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Gerichtsurteil Freiheitsstrafe für Entführer

Ein Schönebecker muss für seine Vergehen mehrere Jahre ins Gefängnis. Das hat das Magdeburger Landgericht entschieden.

Von Melanie Dahrendorf 07.08.2018, 03:01

Schönebeck/Magdeburg l Für fünf Jahre und neun Monate muss ein Mann aus Schönebeck künftig hinter Gittern. Am vierten Prozesstag fiel das Urteil im Landgericht Magdeburg. „So eine Verhandlung mit solchen Beteiligten hat man nicht jeden Tag“, fasste der Staatsanwalt zusammen. In seinem Plädoyer betitelte er den Prozess voller „einschneidender Erlebnisse“, welche einem „Film mit Al Capone“, einem bekannten Verbrecher aus Amerika, gleichen würden.

Die zwei schuldig gesprochenen Männer hatten den Kläger mehrmals aufgesucht und unter Androhung von Gewalt Geld gefordert. Dazu schlug der Angeklagte Benjamin O. das Opfer Mike R. unter anderem mit einem Hammer auf die Hand – und brach ihm dabei zwei Finger. Anschließend musste Mike R. mehrere Handyverträge in Magdeburg und Schönebeck für seinen Peiniger abschließen und ihm die Handys anschließend übergeben: Die daraus entstandenen Mahnungen der Handyrechnungen lagen dem Gericht vor. Die Handys verkaufte der Hauptangeklagte – mit dem Geld wollte er sich seinen Drogenkonsum finanzieren.

In all dieser Zeit rief Mike R. aus Angst vor weiterer Gewalt nie die Polizei. Im vergangenen Jahr zerrte Benjamin O. sein Opfer schließlich ins Auto, welches sein Freund Adrian B. fuhr. Nach einer halbstündigen Entführung wurde Mike R. wieder freigelassen – die Polizei, welche von Zeugen alarmiert wurde, wartete bereits in der Straße, in der er mitgenommen und wieder freigelassen wurde. Beide Täter waren geständig und entschuldigen sich beim Opfer.

Brisant war, dass das Opfer sich im Prozess an viele Dinge nicht mehr erinnern konnte. Aufgrund von Drogenmissbrauchs fiel es Mike R. schwer, die Vorfälle zeitlich einzuordnen. Außerdem erschien der Kläger beim zweiten Verhandlungstag trotz Ladung nicht – wie er später angab, sei er von einem Mitglied eines Motorradclubs unter Druck gesetzt worden. Ihm solle im Falle einer Aussage „etwas schlimmes passieren“. Die beide Angeklagten distanzierten sich davon, etwas mit diesem Vorfall zu tun zu haben.

Der Angeklagte müsse jetzt die Konsequenzen für mehrfache Körperverletzung, räuberische Erpressung und Freiheitsberaubung in Kauf nehmen. Zusätzlich muss Benjamin O. seinem Opfer Mike R. 7.400 Euro Schadensersatz zahlen, das berichtet Christian Löffler, Pressesprecher am Landgericht Magdeburg. Außerdem wird auch die Unterbringung in einer Entzugsklinik veranlasst.

In das Urteil wurde auch ein vergangener Prozess miteinbezogen: Ende Februar 2017 stand Benjamin O. bereits wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Schönebecker Amtsgericht. Vor der Urteilsverkündung forderte der Staatsanwalt mindestens zweieinhalb Jahre Haft sowie eine Geldstrafe von mindestens 1.500 Euro. Der Angeklagte hatte sein Opfer mit einer Art Holzlatte so lange geschlagen, bis diese zerbrach. „Damit so ein Gegenstand kaputt gehen kann, benötigt es schon einiges an Gewalt“, so der Staatsanwalt.

Deutlich schwerer fiel es Richter Theo Buß und den Staatswanwälten, das Verhalten vom Mitangeklagten Adrian B. einzuordnen. Letztendlich wurde er zur Beihilfe verurteilt, seine zehnmonatige Haftstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht entschied sich gegen eine Geldstrafe, da diese ein „falsches Signal“ darstellen würde: Auch bei seiner Beihilfe sei er auf Bewährung aufgrund einer anderen Tat gewesen und hätte sich auffällig verhalten. Die Handlungen von Adrian B. sei „untragbar“ und würde „gesellschaftlich nicht geduldet“.

Sein Pflichtverteidiger hingegen argumentierte, dass eine Geldstrafe „vollkommen ausreiche“ – schließlich habe er mehrmals betont, dass er seine Taten bereue.

Keiner der beiden Angeklagten hat das Urteil akzeptiert. Laut Pressesprecher Christian Löffler sei es somit auch „nicht rechtskräftig“. Das bedeutet, dass die verurteilten Männer bis Freitag um Mitternacht in Berufung gehen können, um das Urteil anzufechten. Ob tatsächlich Einspruch eingelegt wird, gibt das Landgericht in der kommenden Woche bekannt. Sollte dieser Fall eintreffen, wird der Prozess vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe neu ausgerollt.