Geschichte Glühwein im Ringheiligtum
Wie die Besucher in Pömmelte der Kälte trotzden.
Pömmelte l Es ist kalt auf dem Feld bei Pömmelte. Der Wind pfeift den zwei Dutzend Besuchen um die Ohren. Wer keine Mütze dabei hat, wird es spätestens jetzt bereuen. Gästeführ Waldemar Liedicke nimmt die Gäste am Ringheiligtum Pömmelte in Empfang. Ringführer nennt er sich, was ein bisschen nach Fantasy-Roman klingt. Seine Vorfahren haben nachweislich schon seit 300 Jahren in Pömmelte gewohnt, wie er betont. Vielleicht soll es bedeuteten, dass seine Vorfahren auch schon vor Tausenden von Jahren hier lebten, als das Ringheiligtum erbaut wurde.
Waldemar Liedicke gibt das Lernziel für den heutigen Tag aus: Wer hat das Ringheiligtum wann und weshalb erbaut? Zusammenfassung: In Pömmelte lebten vor etwa 4500 Jahren nacheinander die Kulturen der Schnurkeramiker, der Glockenbecher und der Aunjetitzer. Es war der Übergang von der Steinzeit in die Bronzezeit. Das Ringheiligtum wurde als Kultstätte, zur Bestimmung der Jahreszeiten, und für Opferrituale genutzt. Auch für Menschenopfer, wie Grabfunde belegen.
Und gefeiert wurde in der Grabenanlage, die einen Durchmesse von 115 Meter aufweist. Schon damals kannten die Menschen die berauschende Wirkung von Alkohol und Mohn. Auch musizieren ließ sich damals schon gut im Ringheiligtum. Noch heute finden dort Konzerte statt. Die Akustik im Zentrum der nachgebauten Holzpalisaden ist besonders gut. Liedicke verteilt Klanghölzer an die Besucher, bei deren Zusammenschlagen sie sich vom Flatterecho in der Anlage überzeugen können.
Auch gegen die Kälte hilft heute noch Alkohol. Einige Besucher haben sich Bier mitgebracht, aus besonderem Anlass, den sie allerdings nicht verraten. Eine andere Gruppe, deren Mitglieder aus ganz Sachsen-Anhalt stammen, hat sich zum Familientreffen im Ringheiligtum getroffen. In Thermoskannen führen die Familienmitglieder heißen Glühwein mit, den sie auch anderen Besuchern ausschenken. Bei der Kälte und dem Wind eine willkommene Gabe zum Aufwärmen. Nur aufs Foto für die Zeitung möchten die Glühweintrinker im Ringheiligtum leider nicht. Bei den Temperaturen freut sich der Besucher jetzt schon auf das Besucherzentrum, dass in zwei, drei Jahren am Ringheiligtum eröffnet werden soll und in dem es hoffentlich auch heißen Kaffee geben wird.
Am Ringheiligtum sind einige Holzpfeiler mit Farben und Schnitzereien verziert. Sie zeigen authentische Motive und Symbole von damals. Doch ob sie auch auf den Holzpflöcken verwendet wurden, ist unklar. Die Archäologen haben sich beim Wiederaufbau der Holzpalisaden unter anderem auch ihrer Fantasie bedient.
Am sogenannten Schädeltor sind mehrere Nachbildungen von menschliche Totenschädeln angebracht. Ob sie dort früher auch hingen, ist ungewiss. „Die bunten Symbole sollen verdeutlichen, dass die Steinzeit bunter war, als man sich vorstellt“, sagt Liedicke.
Der Rentner war früher Leiter im Schönebecker Ordnungsamt. Er hat sich schon immer für Geschichte interessiert. „Als hier Leute gesucht wurden, hat meine Frau gesagt, dass das was für mich wäre“, erzählt Liedicke. Tatsächlich hat er die erste Führung am Ringheiligtum überhaupt gehalten, damals, im Juni 2016, als die Anlage feierlich von Ministerpräsident Reiner Haselhoff (CDU) eingeweiht wurde.
Seitdem hat Waldemar Liedicke schon einiges im Ringheiligtum Pömmelte erlebt. „Einmal war eine Frau hier mit einem sechs Wochen alten Baby, um ihm die Anlage zu zeigen. Sie hatte lange Zeit keine Kinder kriegen können. Aber nach dem Anfassen eines Pfeilers hier soll es sofort geklappt haben“, erzählt Liedicke. Der Ringführer fasst den Pfeiler auch immer an. „Kann ja nicht schaden. Einmal hatte ich einen Schnupfen. Und keine zwei Wochen später war er weg“, sagt er und lacht.