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Gericht Autoverkauf wird zum Umweltvergehen

Die im Schönebecker Amtsgericht angeklagte Frau ist sich keiner Schuld bewusst.

Von Paul Schulz 08.12.2020, 00:01

Schönebeck/Calbe l „Wir alle wissen doch, was ein 19 Jahre alter VW Polo Wert ist – nämlich absolut gar nichts“, stellt die Staatsanwältin im Schönebecker Amtsgericht klar. Und genau dieser Umstand führt dazu, dass sich die 32-jährige Laura K. (Name geändert) aus Halberstadt auf der Anklagebank vor Strafrichter Eike Bruns verantworten muss.

Laurs K. wird die unrechtmäßige Entsorgung eines Altfahrzeuges – konkret geht es dabei um jenen 19 Jahre alten VW Polo – vorgeworfen. Der Wagen sei in Calbe, Damaschkeplan, sich selbst überlassen abgelagert worden. Dies sei ein fahrlässiger Umgang mit Abfällen, da aus dem Fahrzeug austretende Flüssigkeiten die Umwelt verunreinigen könnten, so die Staatsanwaltschaft. Die Entsorgung eines Altfahrzeuges dürfe nur von dafür zertifizierten Unternehmen durchgeführt werden.

Die 32-Jährige hingegen ist sich keiner Schuld bewusst. Was war passiert? Die Angeklagte schildert dem Gericht: „Ich habe das Auto über eBay-Kleinanzeigen für 50 Euro verkauft. Der Käufer kam, hat Nummernschilder angeschraubt und ist weggefahren.“ Wie die Halberstädterin erklärt, hatte der Wagen nicht einmal mehr eine gültige Tüv-Plakette. „Wieso haben Sie den Tüv nicht neu machen lassen, wenn Sie die Absicht hatten das Fahrzeug zu verkaufen?“, fragt Richter Bruns. „Dann hätten Sie doch auch sicher mehr als 50 Euro verlangen können.“

„Das war halt nur ein Übergangsfahrzeug, bis ich mir ein neues Auto gekauft habe. Da mache ich doch dann nicht nochmal extra den Tüv“, sagt Laura K.

Der Käufer – ein Mann aus Calbe, der dem Gericht durchaus bekannt ist – hat das Fahrzeug dann offenbar so wie es ist, auf einem Grundstück am Damaschkeplan abgestellt. Das Problem für Laura K.: Sie hat den Wagen vor dem Verkauf nicht abgemeldet.

„Ihnen hätte klar sein müssen, dass Sie da ein Schrottfahrzeug verkaufen. Immerhin hatte es nicht einmal mehr eine gültige Tüv-Plakette. Und mit Abfall Handel treiben, darf man nur, wenn man dafür zertifiziert ist“, so Bruns. Der Rechtsanwalt von Laura K. hält dagegen: „Der Wagen war noch fahrtüchtig. Es war meiner Mandantin nicht als ‚Abfall‘ erkennbar.“ Bruns: „Wenn man ein Fahrzeug ansieht, muss man erkennen, ob es noch für den Verkehr geeignet ist oder ob es Schrott ist. Wenn Letzteres der Fall ist, dann darf es nicht verkauft werden, sondern muss durch einen dafür qualifizierten Betrieb entsorgt werden. Ganz einfach.“ Laura K. betont indes erneut: „Das war aber kein Abfall für mich!“ Jedoch sieht die Staatsanwaltschaft das anders.

„Fakt ist, dass die Angeklagte das Auto loswerden wollte. Und sie hat sich dazu entschieden, den Wagen noch für ein paar Euro zu veräußern, statt Geld für die Entsorgung zu zahlen“, argumentiert die Staatsanwältin.

Richter Eike Bruns sagt zur Angeklagten: „Ich glaube Ihnen, dass Sie die Folgen nicht vorhergesehen haben. Aber Sie hätten den Wagen in diesem Zustand nicht verkaufen dürfen. Das ist fahrlässige umweltgefährdende Abfallbeseitigung.“

Doch Bruns versucht Laura K. entgegenzukommen. Für eine Zahlung in Höhe von 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung, würde das Verfahren eingestellt werden, schlägt er vor. Laura K. wirkt wie vor den Kopf gestoßen. Der Richter räumt ihr ein paar Minuten Beratungszeit mit ihrem Rechtsanwalt ein. Dieser wendet sich nach einigen Minuten wieder an den Strafrichter: „Die 500 Euro sind für meine Mandantin viel Geld. Kann man da nicht noch etwas runter gehen?“

„Ich komme Ihnen damit doch schon stark entgegen. Es kann ja auch in Raten abgezahlt werden“, so Bruns. Zudem rechnet er vor, dass dieses Vergehen üblicherweise mit einem Strafbefehl in Höhe von 30 Tagessätzen geahndet wird – was Laura K. bei einer Verurteilung mehr als das Doppelte seines Vorschlags kosten würde.

Nochmal räumt Bruns der Angeklagten und ihrem Anwalt Beratungszeit ein. Als Laura K. und ihr Anwalt wenige Minuten später wieder in den Gerichtssaal kommen, spricht das Gesicht der Angeklagten schon Bände. Sie ist trotzig. Das Angebot von Bruns schlägt sie aus. Damit wird das Verfahren nachverhandelt werden müssen. Ein Termin wurde für Mitte Dezember vereinbart.