie ausgerechnet nach Schönebeck gekommen ist, hat einen Grund. Schließlich lebt der Freund der 32-Jährigen hier, genauer gesagt in Frohse. Kennengelernt hatte sich das Paar 2017 über das Internet. Das erste Treffen gab es dann in Berlin. „Ich habe damals eine Europa-Tour gemacht und Berlin war eines der Ziele“, berichtet Ralily Araujo dos Santos.

Für die Liebe und natürlich um deutsch zu lernen ist die 32-Jährige im Juni 2019 schließlich nach Schönebeck zum hiesigen CVJM gekommen. Eigentlich sollte ihr Bundesfreiwilligendienst nach Ablauf eines Jahres also im kommenden Juni wieder enden. Doch zurück nach Brasilien kann Ralily Araujo dos Santos coronabedingt aktuell und auch im Juni wohl nicht.

Deshalb haben CVJM und Ralily Araujo dos Santos den Zeitraum ihres Bundesfreiwilligendienstes kurzerhand einfach bis in den Dezember verlängert. Über die Rückkehr nach Brasilien hätte sie sich zwar sehr gefreut, doch „durch meinen Freund habe ich weniger Heimweh“, sagt Ralily Araujo dos Santos. Deshalb sei es nicht so dramatisch, dass sie ihre Familie jetzt noch länger nicht sehen kann.

Bevor sie nach Schönebeck gekommen ist, hat Ralily Araujo dos Santos in der brasilianischen Millionenstadt São Paulo gelebt, „zusammen mit meiner Schwester“, erzählt die 32-Jährige. Studiert hatte sie dort Ökonomie und danach sechs Jahre als Finanzassistentin in São Paulo, dem Finanzzentrum Brasiliens, gearbeitet.

Für ihren Freiwilligendienst hatte sie den Job gekündigt, lernt seit Juni 2019 nicht nur bei der alltäglichen Arbeit mit den Kollegen des CVJM deutsch, sondern auch ganz gezielt. Unterrichtet wird Ralily Araujo dos Santos nämlich seit ihrer Ankunft in Schönebeck von Andrea Hennig. Die ausgebildete Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) engagiert sich ehrenamtlich im CVJM, gibt hauptberuflich Integrationskurse an der Volkshochschule. Gekommen war Ralily Araujo dos Santos nämlich ohne deutsche Sprachkenntnisse.

„Ralily spricht dafür aber schon sehr gut deutsch“, findet sie. Die Lehrerin greift nur ein, wenn die Brasilianerin Fehler macht oder ihr die richtigen Worte nicht einfallen. Die wiederholt Ralily Araujo dos Santos dann sofort, um sie sich zu merken. Zunächst gab es drei Deutscheinheiten pro Woche, mittlerweile sind es fünf. „Immer ungefähr eine Stunde“, erzählt Ralily Araujo dos Santos.

Denn durch die Corona-Pandemie ist auch das CVJM-Gebäude, das einstige Park-Hotel in der Immermannstraße, leerer geworden. Der Jugendtreff ist geschlossen. Regelmäßige Veranstaltungen wie Kindergottesdienste müssen ausfallen. Einen solchen Kindergottesdienst hatte Ralily Araujo dos Santos mit Unterstützung ihres Freundes auch schon mal vorbereitet. Dafür hatte die Christin ein Video mit portugiesischem Text – der Muttersprache der Brasilianerin – ins Deutsche übersetzt. Ihr Freund hat diesen Text schließlich eingesprochen.

Neben der Vorbereitung von Kindergottesdiensten gehören zu ihren Aufgaben beim CVJM aber auch Kochen, Putzen und die Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Besonders der Umgang mit Kleinkindern gefalle ihr. Doch den gibt es zur Zeit aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Krise nicht. Bedingt durch das Virus bleibt der 32-Jährigen aber ja nun doch noch mehr Zeit in Schönebeck als ursprünglich geplant. Für sie sei es an sich kein Problem, länger zu bleiben „aber das Gefühl ist ein anderes. Jetzt darf ich nicht zurück“, sagt sie.

In ihrer Freizeit geht Ralily Araujo dos Santos gern ins Fitnessstudio. Da das aktuell aber auch geschlossen ist, hat sie den Sport an die frische Luft und in ihr Zimmer verlegt. Das befindet sich praktischerweise im CVJM-Gebäude, verfügt über ein eigenes Bad und natürlich einem Schreibtisch, an dem die 32-Jährige auch eigenständig mit ihren Deutschbüchern ihre Sprachkenntnisse vertieft.

Zeit für ihren Freund Tobias bleibt trotz Arbeit und Lernen aber dennoch. „Wir sehen uns jeden Tag“, sagt Ralily Araujo dos Santos. Auch die Region hat ihr Freund der Brasilianerin schon gezeigt. So habe es einige Ausflüge gegeben, unter anderem in einen Kletterpark in Leipzig, in einen Freizeitpark, auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt und eine Wanderung auf den Brocken – um drei Uhr nachts. „Das kann ich allerdings nicht weiterempfehlen“, sagt Ralily Araujo dos Santos – zumindest nicht um eine solche Uhrzeit. Zusammen mit anderen CVJM-Mitarbeitern und Markus Baudisch vom Städtepartnerschaftsverein war das Paar zudem im August 2019 in der Schönebecks Partnerstadt Söke in der Türkei.

Ausgeblieben ist zu Weihnachten der Schnee, den Ralily Araujo dos Santos so sehr herbei gehofft hatte. Da sie bedingt durch die Corona-Beschränkungen aber nun doch bis Dezember bleibt, hat sie die Hoffnung darauf noch nicht aufgegeben.

Dass Ralily Araujo dos Santos in gewisser Weise sogar schon ein bisschen „typisch deutsch“ sei, ist ihrer Sprachlehrerin Andrea Hennig aufgefallen. „Du sagst ganz oft ‚Ja, aber ...“‘, erklärt sie der 32-Jährigen als Ralily Araujo dos Santos mal wieder ein „aber“ einem „ja“ hinterher geschoben hat.